Heimweh

25 3 2
                                        

Du fragst mich:
„Was ist los?"
Ich sage nichts
Du merkst an:
„Du siehst so traurig aus."
Ich erwidere bloß vage:
„Ich weiß selbst nicht, was es ist."
Während ich überlege,
Wie man in Worte fassen kann,
Was ich gerade fühle

Ich kann's dir nicht beschreiben
Also bleib ich still
Wenn du wolltest, würde ich es dir zeigen,
Aber ob du das wirklich willst?

Ich kann seit Tagen nicht mehr schlafen,
Weil die Mücken in dem Zimmer mich zerfressen
Ich schau um 4 Uhr morgens aus dem Fenster
Und denke an den Tag, an dem ich Abschied nahm
Abschied, von dem Ort, an dem wir sind
Abschied, schon als kleines Kind
Die Motoren der Autos sind wie stillgelegt,
Die Ampeln allein, die Töne von sich geben,
Und die Straßen sind wie leergefegt
Die Balkone gegenüber sind nicht besetzt
Und das Gras wird noch von Tau benetzt

Dieser Ort ist wunderschön
Und ich sehne mich nach ihm
Doch muss ich an Zuhause denken,
Wünsche ich mir nicht mehr
Nicht mehr, als die runterbretternden Autos auf den Straßen,
Die Motoren, die nie Ruhe finden,
Weil sie alle hoch beschäftigt sind,
Die Stockbesoffenen, die durch die Straßen streifen
Und immer nach der nächsten Flasche greifen
Ehe sie die Flaschen auf den Boden schmeißen
Und die Scherben bleiben,
Denen ich beim Laufen meiner Strecke weiche
Und meine wundervolle Strecke,
Die eigentlich viel zu viele Hügel hat,
Um auf ihr zu Laufen,
Die eigentlich viel zu viele Abzweigungen hat,
Um sich nicht zu verlaufen
Und dennoch liebe ich meine Stadt

Deine Stadt ist mir viel zu still,
Auch wenn ich mich in meiner über den Lärm beschwere,
Deine Stadt kennt jeden einzelnen zu sehr
Und das macht es für mich nur schwer
Weil ich die Anonymität liebe,
Die ich in meiner Stadt genieße,
Weil ich rausgehen kann, wie ich will,
Weil Gertrud nicht meinen Stil anzweifelt
Und sich auslässt, dass ich die falschen Socken trage
Weil ich nicht ständig schweigen muss,
Weil niemand mich was fragt,
Weil ich nicht ständig lächeln muss,
Weil du mich danach fragst

Wie soll ich dir erklären,
Was ich selbst nicht ganz versteh?
Wie soll ich dir bloß sagen,
Dass mich das Heimweh plagt?

Kunst der WorteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt