6. Between weddingcakes and growling wolfs

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꧁Taehyung꧂

Mit einem Glas in der Hand — keine Ahnung was es ist, aber auf jeden Fall ist es Alkohol — sitze ich Yoongi gegenüber, der die ganze Zeit schon auf dem Display seines Handys herumtippt. Er schaut konzentriert aus. Wir befinden uns auf der Hochzeitsfeier meines Vaters und seiner nun neuen Ehefrau.

Mama scheint er einfach so zu vergessen.

Es sind viele Gäste gekommen. Ich kenne keinen einzigen. Es ist mittlerweile nach elf Uhr am Abend, die älteren Gäste sind bereits verschwunden und nur die, die sich nicht vor Tanzen und Alkohol fürchten, sind geblieben. Bunte LEDs erhellen die kleine Tanzfläche und einige Gäste vergnügen sich noch mit dem ein oder anderen Stück Torte.

„Du schaust, wie drei Tage durchgevögelt." Yoongi schaut mit richtendem Blick von seinem Smartphone auf und mustert mich fraglich. Den gesamten Tag über haben wir kaum ein Wort gewechselt. Nicht in der Kirche, nicht während der Autofahrt hier her, noch als wir uns dieser Platz abseits des Trubels ergattert haben. Mir ist nicht nach Unterhaltung. Dieser Tag und dieses Bündnis zwischen meinem Vater und Yejin... Ich kann die Ende Vierzigjährige aber eigentlich ganz gut leiden. Warum fühle ich mich nur so schlecht?

„Danke dir, sehr nett", seufze ich und lege den Kopf auf meinen Armen ab. Die Aussage des Ältere ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz korrekt.

„Immer wieder gern. Sag' mal, was schaut uns dieser Knirps da drüber eigentlich die ganze Zeit an? Wenn der so weiter macht, habe ich noch Löcher, wo ich sie nicht brauche." Verwirrt runzele ich die Stirn. Der Junge ist niemand geringeres als dieser Jungkook. Unbeeindruckt verrolle ich die Augen und achte nicht weiter auf ihn.

„Mach' dir nichts aus dem. Das ist Yejins Sohn, der, der sich mein Zimmer unter den Nagel gerissen hat." Verstehend nickt der Ältere und widmet sich wieder seinem Handy, bis zu dem Zeitpunkt, als Klirren von einem Glas die Aufmerksamkeit aller auf sich zieht.

Mein Vater. Mit Yejin an der Seite befindet er sich im Zentrum der Tanzfläche, ein Sektglas und eine Kuchengabel in der Hand. Er will wohl eine Ansprache halten. Hoffentlich ist das die Letzte für heute...

„Liebe Freunde und Familie,
der Abend neigt sich langsam dem Ende. Ich weiß, als wir noch jung und knackig waren, sind wir bis in die tiefen Morgenstunden über das Parkett gestolpert. Mit zwei geschlossenen Augen behaupte ich nun mal frech; aus diesem Alter sind wir heraus. Mit dem Alter kommt die Vernunft —" er lacht und zieht seine Frau an der Taille näher an sich heran, „ — wir bedanken uns von ganzem Herzen, dass ihr diesen besonderen Tag mit uns gefeiert habt. Heute wird mir immer als einer der schönsten Momente in Erinnerung bleiben. Vielen, vielen Dank." Er verneigt sich tief und küsst seine Frau anschließend auf die Wange.

Ich habe seine Worte satt und stehe auf. Yoongi folgt mir, die Augen immer noch auf das Display fixiert. Wir verlassen das Gebäude, in dem die Feier stattfindet, und setzte uns im Angesicht eines Sichelmondes auf die unterste Stufe, die zum Haupteingang führt. Ein kühler Wind fegt über den Parkplatz zu unseren Füßen. Die Sterne stehen leuchtend am Himmel, keine Wolke ist zu sehen.

„Wie kann man die Zeit schneller vergehen lassen?", richte ich die Frage an meinem Hyung, während ich die Fliege um meinen Hals öffne und die oberen Knöpfe meines Hemds aufknöpfe. Mir ist auf einmal ziemlich warm.

„Die letzten Paar-Tage wirst du schon noch aushalten. Du machst, als würdest du die nächsten Jahre hier bleiben müssen", lässt er schnippisch von sich und legt sein Handy endlich einmal zur Seite. Sein Kopf lehnt sich an meine Schulter. Müde bette ich mein Kinn auf meinen beiden Knien.

„Versprichst du mir, dich wieder öfter zu melden, wenn du wieder da drüben bist?" Seine Stimme klingt bittend. Habe ich mich etwa vorher nicht gemeldet?
„Natürlich. Das wird meine oberste Priorität", verspreche ich und kann mir ein Kichern nicht verkneifen. „Vermutlich gleich hinter dem: Ich-werde-meinen-Freund-dann-so-hart-durchnehmen-dass-wir-beide-nicht-mehr-laufen-können- wenn-ich-wieder-zurück- bin, nicht wahr?" Lachend boxe ich ihm an die Schulter. Durch die Nacht sieht er nicht wie sehr erröte. „Nein. Gleich hinter: Ich-werde-die-britische-Krone-an-mich-reißen." Nun lachen wir beide. „Na klar, eure Hoheit, König Taehyung."

Vor lauter Genecke fällt uns beiden nicht auf, wie uns eine Gestalt aus dem Dunklen heraus beobachtet. Nur das Weiß in seinen Augen verrät ihn. Dieses elende Kind geht mir mit seinen Blicken so auf den Keks. Durch einen Stoß in die Seite mache ich Yoongi auf unserer Beobachter aufmerksam. Ist ja nicht das erste Mal an diesem Abend. Eigentlich hat er uns bereits den ganzen Tag über mit seltsamen Blicken durchlöchert.

„Wenn ich morgen irgendeine Macke an meinem Jackett entdecke, lenke ich den Zorn meiner Mutter einzig auf diesen Typ." Ich nicke dem Älteren einverstanden zu. Meine Augen sind auf die Person zu unserer Rechten gerichtet. Er sitzt von der Dunkelheit geschützt auf der obersten Stufe des Nachbargebäudes.

„Weißt du was, ich geh' da jetzt hin und frag', was sein Problem ist." Gesagt getan. Einen kichernden Yoongi zurücklassend, stehe ich auf und trete auf den zweiten Parasiten meiner Familie zu. Ich kann diesen Jungen so gar nicht leiden. Wenn ich ihn auch nur sehe, erweckt das Gefühl in mir ihn anzuknurren. Wie ein dämlicher Wolf.

„Hey, Jungkook! Wenn du was zu sagen hast, spucks' gefälligst aus. Du gehst mir und meinem Freund ziemlich auf den Sack", rufe ich ihm zu. Einige gute Meter trennen uns noch. Als mein einer Fuß jedoch die unterste Stufe der Treppe erreicht, spritzt er wie von der Tarantel gestochen auf. Beinahe rennt er bei seiner Flucht noch in mich hinein.

„Spinnst du?! Was ist dein scheiß Problem!?", maule ich ihm nach. Anschließend verlässt ein erzürntes Knurren meine Kehle. Dieses Kind geht mir einfach nicht rein.

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Overlooked | Taekook Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt