Natalies POV
Der warme Atem den ich auf meinem Hals spürte hielt mich davon ab. Wer war das? Und was hatte er in meinem Zimmer zu suchen?
Panisch ging ich in meinem Kopf alle Möglichkeiten in das Haus einzubrechen durch. Hatte ich auch wirklich beide Türen zugesperrt? Und was ist mit den Fenstern? War das mein Vater? War er mir gefolgt? Jetzt schon?
Gerade als ich zum Entschluss kam, mich einfach 'schlafend' umzudrehen, hörte ich es. Das schönste Geräusch der Welt, welches ich seit fünf Jahren nicht mehr gehört hatte. Ich hatte meinen Kater Loui wieder.
Schnell drehte ich mich um und sah ihn an. Seine verschreckten Augen verrieten mir, dass ich ihn geweckt hatte. Errinerte er sich überhaupt noch an mich? Er war noch so jung als ich ihn hier ließ. Loui war kaum mehr als fünf Jahre alt, da ich ihn als neugeborenen gefunden hatte, seine Mutter nur wenige Meter neben ihm. Tot. Ich schaltete die Nachttischlampe an und schaute auf sein wunderschönes orangenes Fell.
Plötzlich bemerkte ich, dass sein Schnurren mich noch mehr beruhigt hatte, als ich dachte. Normalerweise spürte ich all die Schmerzen die mir im Traum zugefügt geworden waren, sobald der Schock sich legte. Das war nichts ungewöhnliches, da der Traum meist nur eine Errinerung an echte Verletzungen ist, auch wenn meine Brüder mich nie geschlagen hatten. Alle Wunden die ich in meinem Traum durch das Messer abbekommen hatte, schmückten als Narben meinen Arm. Alle Schläge und Tritte, die mir zugefügt wurden, hatte mein Vater mir alleine zugefügt. Auch die Worte über meine Brüder und die Bierflasche die er warf, waren Errinerungen. Anfangs hatte alles wehgetan. Tränen waren mir an den Wangen runtergelaufen, währen mein Vater, mein Erzeuger, meine Familie nicht von mir abließ. Mit der Zeit lernte ich den Schmerz zu ingnorieren, aber die Worte brannten sich weiterhin in mein Herz. Erst als ich einsah, dass er Recht haben musste, ließ der Schmerz nach, er hörte jedoch nie ganz auf.
Und jetzt lag ich hier, neben meinem Kater Loui und meine größte Sorge war, ob er sich an mich errinerte. Er wandte sich von mir ab und legte sich wieder schlafen. Sein Atem ging ruhiger und auch das Schnurren wurde leiser. Ich schaltete die Nachttischlampe wieder aus und dachte weiterhin an meinen Kater, oder mittlerweile vermutlich der meiner Oma. Ich wunderte mich wieder, wie sehr dieser Kater es schaffte mich zu beruhigen, da ich schon auf den Weg ins Träumeland war. Normalerweise konnte ich nach einem Alptraum nicht mehr einschlafen, aber das ruhige Schnurren und die ungeschriebene Regel, die besagte, dass ich mich nicht bewegen durfte, wenn eine Katze so nah an mir schlief, hielten mich davon ab aufzustehen. Mit dem Gedanken an mein neues Leben schlief ich ein.
Als ich einige Stunden später aufwachte, spürte ich schon seine raue Zunge auf meiner Wange. Schnell stand ich auf und ging in mein Badezimmer. Ich duschte mich und föhnte meine viel zu langen blonden Locken und band sie noch zu einem lockeren Dutt zusammen. Anschließend holte ich mir einen Hoodie und eine Jeans aus meinem Koffer. Schon als ich das Oberteil über meinen Kopf zog, spürte ich die Hitze. Das dürfte heute ein Spaß werden. Doch noch während ich zu Loui sah, hatte ich die Wärme ausgeblendet.
Mit Loui, mir auf Schritt und Tritt folgend, machte ich mich auf den Weg in die Küche, wo der herrliche Geruch von Waffeln herkam. Mit einem fröhlichen "Guten Morgen" holte ich eine Waffel und setzte mich. "Guten Morgen Schlafmütze es ist schon zehn Uhr", sagte sie lachend und setzte sich mir gegenüber, während Loui auf mein Schoß sprang. "Ich habe dir schon einen Friseur Termin heute um drei Uhr gemacht, an der neuen Schule beginnst du sobald die Semesterferien vorbei sind, also in einer Woche. Und bevor ich es vergesse, morgen musst du wegen deiner Namensänderung im Standesamt noch unterschreiben. Mit deinem neuen und alten Namen. Tut mir leid, dass die Waffeln noch nicht alle fertig sind, aber es hat ewig gedauert, zu erklären warum du deinen Namen ändern möchtest", sagte meine Oma und bekam gegen Ende einen entschuldigenden Ton, während ich sie mit weit aufgerissen Augen ansah. "Das alles hast du heute morgen gemacht?"
Gedankenverloren kraulte ich Loui unter dem Kinn. Wow, diese Frau lebte echt nach dem 'Was du heute kannst besorgen'-Motto.
"Wie ich sehe errinert Loui sich an dich, du warst ja immer die einzige, bei der er am Schoß saß. Es ist schön zu sehen, dass er dir noch immer so dankbar ist. Nachdem du gegangen bist hat er dich sehr vermisst, weißt du? Er hat jede Nacht in deinem Bett geschlafen, das hätte ich dir vermutlich gestern schon sagen sollen, oder?", redet sie schon wieder los. Mit einem letzten Blick auf mich stand der Kater auf und hüpft elegant von meinem Schoß und setzte sich auf seinen Kratzbaum, von dem er einen super Überblick auf die Küche hatte.
Nach dem Frühstück ging ich wider in mein Zimmer und entschied mich ein wenig auszupacken, da ich hier ja eine Weile bleiben würde.
Als ich all meine Hoodies und meine Jeans in dem Schrank verstaut hatte, war es auch schon kurz vor drei. Ich schnappte mir mein Longboard und machte mich auf den Weg zum Friseur. Ich wusste genau, was ich wollte.
Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als meine langen, blonden Locken auf dem Boden landeten. Ich hatte meine Haare schon immer gehasst, warum hatten meine Brüder alle dunkle Haare, aber ich musste blonde haben. Aber jetzt konnte ich sie endlich haben wie ich wollte. Ich fand schon immer, das schwarze Haare mir stehen würden, aber ich konnte es mir nicht entgehen lassen, die vorderen Strähnen weiß zu färben. Hätte mein Vater es mir erlaubt, hätte ich das schon vor langer Zeit gemacht. Jetzt war mein Nachname zwar nicht mehr White, aber die weißen Strähnen waren schon so lange mein Traum gewesen. Früher hatte ich immer mit meinen Brüdern darüber geredet, aber sie fanden das nicht lustig wie ich. Vielleicht hatten sie auch einfach mehr Angst als ich damals. Damals als meine Brüder mich noch vor meinem Vater beschüt...
Nein, nein, nein, nein, nein! Ich Rose Black habe keine Brüder, ich bin Einzelkind, mit schwarzen Haaren und zwei weißen Strähnen. Ich habe keine Eltern, aber eine liebevolle Oma, bei der ich wohne und ich fange neu an weil ich will, nicht weil ich muss.
Mit einer neuen Frisur, neuem Selbstbewusstsein und einem neuen Ich, verlasse ich den Friseursalon. Fehlt nur noch ein neues Outfit. Eines, dass Natalie niemals anziehen dürfte.
1086 Wörter
Ich weiß, dass das mit der Namensänderung nicht wirklich so funktioniert, aber wir tun jetzt einfach so als ob. Diesmal ist kein Cliffhanger und ich hab auch den Plan schon aufgelöst, aber ich wollte jetzt einfach nicht bis zum Cliffhanger weiterschreiben.😂
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Rose Black ~ Der Vergangenheit entkommt man nicht
RomansNachdem Natalie erfahren hatte, dass sie schon wieder ein Familien Mitglied verloren hat und sie alleine mit ihrem gewalttätigen Vater zurück gelassen wurde, konnte sie es endlich machen. Schon seit drei Jahren wünschte sie sich nichts mehr, als end...