Kapitel 21

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Pov Amy
Ich muss schlucken, während ich seinem intensiven Blick standhalte und mir seine Worte noch einmal durch den Kopf gehen lasse. Meine Kehle wird trocken.
Ich weiß nicht, was ich erwidern soll.
Wären wir ein Paar oder auf dem Weg dahin, wäre dies wohl der Moment, an dem wir uns küssen würden. Er hat etwas süßes gesagt, wir stehen eng umschlungen in der Küche und sehen uns tief in die Augen.
Der Moment wäre wirklich perfekt.
Aber wir sind weder ein Paar, noch auf dem Weg dahin und daher verunsichert mich die Situation extrem, auch wenn ich sonst nicht so leicht zu verunsichern bin. Ich kann nicht einschätzen was als nächstes passieren wird und so wie Marlon mich ansieht spüre ich einfach, dass er mich gerne küssen würde. Aber ich möchte es nicht. Würden wir uns jetzt küssen, wäre der Kuss bedeutsamer als unsere sonstigen, aus Lust hervorgehenden Küsse. Und das wollten wir immer vermeiden. Ich möchte den Kopf wegdrehen, doch seine braunen Augen, die viel hingebungsvoller, fast schon liebevoll, leuchten als sonst, hindern mich daran und ich schaffe es nicht, meinen Blick von ihnen loszureißen.
Erleichterung breitet sich in mir aus, als ich kurz darauf das Klingeln an der Haustüre höre und der Moment schlagartig vorbei ist.
"Wer ist das denn jetzt schon?", seufzt Marlon stirnrunzelnd, wendet sich sichtlich genervt von mir ab und löst die Umarmung, um sich auf den Weg zur Haustüre zu machen. Mich überkommt ein leichtes Gefühl der Dankbarkeit dafür, dass er derjenige war, der die deutliche Spannung in der Luft gerade aufgelöst hat und nicht ich es tun musste.

Nachdem ich noch einmal tief durchgeatmet habe, folge ich ihm in den Flur und mein Mund verzieht sich automatisch zu einem Lächeln, als ich sehe, wer gerade in mein Haus tritt.
"Ihr seid zu früh", beschwert Marlon sich, während ich Jette in die Arme falle.
"Haben wir euch beim Rummachen gestört?", flüstert sie mir schmunzelnd ins Ohr, doch ich schüttele den Kopf.
"Nicht wirklich", nuschele ich mehr mir selbst als ihr zu, während wir uns voneinander lösen. Bevor sie allerdings weiter nachhaken kann, drängelt das Mädchen hinter ihr sich auch schon in den Vordergrund, stemmt die Hände in die Seiten und sieht zu Marlon. 
"Nur fünf Minuten", meint sie augenrollend in seine Richtung. "Spiel dich mal nicht so auf, immerhin ist es doch deine Party. Kannst froh sein, dass du überhaupt Gäste hast."
Marlon reißt dauraufhin perplex den Mund auf, schließt ihn dann aber wieder und ich sehe, wie sich der Anflug eines Grinsens in seinem Gesicht ausbreitet. 
Er ist wieder ganz der alte, seine Unsicherheit von eben scheint verschwunden zu sein.
"Ich erinnere mich gar nicht daran dich eingeladen zu haben, Ruby", spottet er belustigt.
Angesprochene schnalzt aber bloß mit der Zunge und schüttelt so heftig den Kopf, dass ihre rot schimmernden Haare nur so hin und her wippen.
"Tja. Gut, dass Amy und ich befreundet sind und die Party hier bei ihr steigt. Die will ich ja nicht verpassen."
Sie sieht mich zum ersten Mal an und zwinkert mir zu, bevor sie sich wieder ihm zuwendet.
"Außerdem hast du nur zwei unangekündigte Gäste, müsste Nora sich nicht gerade auf einer Familienfeier herumschlagen, wäre unsere Gruppe komplett und du hättest noch einen Gast mehr. Freu dich doch."
Mit einer vagen Handbewegung deutet sie auf sich, mich Jette und Elina, die sich bis jetzt noch im Hintergrund gehalten hat, jetzt aber auch einen Schritt vor tritt.
"Trotzdem alles Gute nachträglich", lächelt sie Marlon an und knufft Ruby auffordernd in die Seite. Diese verdreht die Augen erneut, zwingt sich dann aber auch wieder zu einem Lächeln.
"Jaja, auch von mir natürlich."
Marlon bedankt sich und Jette und ich beobachten das Geschehen belustigt vom Rand aus. Jette hat er eingeladen, aber Ruby und Elina sind tatsächlich einfach mitgekommen. Unwillkürlich erinnere ich mich an Fabis Worte von vor ein paar Tagen. Die Leute kommen tatsächlich auf große Partys, egal ob sie eingeladen sind oder nicht. Nicht, dass ich ein Problem damit hätte.
Mein Haus ist groß genug und ich habe die beiden wirklich gern. Und auch während ich Marlon so beobachte sehe ich ihm an, dass er ebenfalls keinerlei Problem damit hat. Er hat sowieso so viele Leute eingeladen und das Haus wird gleich so voll sein, dass die uneingeladenen mit der Menge verschmelzen und dazugehören werden.
"Und jetzt erstmal hallo Amy", kommt Elina auf mich zu und zieht mich in eine herzliche Umarmung. "Hey", begrüße ich sie.
"Schön, dass ihr da seid."
Marlons ironisches Schnauben ignoriere ich. Ich weiß, dass er nur provozieren will.
Er signalisiert mir, dass er schonmal zurück in die Küche geht, ich nicke und beobachte ihn, bis er um die Ecke gebogen ist. Erst dann wende ich den Blick Ruby zu, die mittlerweile auch zu mir getreten ist.
"Du siehst heiß aus", bewundert sie mein Outfit und lässt ungeniert ihren Blick über meinen Körper wandern. Na, wenigstens eine Person die es nicht wie Marlon 'zu kurz' findet. Ruby fährt sich übertrieben offensichtlich mit der Zunge über die Unterlippe, als ihr Blick wieder in meinem Gesicht landet, was mir ein Lachen entlockt.
Sie ist einfach unverbesserlich.
Und ebenfalls heiß noch dazu.
"Dankeschön. Das Kompliment kann ich genau so zurückgeben", bemerke ich also anerkennend, nachdem ich sie in ihrem engen Kleid begutachtet und auch sie in die Arme geschlossen habe.
"Ich weiß", grinst sie bloß und zeigt ihre perfekt strahlend weißen Zähne.
"Eingebildet wie eh und je", lacht Elina, doch Ruby zuckt bloß die Schultern.
Jette hält sich raus und steht nur lächelnd neben uns, was typisch für sie ist. Vorallem in letzter Zeit ist sie stiller geworden.
Ich schenke ihr einen prüfenden Blick, aber was sie hinter ihrem Lächeln fühlt, ist mir unergründlich. Aber bevor ich mich zu ihr runterbeugen und leise fragen kann, ob alles okay ist, reißt Rubys vorfreudiges Klatschen mich aus den Gedanken.
"So, und jetzt will ich trinken!", verkündet sie. "Sollen wir die Party einfach mal mit dem ersten Drink eröffnen?"
Ohne eine Antwort abzuwarten stolziert sie in die Küche und wir folgen ihr schmunzelnd. Die Haustür lasse ich auf, da ich am Ende meines Gartens schon die Stimmen der nächsten kommenden Gäste höre.
In der Küche angekommen greifen wir alle, einschließlich Marlon, zu den Cocktails, die er eben noch noch gemixt hat.
"Prost. Auf Marlon", grinst Ruby in die kleine Runde und reißt ihr Glas in die Höhe, damit wir alle mit ihr anstoßen können.
Was wir auch tun.
Gerade als ich an meinem Glas nippen möchte, spüre ich den Atem von Besagtem in meinem Nacken und seine starken Arme, die sich von hinten um meine Taillie schlingen.
"Rubys Selbstbewusstsein kommt mir ziemlich bekannt vor", raunt er leise in mein Ohr, sodass nur ich ihn verstehen kann.
"Es ist genau wie das einer gewissen anderen Person."
Der neckende Unterton in seiner Stimme entgeht mir nicht und ich weiß natürlich sofort, dass er mich meint. Aber wenn man genau hinhört, lässt sich auch vernehmen, dass er ein wenig eingeschüchtert klingt. Wobei ich das verstehen kann. Ruby ist einfach eine Erscheinung, egal welchen Raum sie betritt und strotzt nur so vor Selbstbewusstsein. Sie und ich sind uns sehr ähnlich und wahrscheinlich mag ich sie genau deswegen so sehr.
"Mhm. Ich wüsste da auch wen, zu dem das noch passt", flüstere ich Marlon zu.
"Nur ist er ihr eher in der Arroganz ähnlich. Und ich ihr im Selbstbewusstsein."
Ich erreiche mit meiner Provokation genau das, was ich erreichen wollte, denn seine Arme schlingen sich noch etwas fester um mich. "Ach ja? Du findest mich also immer noch arrogant?"
"Ja. Arrogantes Arschloch", grinse ich und entziehe mich seinem Griff, um ihn ansehen zu können. Seine Augen funkeln amüsiert und er schüttelt unverschämt grinsed den Kopf. "Selbstverliebte Göre", zischt er leise.
Genau die selben Worte wie eben, vor unserer Auseinandersetzung.
Und genau so gefällt es mir mit ihm. Ich kann nicht anders, als erleichtert zu lächeln.
Diese provokanten, lockeren Situationen zwischen uns sind so viel besser als die ernsten, verklemmten, in denen ich ihn kaum mehr einschätzen kann.

Soo, we've got two new characters here.
Was ist euer erster Eindruck zu Ruby und Elina? Und wie steht ihr zu Amys Gedanken bezüglich Marlon, vorallem am Anfang?
Lasst gerne einen Stern & Feedback da, wenn es euch gefallen hat❤❤

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