Kapitel 13 ~ ein kleiner Funke Wahrheit

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Rose POV

"Bitte... Ich muss mehr wissen." Er flehte mich an und wartete auf ein Zeichen, dass er den Motor starten durfte. Langsam nickte ich und Aidens Gesichtsausdruck hellte sich im gleichen Moment auf, in dem er sich auch verdunkelte. Er hatte gewonnen, aber wollte er wirklich mehr wissen?

Wir saßen schon eine Weile im Auto und ich wurde immer ängstlicher. 'Warum bin ich zu ihm ins Auto gestiegen? Er wird mich doch nur an Alexander ausliefern, oder? Aber er wirkte so verletzt, als er es erfuhr. Aber ich täusche meinen Freunden ja auch immer Gefühle vor, die ich gar nicht verspüre.'

Als das Auto endlich stoppte spielten meine Gedanken noch immer verrückt. Wir stiegen aus und ich sah mich um. Wir waren am Strand, aber wir waren die Einzigen. Ich war mittlerweile neben Aiden angekommen und sah mich um, in der Hoffnung, dass wir doch nicht alleine waren. Irgendwie kam mir der Strand bekannt vor. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Aiden plötzlich vorsichtig nach meiner Hand griff und mich weiter zog. Erst als er sich am Rand der Klippe niederließ, erkannte ich, wo wir waren und riss meine Augen auf. Er erinnerte sich? Ich blickte wieder zu ihm und sah, dass er das Meer beobachtete. Wieso hatte er mich hierher gebracht?

"Hier waren wir früher immer mit Nati. Also mit wir meine ich meine Brüder und mich, sonst haben wir diese Klippe niemandem gezeigt. Nachdem wir hierher gezogen sind, sind wir oft schweigend hier gesessen. Ein paar Monate war ich jeden Tag hier, weil ich sie so vermisst habe. Auch die anderen sind oft alleine her gekommen. Seit ihrem Tod war ich aber nicht mehr hier, weil es mich traurig gemacht hat", erklärte er, ohne seinen Blick vom Wasser zu nehmen. Langsam setzte ich mich neben ihm hin.

Wir schwiegen eine Weile, aber dann begann er zu sprechen. "Warum hat meine Mom dir einen Brief hinterlassen?", war seine erste Frage. Ich verstand nicht, wieso ihn das so beschäftigte, bei all den Informationen, die er erfahren hatte, aber er wollte vermutlich vorsichtig anfangen.

"Ein Jahr lang war ich die beste Freundin ihrer Tochter. Ich habe mich echt gut mit Evelyn verstanden, auch nachdem Natalie gestorben ist, habe ich sie oft besucht, weil wir beide eine so wichtige Person verloren hatten. Wir haben uns gegenseitig getröstet und sie wurde wie eine Mutter für mich. Wir haben uns einmal in der Woche gesehen und sie wusste, dass Natalies Selbstmord mir zu schaffen gemacht hat und damit ich besser damit umgehen kann, hat sie mir den Brief geschrieben, in dem steht warum sie es getan hat." Am Ende meiner Erklärung sah ich meinen Bruder erschrocken an. Einerseits, weil mir die Lügen viel schneller einfielen, als sie sollten und andererseits, weil ich gerade realisierte, wie schlimm das wirklich für ihn war. Die zwei wichtigsten Frauen seines Leben hatten nachdem er sie verließ eine schwere Zeit und jetzt waren sie beide tot. Ich wollte gerade etwas sagen, um ihn zu trösten, als er weiterfragte.

"Warum hast du am Arm geblutet, als ich dich losgelassen habe?", fragte er. Wieder riss ich die Augen auf. "Ich glaube du hast dir etwas eingebildet, ich habe nicht geblutet", entgegnete ich, als ich wieder meine kalte Maske zeigte. Zum ersten Mal, seit wir n der Klippe angekommen waren, sah er vom Wasser zu mir. "Warum hast du geblutet?", wiederholte er seine Frage. Warum wollte er unbedingt über mich reden? "Wir reden von Natalie, nicht von mir" "Ich weiß, aber ich glaube, die Antwort hat etwas mit ihr zu tun." Seine Stimme war voller Liebe und ich gab auf.

Zumindest teilweise. Ich würde ihm natürlich wieder eine Lüge auftischen müssen. "Nach ihrem Tod, habe ich mich geritzt. Seit Evelyns Tod habe ich auch neue Schnitte. Einer von denen ist aufgegangen."
'Wie ist aus der Wahrheit über Alexander so eine Lüge geworden?', fragte ich mich, doch Aiden unterbrach mich mit einer neuen Frage.

"Hat er dich jemals geschlagen?", fragte er mich. Ich senkte den Blick und schwieg. Er sah wieder zu mir auf und betrachtete mich ohne ein Wort zu sagen. Ich brauchte eine Weile um meine Stimme wieder zu finden, doch dann antwortete ich: "Ja, wenn ich bei Natalie übernachtet habe. Deshalb darfst du auch niemanden von diesem Gespräch erzählen. Er würde mich umbringen, wenn er wüsste, dass ich dir davon erzähle." Dann hob ich meinen Blick in sah ihn bettelnd an. "Bitte sag besonders deinen Brüdern nichts. Du kennst ihren Beschützerinstinkt. Sie würden ihn anrufen oder etwas ähnlich dummes machen und dann würde er mich suchen kommen. Bitte, bitte sag es niemanden!" Ich war kurz von den Tränen. Wenn er jemanden etwas erzählen würde, dann müsste ich umziehen und währe auf der Flucht. Mein Leben würde sich wieder vollkommen auf den Kopf stellen. Nach langem Schweigen stimmte er mir schließlich zu. Wieder nahm ich ihn in den Arm und dieses Mal, ließ ich das Gefühl von Geborgenheit und Schutz zu.

Wir saßen noch Stundenlang auf der Klippe und ich tischte ihm mehr um mehr Lügen auf, wobei immer zumindest ein kleiner Funke Wahrheit dabei war. Ich sagte ihm, er solle mich an der Schule rauslassen, weil ich lieber mit dem Longboard zum Haus meiner Oma fuhr. Wieder gelogen. Ich wollte einfach nicht, dass er wusste, wo meine Oma wohnte, weil er das Haus natürlich auch kannte. Als ich die Tür öffnete, roch ich sofort das Essen, welches meine Oma zubereitet hatte und mir lief das Wasser im Mund zusammen.

"Nächstes Mal sagst du mir bescheid, dass du Mittags nicht nach Hause kommst!", rief meine Oma mir hinterher, während ich, nach dem Abendessen, die Treppe hoch in mein Zimmer ging. "Ich habe dich auch lieb", schrie ich zurück.

Ich legte mich auf mein Bett und wählte die Nummer meiner besten Freundin. Loui lag schon auf meinem Bauch, als Clara endlich ranging. "Sie sind hier", sagte ich, noch bevor ich sie begrüßt hatte. "Wer?", fragte sie, eindeutig genervt. "Meine Brüder. Sie gehen alle in die gleiche Schule wie ich. Aiden sogar in die gleiche Klasse." Auch wenn ich ihr niemals die ganze Geschichte erzählen würde, freute ich mich darauf, ihr zu erzählen, was an diesem Tag alles passiert war.

1024 Wörter
Wieder nicht viel passiert, aber das ändert sich bald.
Hoffe es gefällt euch.

Rose Black ~ Der Vergangenheit entkommt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt