Kapitel 27 ~ Verrat und Panik

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Rose POV

Da ich wieder zu viel Angst hatte, um zu schlafen, lag ich lange neben Loui und war in Gedanken versunken. Etwa eine halbe Stunde, bevor mein Wecker Clara zum Aufstehen animieren würde, stand ich auf. Ich überschminkte meine Augenringe und trank zwei Becher Kaffee. Danach duschte ich kurz in kaltem Wasser, bevor ich in die Küche zurückkehrte, endlich halbwegs wach. Kurz später kam Clara genervt in die Küche. Ich reichte ihr das Frühstück, welches meine Oma vor dem Gehen gemacht hatte, aber zu meiner Verwunderung besserte sich ihre Laune nicht. Ich sah sie argwöhnisch an, da Clara normalerweise sofort gut gelaunt wurde, wenn sie ihr Frühstück zu sich nahm. Außerdem wusste Clara, dass sie Jack wieder in der Schule sehen würde. 'Vielleicht ist sie einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden?', dachte ich und ließ sie in Ruhe.

Clara und ich gingen in die Schule, da sie nicht Longboard fahren konnte, und noch während wir den Schulhof betraten, bemerkten Liz und Aiden mich. Mit verschiedenen Blicken und Kopfbewegungen versuchten sie mir zu sagen, dass ich schon jetzt mit den Jungs reden sollte. Aiden realisierte schon nach kurzer Zeit, dass ich mich nicht umstimmen lassen würde, aber Liz wollte noch nicht nachgeben. Sie war stolz auf mich, da sie wusste, wie schwer es mir fiel, den Jungs etwas über ihre Schwester zu sagen, aber ich fühlte mich noch nicht bereit. Ich schüttelte leicht meinen Kopf und Liz‘ Schultern sackten enttäuscht nach unten. Da sie sich extra von den Jungs entfernt hingestellt hatte, ging sie jetzt wieder zu ihnen zurück. Liz‘ akzeptierte, dass ich noch nicht bereit war mich den Jungs zu stellen, aber sie war traurig, dass mein Schweigen die Jungs bedrückte. Als Jack Liz‘ traurige Haltung sah, nahm er sie in den Arm. Er sah mehr als zufrieden aus, als Liz sich näher an ihn schmiegte. Ich hatte Clara völlig vergessen, bis sie wütend von mir davon stapfte. Ich wusste, dass es sie verletzte, dass Jack Liz mochte, aber ihre Verliebtheit war schon Jahre her und ich dachte nicht, dass sie noch sehr verliebt sein konnte.

Im Unterricht sprach Clara mich nicht ein einziges Mal an und ich begann mir Sorgen zu machen und diese vergrößerte sich wirklich, als Clara ohne ein Wort zu sagen am Ende der Stunde aus dem Klassenzimmer stürmte. Ich entschloss mich, ihr zu folgen, als ich bemerkte, dass sie nicht auf den Weg in die Klasse war, in der wir jetzt Unterricht hatten.

Ich brauchte eine Weile um sie zu finden und als ich sie fand, redete sie gerade mit Jack. Mein Herz stoppte für einen Augenblick, als ich Jacks Gesichtsausdrucke sah. Er sah sich in der Cafeteria um, als suche er jemanden, aber als seine Augen mich fanden, veränderte sich sein Gesichtsausdruck. Zuerst hatte sein Gesicht sowohl Schmerz gezeigt, als auch, dass er das was Clara erzählte nicht so richtig glauben wollte. Dann aber sah er Clara wütend an, doch den Schmerz konnte er nicht verstecken. Ich ging näher ran, um zu erfahren was er sagte und das einzige was ich hörte, war Jack, der gerade sagte: "Wir haben keine Schwester mehr." Dann drehte er sich um und ging aus der Cafeteria. Zuerst war ich zu verletzt von seinen Worten, um zu verstehen, was ihn zu diesen Worten geführt hatte, aber dann war die Trauer plötzlich wie vergessen und ich wurde wütend. Ohne darauf zu achten, Clara nicht weh zu tun, zog ich sie in die Mädchentoilette.

"Was hast du dir dabei gedacht?", schrie ich, sobald ich sie los ließ. "Ich hab dir geholfen", sagte Clara ruhig und zuckte dabei ihre Schultern, als wäre es keine große Sache. "Warum? Du hattest nicht das Recht dazu", zischte ich, da mir einfiel, dass nicht alle davon wissen sollten. "Stell dich nicht so an, ich habe dir einen Gefallen getan, du hättest es ihnen eh nie erzählt", meinte Clara noch immer gelassen. Die Tatsache, dass sie ihren Fehler nicht einsah, machte mich nur noch wütender. "Du hast recht, ich hätte es ihnen nie gesagt, weil ich nicht mehr Natalie bin. Ich will mit meiner Vergangenheit abschließen  und das kann ich nur als Rose. Ich habe meinen Namen nicht geändert, damit die Jungs nicht wissen wer ich bin, sondern weil ich nicht mehr Natalie sein konnte. Die Jungs waren meine Brüder, aber sie haben mich verlassen. Sie sind aus meinem Leben ausgetreten. Das war deren Entscheidung! Du solltest nicht die Entscheidung haben, wann oder ob sie wieder als meine Brüder in mein Leben kommen", versuchte ich es nochmal mit logischen Erklärungen, aber verstand schnell, dass meine Argumentation nichts bringen würde.
"Wow! Sie haben dich verlassen. Ich bin ohne Brüdern aufgewachsen und mir geht es gut. Sie haben dich in einem tollen Leben gelassen. Du hattest mehr Geld als du zählen konntest und du musstest keinen einzigen Tag in deinem Leben dafür arbeiten. Du hattest Eltern die sich um dich kümmern. Denkst du, ich habe nicht mitgekriegt, dass dein Vater -aus Angst, du könntest ihn auch verlassen- nicht wollte, dass du alleine raus gehst? Und du hattest mich. Du hattest Freunde. Aber du hast alles und alle verlassen und das ist deine Schuld, aber ich habe dir verziehen und wir sind Freunde. Wieso kannst du das nicht bei deinen Brüder machen?  Du bist einfach undankbar! Ich hatte nie so viele Freunde wie du, außer wenn ich mich mit deinen Freunden angefreundet habe. Ich musste seit ich vierzehn war arbeiten, weil ich meinen Eltern aushelfen musste. Wenn ich nicht genug Geld nach Hause gebracht habe, war mein Vater die nächste Woche weg, weil er lieber viel Geld hatte als mir etwas Liebe zu schenken", zischte Clara den Tränen nahe und ging nicht weiter auf mein Argument ein.
"Du weißt gar nichts darüber. Vom Geld habe ich nichts gesehen, deshalb habe ich mich bei Streetfights angemeldet. Meine Freunde waren nur hinter dem Geld her, welches ich selber verdienen musste. Und das, was du 'sich um mich kümmern' genannt hast, war mich zu kontrollieren. Du denkst ich bin undankbar aber ich bin unglaublich dankbar da raus gekommen zu sein", entgegnete ich und hatte Schwierigkeiten meine Stimme unter Kontrolle zu haben. "Verzeih deinen Brüdern einfach und alles wird wieder so wie früher", sagte Clara und versuchte sich wieder zu beruhigen. Ich hasste es, dass sie nie zuhörte, wenn ich von meinen Problemen erzählte und immer Lösungen hatte, die mir nicht halfen und deshalb brannten plötzlich alle meine Sicherungen durch.

"Tu nicht so, als würdest du das für mich wollen, du hast das doch nur getan, weil du dann mehr Zeit mit Jack verbringen kannst. Aber weißt du was? Das wird nicht funktionieren. Weil er in Liz verliebt ist", flüsterte ich, weil ich meine Stimme sonst nur zum Schreien brauchen würde und war mir sobald es ausgesprochen war sicher, dass es die Wahrheit war. "Ich will das für dich, weil ich deine beste Freundin bin. Vielleicht ist Liz so und will, dass du es nicht sagst, weil sie dann mehr Zeit mit Jack verbringen kann, aber ich würde das nie machen", beteuerte Clara scheinheilig und schaffte es mich zum Lachen zu bringen. Mein Lachen klang zwar etwas hysterisch, aber das störte mich gerade nicht. "Tu nicht so, als wüsstest du auch nur, was beste Freunde sind. Du würdest mich immer für Jack verraten, dabei mag er dich nicht. Du bist so überzeugt, dass er deine wahre Liebe ist, dass du vergisst, dass ich Gefühle habe, die du immer wieder verletzt, um Jack näher zu kommen. Also komm mir jetzt nicht mit diesem beste-Freunde-Quatsch", sagte ich ernsthaft verletzt und realisierte genau zu diesem Zeitpunkt, dass Clara nie mehr meine beste Freundin sein konnte. Sie öffnete den Mund und an ihren Augen las ich ab, dass das Nächste, das aus ihrem Mund kommen würde, ehrlich war und mich umstimmen könnte, aber ich wollte es nicht hören. "Weißt du was? Ich glaube es wäre am Besten, wenn wir einen Kontaktabbruch haben. Ich wollte meine Vergangenheit hinter mir lassen und alles, was mir nicht gut tut vergessen und du gehörst dazu, du tust mir nicht gut", erklärte ich und wir beide wussten, dass Clara noch an diesem Tag verschwinden musste.

Langsam und mit gesenkten Schultern folgte mir Clara zu mir nach Hause. Ich sah auf mein Handy, um ihr einen Rückflug zu buchen und sie sah schweigend auf ihre Füße. Ohne ein Wort zu sagen packte sie ihre Sachen, während ich ihr das Ticket schickte. Sie nahm ein Taxi und fuhr davon. Ich überlegte, was ich jetzt tun sollte, da ich Natalies Brüdern nicht begegnen wollte. Vielleicht war ich paranoid, aber ich hatte auch bei Liz geträumt, dass Clara Jack verraten hatte, dass ich Natalie gewesen war und er hatte mich mit seinen Brüdern zu Alexander gebracht. Als meine Oma wenig später in mein Zimmer kam und mir sagte, dass die Jungs hier waren, kurz bevor ich angekommen war, wusste ich, dass ich, zumindest für eine Weile, hier abhauen musste.

1481 Wörter
Ich hoffe es gefällt euch.

Rose Black ~ Der Vergangenheit entkommt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt