Drysden [9]

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So sehr ich meine Freunde auch mochte, manchmal brauchte ich einfach meine Privatsphäre. Es war beinah eine Erleichterung, dass Isabel und Cara ihre Zeit mit der Königin verbrachten, Andrej und Emerald einander seit Jahren nicht mehr gesehen hatten und Yan sowieso nicht aus seinem Baumhaus herauskam. So konnte ich in Ruhe dieses wundersame Schloss erkunden.

Die Gemächer der Königin waren unglaublich schön gewesen, doch schon beim Abendessen hatte ich mich an den hellen Rosa- und Grüntönen satt gesehen. Am darauffolgenden Tag war ich von Laden zu Laden gegangen, hatte mir all die kleinen und großen Auslagen angesehen und mit den Fae geredet, die nicht sofort bei meinem Anblick das Weite gesucht hatten.

Am Nachmittag hatte Maila mich dann gefunden und hatte mir die Speisen und Getränke des Landes nähergebracht. Das Fest am Abend war ein Wirbelwind von Farben und Geräuschen gewesen. Eine solche ausgelassene Freude war berauschend gewesen, doch als ich schließlich in die Ruhe meines Baumhauses gestolpert war, war ich vor Erleichterung beinah auf der Treppe zusammengesunken. Menschen und auch Fae waren einfach anstrengend.

Für heute hatte ich mir vorgenommen, mich in den ruhigeren Teilen des Schlosses umzusehen. Bisher hatte das ganz gut geklappt. Zuerst war ich einem Pfad tiefer in den Wald hineingefolgt, bis das Licht so rot getränkt gewesen war, dass ich kaum etwas anderes hatte erkennen können. Dort war es so still gewesen, dass ich immer wieder den Atem angehalten hatte, aus Angst, etwas oder jemanden zu stören.

Vor wenigen Minuten hatte ich mich dann einem anderen Weg zugewandt. Er war so still wie der letzte, doch fühlte sich die Atmosphäre weitaus friedlicher an. Immer wieder blitzten neugierige Augen aus dem Gebüsch auf oder ein Vogel stimmte seinen Gesang an.

Mit einem kleinen Seufzen genoss ich die Wärme des Lichtes, das durch das dichte Blätterdach fiel und setzte meinen Weg mit langsamen Schritten fort. Ein Weg wie dieser erforderte nicht deine Konzentration. Du musstest nicht einmal nachdenken, einfach folgen und folgen, ohne Ziel, ohne Plan.

Gedankenverloren betrachtete ich eine der Pflanzen, deren dunkelblaue Blüte aus dem Unterholz ragte, als mir etwas ins Auge fiel. Verwirrt blinzelnd drehte ich mich um und betrachtete das Haus, das durch die Blätter eines besonders dicken Baumes kaum zu sehen war. Doch tatsächlich, da stand ein Baumhaus in seiner simpelsten Definition.

Nun doch neugierig sah ich mich prüfend in der Umgebung an, nicht sicher ob ich vielleicht doch einen Pfad übersehen hatte. Doch da war nichts, also heftete ich meinen Blick auf den Boden und trat vorsichtig zwischen die Pflanzen. Zu meiner Überraschung bewegten sich die Pflanzen zur Seite, sobald ich einen Schritt auf sie zu tat, als wüssten sie noch vor mir, was ich tun wollte.

Fasziniert beobachtete ich, wie die einzelnen Blüten wieder mit einem sanften Rascheln an ihren Platz zurückkehrten, als ich einen weiteren Schritt vortrat. Und dann noch einen und noch einen. Als ich mich schließlich von dem Anblick losreißen konnte, stellte ich fest, dass meine Füße mich unterbewusst direkt auf das Haus hingeführt hatten.

Die Lichtung, auf der es stand, war klein, doch vollkommen ausreichend. Im Gegensatz zu den letzten Baumhäusern war dieses hier klassisch, wie ich es kannte. Eine Treppe führte ein paar Meter hinauf auf eine Veranda, die sich um das Haus schlang, welches wiederum um einen dicken Stamm gebaut worden war. Für ein paar Sekunden blickte ich hinauf, in dem Versuch herauszufinden, wie viele Etagen dieses Gebäude hatte. Doch die Wände verloren sich in dem dichten Blätterdach und so gab ich auf.

Stattdessen trat ich vor, bis ich am Fuße der Treppe zum Stehen kam. Doch dort hielt ich inne. Ich wusste nicht, wem das Haus gehörte und wie diese Person reagieren würde, wenn ich sie störte. Doch irgendetwas an dem Haus zog mich an und so straffte ich die Schultern und trat auf die erste Stufe, dann die nächste.

𝚃𝚑𝚎 𝙴𝚖𝚎𝚛𝚊𝚕𝚍 𝚂𝚎𝚊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt