Kapitel 1 (verbessert)

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Natalies POV

Schon seit ich aus dem Flugzeug ausgestiegen war, machte ich mir Sorgen. Seit vier Jahren hatte ich meine Oma nicht mehr gesehen. Fragen wie 'Wird sie mich erkennen?' 'Wird sie mich bei ihr einziehen lassen?' 'Wird sie mich meinen Plan durchziehen lassen?' 'Wird sie mich zurück zu meinem Vater bringen?' gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.

Je näher das Taxi dem Haus meiner Oma kam, desto mehr Fragen bekam ich. Desto mehr Sorgen machte ich mir. Ich konnte kaum stillsitzen und der Fahrer war schon längst genervt. Aber was konnte ich dafür? Ich hatte meinem Vater ein paar unschöne Worte an den Kopf geworfen, bevor ich mit meinen Sachen im Arm aus dem Haus gestürmt war. Wenn meine Oma mich nicht aufnehmen wollte, konnte ich nirgendwo hin. Ich hatte genug Geld, um eine Weile nicht auf der Straße leben zu müssen, aber Langzeit würde das nicht gehen. Und so betrunken, wie Alexander, mein Vater, auch gewesen sein mag, in das Haus würde er mich nicht mehr zurückkehren lassen. Aber ich glaubte auch nicht, dass ich das wollte. Drei Jahre hatte ich Zeit gehabt meine Wut aufzubauen. Jede Beleidigung, jeder abfällige Kommentar und jeder Schlag hatte meinen Hass verstärkt und so hatte ich fast zehn Minuten nicht aufgehört zu schreien. Ich hatte nie vorgehabt ihn anzuschreien. Mein eigentlicher Plan war es gewesen still und heimlich das Haus zu verlassen. Ihm das gleiche antun, wie meine Brüder mir angetan hatten. Ihn jahrelang wundern lassen, wo ich war, ob ich sicher war, ob ich je zurückkommen würde. Aber als er mich am Arm packte, und mich anschrie ihm zu sagen, wo ich hinwollte, hatte es mir gereicht. Ich rieb mein Handgelenk, welches Dank seiner Aktion eine hübsche blaue Farbe bekommen hatte, während ich an die vergangene Nacht dachte.

Zuerst hatte ich nur versucht zu entkommen, aber ich konnte mich aus seinem Griff nicht befreien. Doch dann, als er bemerkte, dass ich nicht vorhatte zu antworten, schüttelte er mein Handgelenk. Er bog meine Hand in unangenehme Richtungen und ein Schmerz durchfuhr mich, der mich zusammenzucken ließ und meine Tasche fiel mir aus der Hand. Ale er meinen geschockten Blick sah, der auf die Tasche fiel, grinste er und stampfte auf die Tasche. Und sofort füllte sich der Raum mit einem wunderbaren Duft. Ich hatte das Parfüm seit Jahren nicht gerochen, aber ich erkannte es sofort. Nur Cody könnte für einen Geruch wie diesen verantwortlich sein. Meine Knie wurden schwach und ich sank auf den Boden. Warum hatte ich diese Tasche genommen? Ich wusste, dass es Codys Lieblingstasche war, natürlich hatte er ein Parfüm in ihr versteckt.

Ich blickte zu meinem Vater hoch als ich ihn lachen hörte. Verstand er nicht meinen Schmerz? Vermisste er seinen Sohn wirklich gar nicht? Und plötzlich fühlte ich, wie sich mein ganzer Körper mit Wut füllte. Ich hatte schon vor Jahren gelernt, dass es nicht schlau war, sich gegen meinen Vater zu wehren, aber die Wut vernebelte meine Gedanken und plötzlich sah ich nur noch die Scherben vor mir und ich begann zu schreien. Ich erklärte meinem Vater, dass er mich nie wieder sehen müsste, wenn er mich nur dieses eine Mal in Ruhe lassen würde. Ich warf ihm all die Dinge an den Kopf die er als Vater und als Mensch falsch gemacht hatte und ich schupfte ihn auf den Boden, während ich ihm erzählte, wie er diese Familie zerstört hatte. Ich wusste ich tat ihm weh, als ich meine Mutter aufbrachte und all die Male, die er sie verletzte, aber es war mir egal, er hatte mich oft genug verletzt. Jetzt war ich dran. Als ich fertig war, lief ich an ihm vorbei. Die Wut war verebbt und ich hatte nur noch Trauer übrig. Ich hatte nie so sein wollen wie mein Vater. Jetzt hatte ich ihn so verletzt wie er mich immer verletzte und es fühlte sich nicht gut an. Emotional wie ich war, kam es mir plötzlich schrecklich vor mein Parfüm nicht mitzunehmen. Und als ich gerade im hintersten Eck meines Kleiderschranks das Parfüm suchte, sah ich Codys Jacke und Aidens Fotoalbum und stopfte die auch in die Tasche.

Jetzt, im Taxi zu meiner Oma kam mir das plötzlich dumm vor. Was hatte ich mir erhofft damit, sie mitzunehmen? Das Fotoalbum würde mir auch nicht verraten, wo sie waren. Aiden war jemand der einfach sagte war er meinte und nie um den heißen Brei redete. Wenn er gewollt hätte, dass ich ihn finde, hätte er mir die Adresse aufgeschrieben, mir seine neue Nummer gegeben, oder mir irgendwie anders gesagt, wie ich sie finden könnte. Manchmal hatte ich gehofft, Jack hätte mir das Fotoalbum gegeben. Rätsel waren schon immer unser Ding gewesen. Auch wenn sie mich alle nicht dabeihaben wollten, auch wenn sie mich alle im Stich gelassen hatten, ohne mir zu sagen, wo sie waren, bei Jack war ich mir sicher, irgendwo hätte er die Adresse versteckt, irgendwie hätte ich sie finden können. Aber das konnte ich nicht.

Vielleicht hatten sie mir nicht vertraut, dachten ich würde es Alexander sagen, aber kein Grund, den ich mir über die Jahre hinweg ausgedacht hatte, machte es besser. Sie wussten, dass ich niemals einfach allein verschwinden konnte. Ich hatte fast drei Jahre gebraucht, um das Geld zu sparen und meinen Plan in Tat umzusetzen. Ich war fast drei Jahre lang misshandelt worden, bis ich mich endlich befreien konnte. Nur weil sie dachten, dass ich es nicht wert war mitgenommen zu werden?

Das Taxi blieb stehen und die Sicht des Hauses nahm mir den Atem. Ich fühlte mich so sehr wie zuhause wie lange nicht mehr und ich hoffte, dass ich nicht bald rausgeschmissen werden würde. Ich nahm meinen Koffer, bedankte mich beim Taxifahrer und ging langsam auf das Haus zu. Mit jedem Schritt wurden die Stimmen lauter. ‚Was wenn sie mich nicht erkennt?' ‚Was wenn sie mich nicht dahaben will?' ‚Was wenn sie umgezogen ist?' ‚Was wenn...?' ‚Was wen...?'

Als ich vor der Tür stand, waren die Stimmen mittlerweile so laut, dass ich sonst nichts hörte. Ich hörte nicht die Vögel, nicht das Läuten der Klingel, nicht die Schritte hinter der Tür und auch nicht das Quietschen, von dem ich genau wusste, dass es da war, als die Tür langsam geöffnet wurde. Und dann stand sie plötzlich vor mir, meine Oma und sah mich mit vor Überraschung geöffnetem Mund an, und meine Gedanken verstummten. „Oma?", brachte ich heraus, meine Stimme nur knapp über einem Flüstern und ich war mir nicht sicher, ob sie mich hören konnte. „Nein", sagte meine Oma und ihre Stimme brach. „Nein, nein, nein, nein, nein, warum lebst du noch?"

Ich hatte recht gehabt. Sie wollte mich nicht hier. Sie würde meinem Vater sagen, wo ich war. Das Gefühl der Sicherheit verschwand und Panik erfüllte mich. Ich war hier nicht sicher, ich musste hier weg. Ich überlegte schon, wie ich am schnellsten hier wegkam, als die Stimme meiner Oma meine Panik unterbrach. „Aber du bist tot", sagte sie mit einem bestimmten Ton. Ich sah auf und sah die Tränen an ihren Wangen runterlaufen. „Du bist nicht Natalie. Natalie ist gestorben, an ihrem 14. Geburtstag hat sie Suizid begangen. Du kannst nicht Natalie sein. Es geht nicht."

Ich konnte meinen Ohren nicht glauben. Wo hatte sie den Scheiß gehört?


1196 Wörter (vielleicht, Wattpad und Word sind sich da nicht zu 100% einig)

Ich glaub diesmal hab ich außer dem letzten Satz wieder alles geändert. An sich ist es witzig, aber nicht ganz Sinn der sache, sonst könnte ich gleich eine neue Geschichte schreiben. Aber jetzt haben wir die Backstory ziemlich completed, ab jetzt passiert auch in der Gegenwart etwas. Das nächste Kapitel werde ich vermutlich auch ganz neu schreiben, aber danach werde ich größtenteil Grammatik/Rechtschreibung verbessern und paar plot holes die die story hat. Wie immer würde ich mich über support freuen und ich hoffe es gefällt euch :)


Rose Black ~ Der Vergangenheit entkommt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt