꧁Jungkook꧂
„Deine Büchersammlung habe ich vorsichtig in Kisten gepackt und hier verstaut. Ich hoffe, das war in Ordnung."
Unter Taehyungs wachsamen Augen klettere ich auf einen kleinen Tritthocker und ziehe eine der gesamt vier Kartons, beinhaltet mit allerhand Büchern, die von Sciencefictionromanen bis zu Sprachlernbüchern reichen, vom obersten Regal. Wir sind im Keller.
Mama ist auf die grandiose Idee gekommen, da wir uns ja nun besser verstehen, gemeinsam an die Sache heranzugehen, Taehyungs zukünftiges Zimmer umzuräumen. Möbel und dekorative Gegenstände, wie auch eine seltsam, blau blühende Orchidee, befinden sich bereits in dem ehemaligen Gästezimmer im untersten Stock. Ein einziges Fenster beleuchtet es spärlich.
„Wow, so ordentlich habe ich die andere Hälfte meiner Sachen selbst nicht beim Umzug nach England verpackt", bemerkt Taehyung als er den Karton öffnet. In Gedanken vertieft streicht er mit den Fingern über die obersten Buchrücken. Einige Schriftzüge auf ihnen schimmern im Licht der Deckenlampe.
„D-das war ich. Ich wollte nicht, dass deine Sachen kaputtgehen. Wenn ich schon dein Zimmer..." Ich stoppe mein Reden. Er nickt mir bloß beiläufig zu und widmet sich dann seinen restlichen Kisten. In ihnen befinden sich die unterschiedlichen Modellautos, Flugzeuge oder auch einzelne Mangas mit fraglichen Covern.
„Oh... Ich dachte, das hätte ich beim Umzug verloren."
Taehyung zieht ein altes Fotoalbum aus einem der Kartons. Der Einband ist weinrot und an vielen Stellen beschädigt — als wäre man damit nicht gut umgegangen.
„Und ich dachte schon Papa hätte es entsorgt oder es ist verloren gegangen, da ich es in meiner eignen Wohnung einfach nicht mehr finden konnte."
Er öffnet das Buch und zu sehen sind gleich verschiedenste Fotografien von einem sehr jungen Taehyung und einer zierlichen, blassen Frau. Sie lächeln.
„Wer ist sie?", erkunde ich mich, dass mir die Frau auf den Bildern bekannt vorkommt, und setze mich an Taehyungs Seite, der sich an die am Boden stehenden Kisten gelehnt hat.
Er streicht mit dem Finger über die Fotografien.„Das ist meine Mutter. Kim Nabi."
Ähnliche Bilder haben sich früher oben im Wohnzimmer und beinahe allen umgedrehten Fotorahmen befunden. Daran erinnere ich mich noch. Anfangs. Ich erkenne die Augen dieser Frau. Jetzt macht das alles auch Sinn.
„Wie war sie so?"
Große Augen mustern mich, nachdem ich diese Frage in den Raum geworfen habe. Taehyungs zuvor lockere Haltung spannt sich an. Hätte ich diese Frage nicht stellen dürfen?
„Sie war großherzig, liebevoll, hatte einen tollen Humor und war immer für mich da. Sie war das Herz unserer Familie."
Mama hat nur beiläufig über die erste Ehefrau ihres Mannes berichtet. Sie soll einem Tumor erliegen sein. Ich meide weiteren Fragen über ihren Verbleib. Taehyung scheinen selbst ihre Bilder nahezugehen.
„Ich habe eine kinoreife Vergangenheit. Wie schaut das eigentlich bei dir aus? Wir sind jetzt seltsamerweise eine Familie, aber ich weiß so gut wie nichts über dich", lacht er gespielt. Das Fotobuch hat er wieder zugeschlagen, doch behält er es immer noch in den Armen.
„Du hast ja auch nie gefragt...", entgegne ich vorsichtig und ducke den Kopf ein kleines Stück. Der Ältere hebt als Antwort einzig die Brauen. Ich habe doch recht.
„Meine Eltern haben sich scheiden lassen, als ich 13 Jahre alt wurde. Mein Papa war nicht immer der beste Ehemann — oder auch Vater — da hat meine Mutter, um uns zu schützen, die Reißleine gezogen und hat mich von meiner alten Schule abgemeldet und ist mit mir hier in die Gegend gezogen. Wir haben keinen Kontakt mehr zu ihm."
Was ich nicht erwähne, ist der Gerichtsprozesse, den meine Mutter und ich durchstehen mussten. Wie eine Löwin hat sie um mich und unsere Sicherheit gekämpft. Vielleicht versucht sie deswegen nun krampfhaft diese Familie in die Gänge zu bekommen.
„Hey, ähm... Das kommt dir vielleicht etwas plötzlich, aber hast du morgen Abend schon was vor?", lenkt der Ältere vom Thema ab. Er ist dabei von seinem Sitzplatz aufgestanden und schaut nun mit ungeduldigen Augen auf mich herab. Das Buch hält er an die Brust gepresst.
„N-nicht, dass ich wüsste. Warum?" Ich traue der Sache nicht. Taehyungs Art verwirrt mich. Er ist ja fast schlimmer als ein Blatt im Wind.
„Gut, hast du dann vielleicht Lust mit auf eine Party zu gehen?"
Würden die Fragezeichen über meinen Kopf zu Boden stürzen, wäre ich einmal gewesen. Ich verziehe die Brauen und entgegne meinem Gegenüber einzig mit einem verwirrten und skeptischen Eindruck.
„D-du musst nicht. Es ist nur eine Frage. I-ich weiß selbst nicht, was ich mir dabei gerade gedacht—" Er ebbt gegen Ende immer weiter ab, schaut auf den Boden und wird von seiner Reue übermannt.
„Wenn wir nicht zu lange bleiben, dann begleite ich dich sehr gerne."
Taehyungs Ausdruck ändert sich. Ob es Freude oder Erleichterung ist, kann ich nicht genau lesen. Innerlich weiß ich, spüre ich, dass ich es noch bereuen werde mit ihm zu gehen. Aber möchte ich ebenfalls nicht, dass er denkt, er stünde in meiner Schuld.
Ich bin nicht blind und sehe, dass er krampfhaft versucht sein vergangenes Verhalten wieder gutzumachen.
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Hewo,
entschuldigt bitte die Verspätung der kommenden Kapitel. Ich stehe momentan mit den Füßen in unzähligen Aufgaben gleichzeitig und komme kaum hinterher.
Die Tage müssten die Kapitel aber wieder kommen, wie gewohnt. Ich hoffe die Story hat euch bisher gut gefallen und, dass Taehyungs Anwandlungen nicht zu sehr auf die Palme bringen.Viel Spaß beim Lesen,
Liv
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Overlooked | Taekook
FanfictionFür die Hochzeit seines Vaters und dessen neuer Frau kehrt Taehyung aus Großbritannien zurück und erfährt kurzerhand, dass er von nun an einen Stiefbruder haben wird. Dieser scheint das ideale Gegen- und Ersatzteil zu dem freigeistlichen Sohn zu sei...