Samstag, 1. Dezember, 22:47 Uhr

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Es war furchtbar kalt.

Das Gebäude schien die vergangene Stunde ausnahmslos dafür genutzt zu haben, all die Restwärme in seinen kalten Mauern zu verschlucken und uns in den sinkenden Temperaturen fröstelnd zurückzulassen.

Irgendwann war ein Teil unserer Gruppe inklusive mir selbst dazu übergegangen, sich entlang der Fensterfront an die nur noch lauwarmen Heizungen zu drängen, doch auch diese verloren nun rapide auch noch das allerletzte Fünkchen ihrer Wärme, mit dem Resultat, dass mir die Kälte allmählich bis auf die Knochen drang.

Zum ersten Mal in meinem Leben beneidete ich Ellie und Romy um ihre riesigen Wollschals, in denen sie sich zusammen mit einem Großteil der restlichen weiblichen Studentenschaft im Winter zu mumifizieren pflegten.

Was hatten wir immer darüber gelacht, wenn Ellie sich bei ihrer Ankunft erst stundenlang aus ihrem Schal wickeln hatte müssen.

Inzwischen hatte ich jedoch aus tiefstem Herzen beschlossen, nie wieder einen Witz über große Schals zu reißen. Ich selbst war heute ja nicht einmal schlau genug gewesen, meinen Wintermantel auszupacken.

In der Annahme, sowieso mit dem Auto unterwegs zu sein und nicht ewig an kalten Bushaltestellen warten zu müssen, hatte ich mir in aller Eile nur schnell meine dünne Lederjacke übergeworfen – eine Entscheidung, die ich nun bitter bereute.

Angespannt zog ich mir die Jacke noch fester um den Oberkörper, konnte aber trotzdem das unangenehme Frösteln nicht verhindern, das meine klammen Hände beben ließ.

Louis und Harry hatten sich, ganz das kitschige Paar, ein kleines Stück neben mir dicht aneinandergekuschelt, einander mit ihren Körpern wärmend. Romy saß noch immer mit Colin an ihrem Tisch (die zwei weigerten sich vermutlich rein aus Protest, sich zu uns an die Heizung zu gesellen), ihren riesigen quietschgelben Schal als Decke mit ihm teilend, während Liam und Zayn die Tür zum Personalraum hinter der Cafeteria aufgebrochen hatten und diesen nun durchstöberten, in der Hoffnung, irgendwo Decken oder anderes brauchbares Material zu finden.

Ellie hingegen war schon vor einiger Zeit aufgebrochen, um nach den vier Mädels in der Bib zu sehen, aber vor allem auch deshalb, um abzuchecken, ob es dort tatsächlich wärmer war als hier.

Was ich stark anzweifelte.

Die Bibliothek war immerhin bekannt dafür, im Sommer zwar angenehm kühl zu sein, im Winter jedoch ernstzunehmende Erfrierungsgefahr zu bieten, von dem her war ich nicht gerade erpicht darauf, mich nun den dortigen Temperaturen auszusetzen.

Unmöglich konnte meine Kollegin davon ausgehen, tatsächlich etwas Sinnvolles zu erforschen. Eher hatte ich den Verdacht, dass sie für jede sich bietende Ablenkung dankbar war, um der miesepetrigen Stimmung an der Cafete zu entkommen, auch wenn es sich nur um einen sensationslosen Gang zur Bibliothek handelte.

Mürrisch starrte ich den Boden an. Wenn wir nicht an der Kälte zugrunde gingen, dann eben an der Langeweile. Oder an unserer steinerweichenden Gruppendynamik. Oder an einer Kombination aus allem.

Welch fantastische Aussichten.

„Hey."

Widerwillig löste ich meine kalte Nase aus dem Kragen meiner Lederjacke, um beim Klang von Ryans Stimme aufzusehen. Der halbherzige Versuch eines Lächelns scheiterte kläglich.

„Hi." Ich räusperte gegen den Kloß in meinem vor Kälte trockenen Hals an. „Alles klar?"

Ryan zuckte mit den Schultern, bevor er sich neben mir an die mittlerweile fast komplett erkaltete Heizung setzte und sich zurücklehnte. In der Hand hielt er eine dunkelgrüne Sporttasche, die er nun neben sich abstellte.

EXIT (Niam, Larry)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt