𝟶𝟷 ✄ 𝙲𝚛𝚘𝚒𝚜𝚜𝚊𝚗𝚝𝚜 & 𝙿𝚛𝚘𝚋𝚕𝚎𝚖𝚎

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„Wie findest du das?"
Die Stimme meiner besten Freundin hallte durch meinen Kopf, doch ich realisierte sie erst, nachdem sie das hellblaue Kleid vor mein Gesicht gehalten hatte.
Ich betrachtete das Stück Stoff eher lustlos und zuckte mit den Schultern, immerhin musste es ihr gefallen.

Ich hatte diesem Shoppingtrip nur zugesagt, in der Hoffnung, dass ich mich ein wenig ablenken konnte.
Bisher konnte mich selbst Carlie nicht auf andere Gedanken bringen.

„Was ist los?" Ihre braunen Augen musterten mich besorgt und sie legte eine Hand auf meine Schulter.
„Ach nichts", murmelte ich, während ich einen Schritt zurücktrat, damit sie ihre Hand von meiner Schulter nahm, ehe ich ihr das Kleid abnahm, um es mir genauer anzuschauen.

Ich wusste, dass für sie die Sache damit noch nicht geklärt war, doch jede Sekunde, in der ich nicht darüber reden musste, war mir recht.

Das Kleid war einfach geschnitten, doch ich war mir sicher, dass es an Carlie wunderschön aussehen würde. Immerhin konnte sie so ziemlich alles tragen.
„Kauf es dir." Ich drückte ihr den Kleiderbügel wieder in die Hand und zwang mir ein Lächeln auf.

Die Brünette nickte bloß, doch ihr besorgter Blick verschwand nicht.
„Lass uns dann in ein Café gehen, ich habe Lust auf ein Croissant", beschloss sie, während wir auf dem Weg zur Kasse waren. Neben der Tatsache, dass Carlie absolut süchtig nach Croissants war, wusste ich, was der eigentliche Grund für diese Entscheidung war:
Dort wollte sie herausfinden, was mich in diesem Moment so bedrückte.

Nachdem sie das Kleid bezahlt hatte, liefen wir in Richtung des Cafés, welches insbesondere Carlie fast täglich besuchte.
Wahrscheinlich sah der Besitzer meine beste Freundin sogar häufiger als ich und das, obwohl wir uns zusammen eine Wohnung teilten

„Ah, meine Lieblingsgäste!", rief er deshalb auch, als wir durch die Tür kamen und uns das Glöckchen verraten hatte. „Wo habt ihr die Jungs gelassen?" Während Carlie grinste, immerhin wird man nicht überall so freundlich empfangen, wurde ich, nicht ganz ohne Grund, nervös.
„Die sind beschäftigt", antwortete die Brünette. Das war gelogen. Eigentlich hatten jene Jungs heute nichts zu tun. Sie hatten bloß keine Lust darauf, mit uns shoppen zu gehen.
„Ich hoffe, ihr kommt mal wieder alle zusammen her." Chester, der Besitzer des Cafés, lachte.

Es kam nicht oft vor, dass wir alle zusammen hier waren. Bei fünf erwachsenen Menschen war es nicht gerade untypisch, dass mindestens einer beschäftigt war. Zudem kam, dass Declan mittlerweile lieber Zeit mit seiner Freundin verbrachte, als mit uns. Das konnte ihm aber niemand verübeln, denn er war der Einzige in der Gruppe, der vergeben war. Dieser Beziehung wollte natürlich niemand im Weg stehen.

„Dasselbe wie immer?", fragte Chester, nachdem wir uns an unseren Stammplatz gesetzt hatten.
Carlie nickte, doch ich machte ihm klar, dass ich heute nur einen Tee wollte und auf mein Stück Kuchen verzichtete.

„Jetzt erzähl mir bitte, was los ist." Carlie nahm eine Serviette in ihre Hand und faltete sie. Sie brauchte immer etwas in ihren Händen, wenn es ernst wurde, um ihre Nervosität im Griff zu haben.
„Alles gut", sagte ich. Ich war noch nicht bereit es ihr, oder irgendjemand anderen, zu sagen. Dabei vertraute ich Carlie doch eigentlich alles an.

„Leonie!" Ihre Stimme wurde lauter, was sehr untypisch für sie war. Eigentlich war sie die Ruhigere von uns beiden.
Chester schaute deshalb auch nur fragend, als er uns die Tassen und Carlies Croissant hinstellte.
„Lasst es euch schmecken."
Dass er nicht weiter nachfragte, beruhigte mich. Doch mein Gegenüber würde nicht so schnell aufgeben, – das wusste ich.

Carlie und ich kannten uns erst knapp ein Jahr. Wir studierten an derselben Universität in London und trafen dort irgendwie aufeinander. Während ich schon länger hier lebte, war sie erst hergezogen.
Da wir uns richtig gut verstanden hatten, lernte sie bereits nach kurzer Zeit auch meinen besten Freund Mason kennen. Fast zeitgleich stellte dieser mir einen neuen Teamkollegen vor.
So wurde aus einer Dreiergruppe, bestehend aus Mason, Declan und mir, eine Fünfergruppe.
Wie sollte ich ihr nun etwas beichten, dass diese Freundesgruppe zerstören könnte?

Ich war froh, dass Carlie erstmal ihrer Croissant-Sucht nachging. So konnte ich mich noch eine Weile davor drücken und das, obwohl sie mich mit ihrem erwartungsvollen Blick durchbohrte. Ich schlürfte derweil an meinem Früchtetee, wobei ich mir beinahe die Zunge verbrannte. Heute war nicht mein Tag.

„Also gut." Ich sammelte all meinen Mut, denn sie würde nicht locker lassen und ihr eindringlicher Blick machte mir in gewisser Weise Angst.
Leicht überrascht, dass sie mich so weit gebracht hatte, es ihr zu erzählen, stellte sie ihre Tasse Kaffee ab.
„Aber Schimpf bitte nicht!" Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare. Wie konnte es auch nur so weit kommen?

„Niemals, versprochen." Sie schaute leicht besorgt und wieder faltete sie die Serviette, diesmal jedoch, ohne mich dabei aus den Augen zu lassen.

„Oh Gott, ich bin so dämlich." Ich stöhnte genervt auf. Carlies Gesichtsausdruck veränderte sich wiederum nicht. „Ich glaube, ich bin verknallt."

Sie kreischte auf, doch hielt sich sofort die Hände vor den Mund, um dies zu unterdrücken. Immerhin waren hier noch andere Gäste, die in diesem Moment alle zu uns schauten.
„Das ist doch schön." Während sie zu Beginn noch lächelte, wurde ihr Gesichtsausdruck schnell wieder ernst. „Oder nicht?"
Ich schüttelte den Kopf. Es war nicht schön. Es war die reinste Katastrophe.

Ich konnte hören, dass Carlie ein „Oh" von sich gab. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Leo, wer ist es?", sagte sie nach einer Weile und unterbrach damit die unangenehme Stille, die zwischenzeitlich geherrscht hatte.
Ich atmete einmal tief durch, ehe ich die Bombe platzen ließ.

„Es ist Mason."

PAPER HEARTS - mason mountWo Geschichten leben. Entdecke jetzt