Die Klarsichthülle, in der ich Harrys blutverschmiertes Handy mit mir herumtrug, fühlte sich bleischwer in meiner Hand an, als wir uns eng aneinandergedrängt die Treppen hinabstahlen.
Nachdem wir anhand des metallischen Geruchs ohne jeden Zweifel feststellen hatten können, dass es sich bei der roten Farbe, mit der das Pentagramm ans Fenster gezeichnet worden war, tatsächlich um Blut handeln musste, hatten wir nicht mehr lange gefackelt, sondern Hals über Kopf die Flucht ergriffen.
Keine Sekunde länger würden wir Louis alleine im Bandraum warten lassen. Wahrscheinlich war der ohnehin schon damit beschäftigt, den Teufel an alle auffindbaren Wände zu malen.
Wo ich zuvor lediglich zutiefst beunruhigt und nervös gewesen war, meldete sich nun allmählich blanke Panik zu Wort. Meines Erachtens nach war hier kein Spaßvogel am Werk, sondern ein Wahnsinniger.
Das dort drin war eine Menge Blut gewesen. Eine Menge. Von wem auch immer es stammen mochte, bezweifelte ich, das sich derjenige in besonders guter Verfassung befand. Und sollte es sich bei demjenigen tatsächlich um Harry handeln ...
Das war ein Gedanke, den ich nie zu Ende führen wollte, solange ich nicht bereit dazu war, einen hysterischen Zusammenbruch zu erleiden.
Wir hatten doch gestern Abend nur proben wollen! Wie konnte es sein, dass sich eine simple Bandprobe für eine blöde Prüfungsleistung in ein solches Horrorszenario wandelte? Wurden wir als Spielfiguren benutzt? Trieb uns jemand gezielt dazu, bestimmte Dinge zu tun und uns an bestimmte Orte zu begeben, nur um immer wieder aufs Neue mit unschönen Überraschungen konfrontiert zu werden?
Aber wer tat so etwas? Und warum?
Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass wir die Antworten auf all diese Fragen womöglich erst erhalten würden, wenn sich noch andere, vielleicht sogar noch schlimmere Dinge ereignet hatten.
Eine Berührung an meinem Handgelenk riss mich aus meinen düsteren Gedanken.
Liam brachte uns beide kurz vor dem Bandraum zu einem Halt. Seine Stirn war von tiefen Sorgenfalten gefurcht, als er sich mir zuwandte.
„Ni, ich komme gleich nach. Ich fülle schnell die Wasserflaschen auf." Eindringlich sah er mich an und schüttelte entschieden den Kopf, als ich sofort aufbegehren wollte. „Ich komme sofort zurück, versprochen. Bitte sperr die Tür hinter dir zu. Ich klopfe dann."
Das mulmige Gefühl in meinem Inneren verstärkte sich zu einem Rumoren, als ich reflexartig nach seinem Mantel griff. „Was? Liam, wir haben jetzt ganz andere Sorgen! Irgendein Freak beschmiert die Fenster mit Blut und ist hier noch immer auf freiem Fuß! Harry-..."
Mit einem Kuss brachte er mich zum Schweigen. „Wir werden uns vermutlich die ganze restliche Nacht und vielleicht auch noch einen großen Teil des Tags irgendwo verschanzen müssen. Willst du wirklich weiß Gott wie lange ohne Trinkwasser herumsitzen?"
Trotzig vergrub ich die Finger im dicken, warmen Stoff seines Mantels. „Wenn ich im Gegenzug dazu dann weiß, dass die nächste Blutlache, die ich finde, nicht von dir stammt, tue ich das sehr gerne!"
Liam gab ein tiefes Seufzen von sich, bevor er seine Hände zu meinen fanden, um behutsam deren Klammergriff von seinem Mantel zu lösen und sie dann in seinen umschließen. „Ich bin sofort wieder da. Mir passiert nichts."
Die Überzeugung in seiner Stimme war so groß, dass sie sogar meine Furcht für einen kurzen Moment ins Wanken brachte. Verschwinden tat sie natürlich trotzdem nicht. „Wie kannst du dir da so sicher sein?"
Er zögerte. „Mach dir einfach keine Sorgen. Bis dann."
Mit diesen Worten drückte er mir noch einen letzten Kuss an die Stirn und trat dann eilig einen Schritt zurück, als befürchtete er, ich könnte erneut versuchen, ihn am Arm oder am Mantel aufzuhalten.
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EXIT (Niam, Larry)
FanfictionEine Nacht lang eingeschlossen in den kalten, dunklen Räumlichkeiten der Universität, ohne Kontakt zur Außenwelt, ohne Strom, ohne Möglichkeit zur Flucht. Um das Gebäude herum tobt ein Unwetter, keine Menschenseele ist auf den Straßen unterwegs, Sma...