꧁Taehyung꧂
Als ich heute Morgen das Haus verlassen habe, um zu Fuß die Schule zu erreichen, wurde mir von jemandem die Haustür aufgehalten. Überrascht habe ich in ein Paar friedliche Augen geschaut, die von tiefen, schwarzen Ringen unterstrichen waren.
„Hier, du kannst mit unter meinen Regenschirm", meint der Jüngere, als wir gemeinsam ins Freie treten. Ich antworte ihm nicht. Nicht, dass ich es nicht wollen würde — es geht einfach nicht. Er schenkt mir dennoch ein Lächeln, anstandslos.
Warum tut er das?
Warum ist er so zu mir?
Er weiß doch, wie ich zu ihm bin, mit ihm umgehe. Ich hasse— ich habe ihn gehasst. Wir haben uns gehasst.
Warum—
Meine Gedanken kommen zu einem Halt, als wir in eine der Seitengassen des Viertels abbiegen, die zu unserer Schule führt. Selten habe ich mir so sehr gewünscht, an Yejins Seite im warmen Auto zu sitzen. Jungkook an meiner Seite, spannt sich an. Leicht stoße ich an ihn, als er für einen Moment ausharrt. Er scheint wie ein ängstliches Tier vor einer Gefahr zu scheuen. Kaum habe ich den Blick gehoben, der zuvor trüb in Ferne gerichtet war, erkenne ich die Gasse, in der Jungkook seinen Peinigern erst gestern in die Arme gelaufen ist.
„Komm, das ist jetzt vorbei", spreche ich ihm zu. Ich hege damit allerdings keine Absichten. Ich weiß nicht einmal warum ich das überhaupt gesagt habe. Mein Körper ist taub. Alle Emotionen sind wie erstarrt, als herrsche der tiefste Winter.
Ich möchte hier einfach nur weg.
Der Regen nimmt immer mehr zu und der Jüngere schmiegt sich an meine Seite, um nicht von dem prasselnden Wasser getroffen zu werden. Ich sage nichts dagegen, laufe einfach starr und stumm weiter.
Kaum haben wir den Pausenhof erreicht, uns an die Lautstärke zwischen den Schülern gewöhnt, stürmt jemand mit auffällig hellen Haaren auf uns zu. Die Strähnen sind beinahe schneeweiß.
Das wallende Haar wird begleitet von einem strahlenden Lächeln.„Jungkook! Gott sei Dank, dir geht es gut!" Jimin kann seine Erleichterung kaum im Zaum halten. Freudig kommt er vor uns beiden zum Stehen, der Regen durchnässt sein weiches Haar und verschmiert sogar sein dezentes Make-up. Das alles scheint ihn aber nicht zu stören. Sachte nimmt er Jungkooks Hand in die seine und erkundigt sich nach dessen Wohlergehen.
„Ist in Ordnung. Wird wieder. Mach' dir bitte keine unnötigen Sorgen", beschwichtigt der Jüngste seinen anscheinend guten Freund. Ich stehe stumm daneben. In ihrem Gespräch bin ich nur nebensächlich beteiligt.
Das bleibt so, bis eine weitere Person mit einer mir bekannten Cappy auf uns zu getrottet kommt. Er hält einen Regenschirm in der Hand, doch nicht über sich selbst.„Yoon?", erkunde ich mich und starre kurze Zeit später in die müden Augen meines besten Freundes. Er richtet den Regenschirm über Jimins bereits durchnässtes Haar.
„Tae, länger nicht gesehen." Stimmt nicht. Unsere Meinungsverschiedenheit liegt gerade einmal eine Handvoll Tage zurück.
„D-du hast nicht auf meine Nachricht... geantwortet", bemerke ich kleinlich und erinnere mich daran, was Yoongi während unseres Streites zu mir gesagt hat. Ich hasse es, wenn er recht hat, doch hat er das immer.
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Overlooked | Taekook
FanfictionFür die Hochzeit seines Vaters und dessen neuer Frau kehrt Taehyung aus Großbritannien zurück und erfährt kurzerhand, dass er von nun an einen Stiefbruder haben wird. Dieser scheint das ideale Gegen- und Ersatzteil zu dem freigeistlichen Sohn zu sei...