Ich wollte schon immer ein hübsches Kleid tragen und mit einem netten Jungen wie in all diesen Büchern und Filmen auf einer großen Tanzfläche tanzen. Am besten Abends im Mondlicht zu einem wunderschönen Lied, sodass man die Zeit vergisst und es sich anfühlt, als tanze man in einem anderen Universum.
In Gedanken versunken ging ich die Straße der Stadt entlang und konzentrierte mich darauf, schnell nachhause zu gelangen.
Die kühle Abendluft ermöglichte es mir klare Gedanken zu fassen. Dennoch war es ein wenig frisch in einem T-Shirt und einer langen Hose umherzulaufen.
Ich richtete meinen Blick auf den Weg vor mir und setzte schnell einen Fuß vor den nächsten. Dabei verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust und rieb mir die Oberarme, um mich ein wenig aufzuwärmen.
Während ich ging wippten meine braunen Locken, die mir bis zu meinem unteren Rücken reichten, auf und ab und wiegten sich in der kühlen Abendbrise. Ich sah mich in der Stadt um und war noch immer fasziniert von den verschiedenen Menschen, die in dieser Stadt lebten.
Meistens waren Abends nur größere Gruppen von Jugendlichen unterwegs oder die Menschen, die die Nachtschichten abbekommen haben und jetzt arbeiten gehen müssen. Oder halt ich, die viel zu spät von meiner letzten Klavierstunde nach Hause ging.
Ich würde jetzt liebend gern schon Zuhause in meinem kuscheligen Bett liegen und dabei Schokolade essen, während eine spannende Serie läuft. Schon bei dem Gedanken daran durchfuhr mich eine wohlige Wärme, die jedoch kurz darauf von einer Gänsehaut abgelöst wurde.
Es war nur noch ein Kilometer bis nach Hause. Wir lebten zwar in einer Stadt, aber diese war nicht besonders groß. Es gab schon eine richtige Innenstadt mit vielen Geschäften und Einkaufsmeilen, aber meine Familie lebte eher am Rande, sodass es mit dem Bus 10 Minuten braucht, um in das Herz der Stadt zu gelangen.
Da ich Tollpatsch aber den Bus verpasst habe, musste ich entweder eine Stunde auf den nächsten Bus warten, der mich in die Richtung bringen würde, in die ich müsste, oder zu Fuß gehen.
Ich entschied mich eher für letzteres, weil ich so nur eine halbe Stunde brauchen würde. Außerdem tut mir ein bisschen Bewegung gut und man kann klar denken, wenn man für sich spazieren geht.
Ich ging an einem Restaurant vorbei an dem einem grelle, neonfarbige Schilder ins Auge stachen.
Ich beobachtete die Menschen, die in diesem Lokal aßen, und konzentrierte mich somit nicht auf den Weg und die Personen vor mir.
Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine Gruppe Jungs, die in Gelächter ausbrachen und an mir vorbei gingen.
Ich konnte noch nie verstehen, was die Menschen dazu brachte, sich mit seinen Freunden zu besaufen und zu feiern.
Ich weiß, dass das jetzt spießig klingt, aber das ist meine Meinung. Ich mag es nicht mit vielen, fremden Menschen in ein und dem selben Raum eingesperrt zu sein und zu lauter Musik zu tanzen. Ich finde es besser, wenn ich allein in meinem Bett sitze und ein Buch lese, während ich meinen Kaffe trinke und in eine Welt der Fantasie abschweife. Ich muss mich nicht jeden Tag mit meiner besten Freundin treffen oder shoppen gehen. Ich möchte einfach nur allein sein und für einen Moment den stressigen Schulalltag vergessen.
Man könnte mich auch als schüchternes und unbeliebtes Mädchen bezeichen, das nur eine Freundin hat. Aber das ist mir relativ egal, da es mir wesentlich lieber ist, eine richtige beste Freundin zu haben, als hundert falsche.
Während ich in meinen Gedanken
vertieft mit gesenktem Kopf in der Stadt herum lief, hörte ich eine tiefe, männliche Stimme, die ich einem der Jungs neben mir zuordnete, vermutlich zu seinem Kumpel sagen:"Man, du bist auch echt dumm!"
Daraufhin ertönte erneut Gelächter.
Plötzlich rempelte mich etwas von der Seite an und ich wurde zur Seite geschubst. Ich taumelte nach hinten und verlor mein Gleichgewicht, sodass ich zu Boden fiel. Ich ruderte mit meinen Armen durch die Luft, doch brachte das auch nichts.
Ich versuchte mich mit meinen Händen etwas abzufangen, was aber leider scheiterte, da ich rückwärts geradewegs auf meinen Hintern fiel.
Mir entfuhr ein qiekender Schrei, als ich mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden aufkam. Dies wurde von der Gruppe Jugendlicher kommentiert, indem ihnen Wörter wie „Oh, shit!", oder „Boah, er hat sie voll umgehauen!" entfuhren. Ich bemerkte, wie ich von sehr vielen Menschen angestarrt wurde und begann mich unwohl zu fühlen. Wärme schoss in meine Wangen und vermutlich verfärbten sie sich gerade in ein dunkles Rot.
Ich hasste es zu viel Aufmerksamkeit geschenkt zu bekommen!
Ich sah mich um und erkannte einen Jungen, der ungefähr in meinem Alter sein müsste. Seine dunklen, braunen Haare, die wild auf seinem Kopf lagen, wiegten sich in der Abendbrise. Sein schwarzes T-Shirt hing gerade über seinen Oberkörper und dazu trug er eine weite blaue Jeans. Er war sehr groß und hatte dazu ein sehr breites Kreuz. Er sah mir aus seinen braunen Augen direkt in meine Blauen und hatte einen erschrockenen Gesichtsausdruck auf seinem Gesicht.
Ich verlor mich für einen kurzen Moment in seinen Augen. Seine Augen, die so braun waren wie ein frisch aufgebrühter Kaffe, wie ein Spaziergang durch einen kühlen Herbstwald, Augen so braun wie ein Teddybär.
Dann streckte er mir seine Hand entgegen. Dadurch wandte ich meinen Blick von seinem Gesicht ab und sah auf seine Hand. Zögernd legte ich meine Hand in seine. Er umschloss meine kleine Hand und hüllte sie in Wärme. Im nächsten Moment zog er mich wieder auf meine Beine und ich zog die Luft scharf ein, da ich nicht damit gerechnet hätte, dass er mich mit so viel Schwung hoch ziehen würde. Dadurch verlor ich wieder mein Gleichgewicht und stützte meine Hände gegen seinen Oberkörper, um nicht nochmal auf den Boden zu fallen. Unter meinen Händen spürte ich einen sehr durchtrainierten Oberkörper. Ein leises „Oh" entwich meiner Kehle. Ein glucksen ging durch seinen Körper und unter meinen Händen spannten sich seine Bauchmuskeln blitzartig an. Peinlich berührt sah ich auf den Boden und machte ein paar Schritte zurück, um etwas mehr Platz zwischen dem fremden Jungen und mir zu schaffen.
„Sorry, mein Kumpel hat mich geschubst!", sagte er und überspielte diese komische Situation von gerade eben. Er deutete auf einen blonden Jungen, der hinter ihm stand und ein amüsiertes Grinsen auf seinen Lippen trug. Ich wandte meinen Blick ab und visierte meine Schuhspitzen an. Währenddessen schob ich mich an ihm vorbei und stotterte ein leises „Schon gut.".
Ein Wunder, dass er es überhaupt gehört hat.
Mit schnellen Schritten wollte ich mich aus dieser peinlichen Situation retten und nachhause laufen.
Doch bevor ich außer Reichweite war, konnte ich noch ein kurzes Gespräch zwischen zwei der Jungen hören.
„Was sollte das?", fragte der eine Junge etwas aufgebracht.
„Was das sollte? Das war aus Versehen! Ich konnte ja nicht ahnen, dass du so wenig Kontrolle über deinen Körper hast.", erwiderte der andere. Die Ironie im letzten Teil des Satzes war nicht zu überhören.
„Von wegen aus Versehen!", sagte der andere wiederum.
„Wegen dir ist sie jetzt weggelaufen!", hörte ich einen der beiden sagen. Ich konnte aber nicht heraushören, wem die Stimme gehörte. Ich war zu weit weg.
Was sollte das überhaupt bedeuten?„Wegen dir ist sie jetzt weggelaufen!"
Wollten sie, dass ich da blieb oder was?
Wäre er nicht in mich reingelaufen oder nicht geschubst worden, wie es der Junge meinte, dann wäre ich doch auch weiter gelaufen?Endlich war ich in meiner Straße angekommen und stand nun vor unserem Haus. Da wir am Rande der Stadt wohnten, was wohl eher wie ein Dorf aussah, war unser Haus nicht gerade klein und hatte einen großen Garten, den ich über alles liebte. Er war überall mit dichten Pflanzen und Bäumen bewachsen, sodass es an manchen Stellen fast einem Urwald glich. Dazu hing an einem Baum eine alte Holzschaukel aus meiner Kindheit. Mein Bruder und ich haben dort immer am liebsten gespielt.
Ich betrat das Fachwerkhaus durch die zweiflügeliege Eingangstür, die mich direkt in einen großen Flur führte. Dort zog ich meine Schuhe aus und stellte sie in den Schuhschrank. Danach machte ich mich auf den Weg zur Treppe, die sich direkt links neben der Eingangstür befand, und ging hoch in mein Zimmer.
Ich betrat das grau, weiß farbene Zimmer und sprang direkt auf mein Bett, dass sich gegenüber der Tür direkt unter dem Fenster befand. Meine Hündin schlief in ihrem Korb vor dem Bett.
Es war kuschelig weich und ich wäre fast darauf eingeschlafen, doch schreckte hoch als mir einfiel, dass morgen der erste Schultag nach den langen Sommerferien war und ich nicht verschlafen dürfte, da ich mich noch für ein Zimmer einschreiben müsste.
Ja, ihr habt richtig gehört. Ich muss mich für ein Zimmer einschreiben, weil ich von meinen Eltern auf ein Internat geschickt werde. Es ist das einzige Gymnasium in einem Umkreis von 50 Kilometern und meine Eltern wollten, dass ich dorthin gehe. Also wurde ich dorthin geschickt.
Es war ein wenig lästig, dass ich meine Eltern und die Hunde nicht jeden Tag sehen konnte, dadurch, dass ich dort in der Woche bleibe, aber deshalb freue ich mich am Wochenende umso mehr sie zu sehen.
Außerdem habe ich sonst immer mit meiner besten Freundin in einem Zimmer gewohnt und mein Zwillingsbruder ging auch dort zur Schule. Also ist es halb so schlimm.
Apropos beste Freundin. Ich wollte ihr eigentlich noch von dieser komischen Situation von vorhin erzählen. Vorher packte ich meinen Koffer für die Schule morgen und zog mir meinen Schlafanzug an. Danach pflanzte ich mich in mein Bett und griff nach meinem Handy, das auf meinem Nachttisch lag. Ich öffnete WhatsApp und ging auf den Chat von Cassie. Dann tippte ich schnell die Nachricht ein.Ich muss dir was erzählen
Nach nur ein paar Sekunden kam eine Antwort zurück:
Schieß los
Ich fing an etwas in mein Handy einzutippen, doch dann verfärbte sich der Bildschirm schwarz und mein Handy stellte sich aus.
Na super!
Mein dummes Handy braucht gefühlt ein Jahrhundert, um aufzuladen und ich habe Cassie jetzt neugierig gemacht. Die wird mich morgen durchlöchern mit Fragen.
Also legte ich mein Handy zurück auf den Nachttisch und versuchte einzuschlafen.

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Three little Papers
RomanceLizzy Baker ist das schüchterne Mauerblümchen des Castle Beaumont Internats und die Zwillingsschwester von einem der beliebtesten Jungs der Schule. Lizzy will mit ihren guten Noten nur unbemerkt die Schule beenden und auf gar keinen Fall in den Vord...