Drysden [11]

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Gedankenverloren drehte ich die kleine Dose in den Händen. Sie war unscheinbar, aus Holz geformt. Die Scharniere waren aus Metall gefertigt worden und ein filigranes Schloss sorgte dafür, dass der Inhalt nicht verloren ging. Mit einem kleinen Seufzen ließ ich den Haken zurückschnappen, dann fiel der Deckel auf.

Der Inhalt war ziemlich unscheinbar: Eine grüne, zähe Masse die, wenn man sie richtig ins Licht hielt, glitzerte. Man sollte meinen, dass so ein bisschen Salbe einem schon keinen Ärger einbringen konnte. Als Baylor plötzlich damit vor mir gestanden hatte, hatte ich auch nicht damit gerechnet, was mir noch für ein Schlamassel bevorstehen würde.

Langsam ließ ich die Schachtel wieder zufallen, bis das Schloss mit einem kleinen Klicken zuschnappte. Dann schloss ich die Augen, das glatte Holz warm in meinen Händen, und ließ die Ereignisse des Vortages Revue passieren, in dem Versuch, herauszufinden, wo ich falsch abgebogen war:

Es war spät und dunkel und ich war müde. Das Essen, das ein schrecklich schlecht gelaunter Fae vorbeigebracht hatte, hatte großartig geschmeckt. Warmes Brot mit Honig, Früchten und süßem Joghurt. Ich hatte es genossen, ebenso wie das Bad, das ich mir davor gegönnt hatte.

Mit dem Schmutz des Tages waren auch die ganzen aufwühlenden Emotionen gewichen, sodass ich nun, in ein bequemes Oberteil und eine weite Hose gehüllt, auf meinem Bett sitzen und durch das schmale Fenster hinausstarren konnte. Denn ich war müde, so müde. Aber an Schlaf war nicht zu denken. Etwas hielt mich davon ab. Vielleicht ja der Mond, der einen dunstig roten Lichtschleier durch die Bäume warf? Er schien beinah zum Greifen nah, als müsste ich mich nur strecken und könnte ihn berühren.

Ein Klopfen riss mich aus meinen Gedanken. Verwundert blinzelte ich, doch da war es erneut, diesmal lauter. Ein wenig träge erhob ich mich, dann tapste ich mit nackten Füßen über das glatte Holz. Als es ein weiteres Mal klopfte, gerade, als ich den ersten Treppenabsatz hinter mich gebracht hatte, kam ich nicht umhin, die Augen zu verdrehen. Wer auch immer zu dieser Stunde noch klopfte, würde sich etwas gedulden müssen.

Am letzten Treppenabsatz hielt ich inne. Wollte ich überhaupt noch jemanden empfangen? Meine Freunde würden sicherlich nur Fragen stellen, auf die ich keine Antworten finden würde. Und ansonsten erwartete ich niemanden.

Mit einem kleinen Kopfschütteln trat ich aber dann doch vor. Es wäre unhöflich, nicht aufzumachen. Und sollte es eine dringende Nachricht sein, dann musste ich mir wenigstens nicht vorwerfen, sie ignoriert zu haben.

Kaum war die Tür aufgeschwungen, hätte ich sie aber am liebsten wieder geschlossen. Laut. Mit einem Knall. Denn niemand geringeres als Baylor blinzelte auf mich herunter. Wie man es schaffte, noch mit erhobenem Arm, mitten in der Bewegung innehaltend, so elegant und zugleich arrogant auszusehen, was mir ein Rätsel. Und zwar eins von der Sorte, auf die ich verzichten konnte.

„Was?"

Meine Stimme klang harscher, als ich beabsichtigt hatte. Aber schuldig konnte ich mich deswegen auch nicht fühlen, besonders nicht, als der Berater eine Augenbraue in die Höhe zog und den Arm senkte.

„Willst du mich nicht hereinbeten?"

Bei dem Tonfall seiner Stimme, so süffisant und selbstherrlich, hätte ich am liebsten zugeschlagen. Stattdessen ballte ich die Hand, die nicht noch immer auf dem Türgriff lag, zur Faust.

„Gute Nacht, Baylor", presste ich schließlich hervor.

Ganz sicher würde ich mir nicht auch noch diese Nacht von dem Fae verderben lassen. Was auch immer ihn hergebracht hatte, würde warten müssen. Also schob ich die Tür zu, bereit, diesen seltsamen Besuch zu vergessen.

𝚃𝚑𝚎 𝙴𝚖𝚎𝚛𝚊𝚕𝚍 𝚂𝚎𝚊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt