Kapitel 29 ~ Fluchtversuch

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Rose POV

Meine Oma las mir meinen Schock in den Augen ab und sah traurig auf den Boden. Als sie mir wieder ins Gesicht sah, schenkte sie mir ein Lächeln, welches ihre Augen nicht erreichte. "Geh nur, Rose. Ich verstehe, wenn du noch nicht mit ihnen reden willst. Aber komm bald zurück und lass mich nicht wieder fünf Jahre warten", meinte sie und ihr trauriges Lächeln wurde durch ein verschmitztes ausgetauscht, als sie den Letzten Teil mit einer gespielt strengen Stimme sagte. Sie wusste, dass ich sie nie wieder so lange warten lassen würde.

Dankbar, dass ich mir weder eine Lüge ausdenken, noch ihr die Wahrheit erklären musste, rannte ich in mein Zimmer und packte alles was ich brauchte. Ich wusste nicht wie lange ich Zeit hatte, da einer der Jungs vielleicht auf die Idee kommen könnte, nochmal hier nach mir zu suchen -und ich war mir sicher, dass sie mich suchten- also packte ich nur Geld, Handy und Kleidung, die ich nicht durchschaute, sondern einfach schnell in die Tasche schmiss. Ich kraulte Louis hinter den Ohren, umarmte meine Oma und verabschiedete mich stumm vom ersten Zuhause, in dem ich wirklich sicher war. Mit Alexander Lüge, dass ich tot war, hatte er mir eine Menge vereinfacht. Er wäre mit Sicherheit schon längst hier aufgetaucht, wenn er nicht glauben würde, dass alle dachten Natalie wäre tot. Zum ersten Mal in meinem Leben, verspürte ich wirklich etwas wie Dankbarkeit, Alexander gegenüber.

'Vielleicht übertreibe ich, indem ich jetzt verschwinde', beruhigte ich mich in Gedanken, während ich die Tür hinter mir schloss, aber die Bilder meines letzten Alptraums kamen wieder hoch und ich beschleunigte wie automatisch meine Schritte. 'Aber vielleicht hat das ja auch etwas Gutes.'

Mit meiner Tasche in der Hand rannte ich Richtung Bahnhof. 'Ich könnte die ganze Welt bereisen', versuchte ich mir gerade einzureden, dass ich wirklich einen Vorteil aus dieser schlechten Situation bekommen könnte, als ich Aiden sah. Ich blieb wie versteinert stehen und suchte unauffällig nach einem Fluchtplan. Ich wusste, dass Aiden mich gesehen hatte, aber merkwürdigerweise drehte er sich um und suchte weiter. Kurz später war er aus meiner Sicht verschwunden. Ich wusste, dass er mich suchte, immerhin war er schon bei mir Zuhause gewesen, aber warum ließ er mich einfach gehen? Mir fiel nur eine Erklärung ein und meine Paranoia, dass meine Alpträume Realität werden würde, führte einen Freudentanz auf, da ich sie nicht mehr als unnötiger Unruhestifter bezeichnen konnte. Ich fühlte mich wie eine Verschwörungstheoretikerin, als ich es auch nur dachte. 'Natalies Brüder wollen mich verraten, aber Aiden hat Mitleid mit mir', dachte ich, hielt es aber irgendwie für Unsinn. Würde er sich nicht gegen seine Brüder wehren, wenn er anderer Meinung war? 'Vielleicht habe ich ihn auch einfach eingebildet?', überlegte ich und versuchte mich davon zu überzeugen, als ich weiter ging, aber es klappte nicht.

Noch unruhiger und ängstlicher als zuvor setzte ich meinen Weg zum Bahnhof fort. Bei jedem Geräusch drehte ich mich um, bei jedem Schatten suchte ich die Jungs und kurz vor den Bahnhof zahlte sich meine Vorsicht aus. Ich sah Cody schon lange bevor er mich sah. Wobei, eigentlich wusste ich nicht, wann er mich sah, denn ich rannte los, sobald er in mein Blickfeld trat. Ich wusste schon, welchen Zug ich brauchen würde und ich suchte während dem Laufen den schnellsten Weg.

Plötzlich rannte ich in jemanden hinein. Da ich genau darauf geachtet hatte, mich durch kein Hindernis verlangsamen zu lassen, hatte der Junge, in den ich hinein rannte sich mit Absicht vor mich gestellt. Mein Gehirn arbeitete gleich schnell wie mein Herz, welches durch den Sprint und die Angst so schnell klopfte, dass jeder Arzt sich Sorgen machen würde, und so erkannte ich den Idioten, welcher sich mir in den Weg gestellt hatte schneller als ich wollte. "Was willst du, Kyle?", zischte ich und erschrak kurz über meine Stimme, die völlig anders klang, da ich so sehr außer Atem war. Er grinste mich an und auch wenn es mich aufregte, wie selbstverliebt dieses Grinsen war, beruhigte es mich auf eine komische Art und Weise. Vielleicht war es auch die Vorstellung ihm dieses Grinsen vom Gesicht zu schlagen, wenn er der Grund dafür wäre, dass Alexander mich wieder fand, aber das bezweifelte ich. Zumindest bezweifelte ich, dass es der einzige Grund war.

"Was willst du?", fragte ich deutlich ungeduldiger und sah in seinen Augen, dass er eine Antwort suchte, sein Grinsen jedoch verblasste kein Bisschen. "Was machst du während der Schulzeit an einem Bahnhof?", fragte er und sein Grinsen zeigte, dass die Strenge in seiner Stimme nur gespielt war, obwohl ich das auch an den mir vorliegenden Tatsachen ablesen könnte, wie zum Beispiel, dass er zur gleichen Zeit hier war. Warum sollte er sich bei mir beschweren, dass ich Schule schwänzte, wenn es das selbe zu tun schien? "Was machst du während der Schulzeit am Bahnhof?", fragte ich ihn und sah ihn herausfordernd an. Die Gefahr, in der ich mich mit Sicherheit befand vergaß ich jedoch viel zu kurz und so war ich schon vor seiner Antwort fluchtbereit und überlegte fieberhaft, wie ich am besten aus der Situation flüchten konnte. "Was ist los?", fragte er mich, als er meine Haltung bemerkte. "Ich will nur nicht meinen Zug verpassen", meinte ich und lächelte unschuldig. Er wirkte kurz verwirrt, ließ mich aber dennoch nicht gehen. "Wohin willst du denn?", fragte er. "Meine Tante wurde krank und ich muss sie im Krankenhaus besuchen", antwortete ich ohne nachzudenken. Leider hatte ich mir davor keine Lüge überlegt, da ich nicht damit gerechnet hatte, dass ich jemandem begegnen würde, deshalb war diese Lüge auch nicht sehr durchdacht. Auch wenn ich jemandem anderem begegnet wäre, wäre ich einfach weitergelaufen, aber ich wollte die Freundschaft zu seiner Schwester nicht aufs Spiel setzten, nur weil er nervte und mir der Kragen platzte.

"Was hat sie denn?", fragte er neugierig, aber mit einem Blick, der besagte, dass er wusste, dass ich log. Vielleicht hatte ich irgendwann beiläufig erwähnt, dass ich keine Tante hatte, während er in der Nähe war? "Nierenversagen, ich muss eine Niere spenden", log ich einfach weiter und konnte mich schlagen. 'Etwas Besseres fällt dir nicht ein?', fragte ich mich wütend, verzog aber keine Miene. "Seit wann ist sie im Krankenhaus?", fragte er mit einem besorgten Blick, welcher aber nur wenig überzeugen war. 'Bin ich gleich auffällig wie er?', fragte ich mich. "Seit Sonntag, aber ich weiß es erst seit heute", antwortete ich. War das eine glaubwürdige Antwort? Er ward mir einen verwirrten Blick zu, als wüsste er nicht wirklich, ob er mit glauben konnte oder nicht.

"Mein Zug kommt jedenfalls bald", brach ich die Stille, die entstanden war, weil er herausfinden wollte, ob ich die Wahrheit sagte, obwohl der Zug erst in fünf Minuten kommen sollte. Es würde mir einfach unwohl, als er mich so lange ansah. Als er nichts erwiderte, drehte ich mich um, doch noch bevor ich einen Schritt machen konnte, hielt er mich am Handgelenk fest. Durch den plötzlichen Körperkontakt, welcher ausgerechnet auf einer entzündeten Wunde stattfand, zuckte ich kurz zusammen. Meine Laune war noch weiter gesunken und das ließ ich mir auch anmerken, als ich wieder zu ihm sah. Er sah mich kurz an, als würde er überlegen, was er als nächstes tat, aber dafür hatte ich keine Geduld. „Was noch?", wollte ich fragen, doch er er überaschte mich, indem er mich auf eine ungewöhnliche Art unterbrach. Auch wenn ich sagen muss, dass sie nicht unangenehm war.

1228 Wörter
Nicht das beste Kapitel, aber naja...
Ich hoffe es gefällt euch.

Rose Black ~ Der Vergangenheit entkommt man nichtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt