Prolog (verbessert)

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Natalies Pov

„Ich hoffe sie hatten eine gute Zeit, kommen sie bald wieder", rief ich ihm mit einem Lächeln hinterher, welches verschwand, sobald er aus der Tür gegangen war. Heute war ein anstrengender Tag gewesen, wobei Arbeiten immer anstrengend war. Seit ich durfte, hatte ich jeden Freitag und Samstag gearbeitet. Es war anstrengend den ganzen Tag Kunden zu bedienen, aber ich war dankbar für den Job und meine Mitarbeiter. Sie hatten mir monatelang jeden Fehler vergeben und waren geduldig, während ich lernte. Ich war traurig sie zu verlassen, aber mit diesem Job und jeden Nachhilfe und Babysitter Job, den diese Stadt zu bieten hatte, hatte ich heute das Geld, welches ich seit jenem Tag vor drei Jahren gespart hatte, endlich zusammengekratzt. Und so sehr ich meine Mitarbeiter auch vermissen würde, ich konnte keinen Tag mehr bleiben.

Vor vier Jahren hatte sich mein Leben auf den Kopf gestellt. Aus meiner einst liebevollen Familie war durch den Unfall etwas entstanden, was ich nicht erkennen konnte. Meine Mutter, die stärkste Frau, die ich kannte und mein Vorbild, seit ich denken konnte, war in einen Autounfall involviert worden und von einer Sekunde auf die nächste war sie aus meinem Leben verschwunden. Wir wussten nicht, wie wir weiter machen sollten. Meine Mutter hatte sich immer um uns gekümmert. Ihre Liebe hatte das Haus erfüllt, wie sonst niemand es konnte und auf einmal fühlte es sich so leer an. Ich hatte bis dahin nie gewusst, wie allein man sich in einem Haus voller Menschen fühlen konnte.

Das Haus füllte sich nie wieder mit der Liebe, die es bis dahin gekannt hatte. Es traf uns alle schwer, aber meinen Vater veränderte es. Er war ein liebevoller Vater gewesen, wenn auch einer der schnell seine Geduld verlor, aber meine Mutter hatte immer gewusst, wie man ihn wieder beruhigte. Sie waren das perfekte Paar und zeigten mir und meinen Brüdern, was Liebe wirklich bedeutete. Doch als sie starb, stab auch ein Teil von ihm und er war wie ausgewechselt. Der liebevolle Vater, der alles tat, damit es seinen Kindern gut ging, wurde zu einem, dem die Kinder egal waren. Ich bemühte mich um die Aufmerksamkeit, die er mir als jüngste und einzige Tochter von fünf Kindern immer geschenkt hatte, aber meine Brüder hielten mich von ihm fern. Es dauerte nicht lange, bis ich verstand warum. Ohne seiner Frau um ihn zu beruhigen, war er immer wütend. Meine Brüder waren immer meine Beschützer gewesen, ob vor gemeinen Jungs in meiner Klasse, älteren Kindern am Spielplatz oder dem Zahnarzt, ich hatte mich immer auf sie verlassen können und so war es nicht überraschend, dass sie mich auch vom Zorn unseres Vaters beschützen wollten.

Doch eines Tages, knapp ein Jahr nach dem Unfall, waren sie weg. Ohne Spur waren sie mitten in der Nacht verschwunden. Ich weinte mir wochenlang nachts die Augen aus. Am Tag davor war noch alles gut gewesen.

Es war mein 13. Geburtstag und meine Brüder weckten mich mit Frühstück im Bett, während sie mir singend zum Geburtstag gratulierten. Es war schon immer eine Tradition gewesen, aber dieses Jahr bedeutete es mir extra viel, weil sie sich ganz ohne unserer Mutter die Mühe gemacht hatten. In letzter Zeit war wieder etwas Normalität in unser Leben eingekehrt und es war das erste Mal seit dem Tod unserer Mutter, dass jemand wieder so zum Geburtstag geweckt wurde. Meine Brüder brachten mich an dem Tag zur Schule und holten mich auch wieder ab und ich war so dankbar für sie. Den ganzen Weg nach Hause konnte ich nicht aufhören zu lächeln. Und selbst als ich auf dem Tisch statt des riesigen Geschenkehügels, den ich zu Geburtstagen sonst erblickt hatte nur drei kleine Geschenke sah, verdarb es mir kein Stück die Freude. Wir waren eine eher wohlhabende Familie, aber die Geschenke meine Brüder waren immer schon die besten gewesen. Meist selbstgemacht und immer voller Liebe. Cody, der Älteste, hatte mir endlich ein eigenes Parfüm gemacht. Es war schon jahrelang sein Hobby und ich hatte ihn ewig angebettelt eines zu machen, was nur für mich war. Er hatte es principessa genannt, weil ich seine Prinzessin war, hatte er mir erklärt und ich fühlte mich wie eine wahre Prinzessin, als er mir das pinke Fläschchen überreichte. Ich hüpfte vor Freude auf und ab und sprühte mich ein, bis ich mir sicher war, dass sogar die Nachbarn mich mittlerweile riechen konnten, aber es war mir egal, es war mein neuer Lieblingsduft, denn ich hatte ihn von Cody bekommen.

Am Abend legten wir uns, wie es für meinen Geburtstag üblich war, in den Garten und beobachteten die Sterne. Es gab nichts Friedlicheres auf der ganzen Welt für mich, als mit meinen Brüdern hier zu liegen und die Sterne zu beobachten. Und während ich mich in Codys Lieblingsjacke, die er mir wegen der Kälte nur für diesen Abend geborgt hatte reinkuschelte, versprach ich mir, dass sich dies nie ändern würde. Egal was passiert, auf meine Brüder war verlass und ich könnte immer mit ihnen die Sterne beobachten und ich würde wissen, ich war sicher und ich war geliebt.

Als ich jetzt, außerhalb des Restaurants, in die Sterne blickte, spürte ich nichts davon. Jener Abend war der letzte, an dem ich meine Brüder je sah. Ich wusste, dass sie von zuhause weggelaufen waren. Ich wusste, dass sie mich im Stich gelassen hatten. Es hatte nicht lange gedauert, bis sie nach dem Tod unserer Mutter die Idee aufgebracht hatten. Aber ich konnte nicht gehen, so wütend wie unser Vater auch war, er war einfach nur verletzt. Er vermisste seine Frau und er brauchte uns. „Wir sind eine Familie", hatte ich ihnen erklärt. „Und man lässt seine Familie nicht im Stich." Ich dachte meine Worte hatten sie berührt. Ich dachte sie würden bleiben. Aber alles, was ich jetzt noch von ihnen hatte, war das dumme Fotobuch, welches Aiden, der Jüngste von ihnen, mir noch bevor ich am Tag nach meinem Geburtstag aufwachte, neben mein Bett gelegt hatte. „Wann auch immer du dich allein fühlst, denk daran. Wir sind immer für dich da. Und wenn du uns rufst, werden wir immer kommen", hatte er auf die erste Seite geschrieben. Damals hatte es mir so viel Hoffnung gegeben, aber als ich all ihre Zimmer leer auffand und niemand, selbst Aiden, mein bester Freund, der mich nie etwas allein durchmachen ließ, kam, als ich sie rief, wusste ich, dass ich fortan allein war. Nie wieder wollte ich mich so sehr auf jemanden verlassen. Ich hatte das Fotobuch, ohne mehr als die erste Seite anzuschauen wutentbrannt in Aidens Zimmer geworfen und dort wo es am Boden gelandet war lag es noch immer.

Als mein Vater mich kurz darauf verstehen ließ, warum meine Brüder es so eilig hatten mich zu verlassen, wusste ich nicht mehr, wie ich mich fühlen sollte. Tief drinnen wusste ich, warum sie wegmussten. Warum sie ihre Sicherheit über meine gestellt hatten, aber ich hatte nie die Wahl gehabt. Ich wusste nichts von ihrem Plan mich zu verlassen. Ich wusste nicht, mit wem sie mich wirklich zurücklassen würden. Aber sie wussten es. Sie wussten, wie er war. Sie sagten sie liebten mich, sie würden mich immer beschützen und dann ließen sie mich mit diesem Monster allein?

„Alles okay?", fragte Clara zögerlich und schreckte mich mit einer beruhigenden Hand auf der Schulter aus meinen Tagträumen. Clara war schon immer meine beste Freundin gewesen und hatte, wie jeden Tag auf mich gewartet. Sie kannte meine Familie und sie war für mich da, als ich alles verlor. Sie war wie eine Schwester für mich geworden, wenn nicht sogar mehr. Ich würde alles tun, um sie zu beschützen und es tat umso mehr weh, zu wissen, dass meine Brüder mir gegenüber nicht das gleiche gefühlt hatten, wie ich für sie fühlte. Ich zwang mich den Gedanken zu verwerfen und wagte ein leichtes Lächeln. „Ich habe das Geld", flüsterte ich, voller Angst, dass es vielleicht verschwinden würde, wenn ich es zu laut sagte, wenn ich es wahr sein ließ. Aber als ich ihr in die Augen sah und ihr die Freude ablesen konnte, fühlte es sich plötzlich echt an. „Ich habe das Geld", sagte ich nochmal, diesmal mehr Überzeugung in der Stimme. Vielleicht würde ich das doch schaffen. Vielleicht könnte ich endlich frei sein. Vielleicht würe ich wieder Freude verspüren können.


1367 Wörter

Irgendwie hat es schon weh getan wirklich jedes Wort zu löschen, aber ich glaube es war notwendig. Außerdem hatte ich so viel Spaß am Schreiben wie lange nicht mehr, als ich den neuen Prolog geschrieben habe und ich mag ihn viel mehr als den alten. Weil ich doch sehr viel verändert habe, werde ich bei den nächsten Kapiteln auch viele Änderungen machen müssen und ich werde versuchen mich morgen um das nächste Kapitel zu kümmern. Ich hoffe ihr mögt den neuen Prolog und ich würde mich wirklich sehr über Support oder Feedback freuen. :)

Rose Black ~ Der Vergangenheit entkommt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt