꧁Taehyung꧂
Unsicher komme ich zuhause an. Den gesamten Weg über haben sich meine Gedanken überschlagen. Um so mehr Gedanken, um so schneller bin ich gelaufen. Weshalb war mein Vater so aufgebracht? Es ist nicht das erste Mal gewesen, dass ich mich von zuhause weggeschlichen habe. Sonst hat es ihn nie gestört.
Die Tür wird mir von einer besorgt dreinschauenden Yejin geöffnet. Sie zwingt sich zu einem Lächeln.
„Da bist du ja, mein Lieber. Dein Vater und ich haben uns Sorgen gemacht."
Ich nicke ihr bloß entgegen und trete darauf ein. Meine Schuhe sind schnell von den Füßen und Yejin ist so freundlich meine Jacke für mich aufzuhängen. Ich schenke ihr auch ein Lächeln.„Geh' schon mal vor. Ich komme sofort", sagt sie und ich folge ihrer Bitte. Mein Weg führt mich ins Esszimmer. Dort wartet bereits mein Vater mit strengem Blick am Esstisch. Seine rauen und vom Alter gezeichneten Hände liegen wie gewöhnlich gefaltet auf der Tischplatte. Er schlucke. Habe ich etwas was falsch gemacht? Ich bin doch bloß zu Yonngi.
„Setz' dich, Tae." Seine Worte sind keine Bitte. Sie sind ein Befehl. Stumm leiste ich ihnen Folge. Ich setze mich ihm gegenüber. Mein Blick ist auf meinen Schoß gerichtet.
„Möchte einer von euch beiden vielleicht ein Glas warme Milch mit Honig?", erkundigt sich die Frau meines Vaters doch ein Kopfschütteln seinerseits verneint ihre Frage für uns beide.
Stummt setzt Yejin ebenfalls an den Tisch.„Uns ist zu Ohren gekommen, dass du und dein Freund Jungkook am Abend der Hochzeit bedroht habt. Dürfte ich wissen, was dir in dein Hirn gekommen ist, Taehyung? Hat man dir etwas alles, was dir beigebracht wurde, in England wieder ausgetrieben?" Meine Augen weiten sich, ich sage nichts, als mein Vater diese Behauptungen stellt. Sie sind nicht wahr. Wer hat sowas behauptet?
„I-Ich war das nicht", stottere ich als Antwort. Mein Kopf kommt mit dieser Anschuldigung nur schleppend zurecht.
„I-ich weiß n-nicht, wer das zu euch gesagt hat, aber ich hab' ihm nichts getan. Das schwöre ich." Der richtende Blick des Älteren schwächt nicht ab. Yejins Ausdruck nimmt etwas von Enttäuschung an sich.„Tae... dein Verhalten. Das macht uns als eure Eltern noch unsicherer, da ihr euch offensichtlich nicht vertragt." Ihre Feststellung verwirrt mich noch weiter als zuvor schon. Ich fühl' mich wie von einem Pferd getreten. Bin ich irgendwie im falschen Film gelandet? Hören die beiden mir etwa nicht zu?
„Ich weiß nicht wirklich, was ihr meint." Meine Aussage erntet bloß ein Augenrollen meines Vaters.
„Darf doch nicht wahr sein. Das ist wie in einem dieser billigen Streifen", beschwert er sich und fährt sich argwöhnisch durch sein faltiges Gesicht. Er ist doch ziemlich alt geworden, stelle ich gerade fest.„Eigentlich wollte wir es dir anders sagen, aber da bist du jetzt selber Schuld. Du bleibst hier. England tut dir nicht gut und ich sehe dem Riss in unserer Familie nicht weiter zu."
Ich habe das Gefühl vom Stuhl zu fallen, in einer flaschen Realität zu sitzen. Vorhin bei Yoongi, da muss ich ganz sicher einfach eingeschlafen sein. Anders lässt sich das nicht erklären.
Meine Welt bricht auseinander.
„Das... d-das könnt ihr nicht tun", sage ich heiser. Der Klos in meinem Hals drückt mir alles zu. Meine Finger beginnen zu zittern. Die Panik steigt wie bei einem Thermometer.
„Genau das können wir. Dein Mietvertrag ist bereits seit Monaten gekündigt und deine Schule weiß auch Bescheid. Wir haben dir die Nachricht bloß aus Nachsicht erspart, um dir einen schönen letzten Sommer zu ermöglichen. Wir tragen nicht die Schuld daran, dass das alles nun so schlagartig über dich herzieht. Was ist dort drüben bloß mit dir geschehen?"
Die Wohnung? Seit Monaten gekündigt? Wie kann das sein? Wussten meine Tanten davon? Was passiert mit... Heesung. Was wird aus Heesung?
Ich weiß nicht, ob Tränen nun wirklich über meine Wangen rinnen, oder, ob ich es nur träume. Das alles ist nicht real. Das kann nicht sein.
Meine Welt liegt in Trümmern.
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Overlooked | Taekook
FanfictionFür die Hochzeit seines Vaters und dessen neuer Frau kehrt Taehyung aus Großbritannien zurück und erfährt kurzerhand, dass er von nun an einen Stiefbruder haben wird. Dieser scheint das ideale Gegen- und Ersatzteil zu dem freigeistlichen Sohn zu sei...