Isabel [5]

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Fürst Rikard war mir tausend Mal lieber als diese Hexe Sureda. Nicht nur war er ein eleganterer Mensch, auch wusste er, wie man Schlafzimmer einrichtete. In der Nacht, die wir bei ihm verbrachten, schlief ich wie ein kleines Kind. Am Morgen danach stand ich so erholt wie lange nicht mehr auf. Das Frühstück, das der Fürst uns servieren ließ, auch wenn er abwesend war, war ebenso gut. Stärkend, aber keinesfalls zu mächtig, um es bei sich zu behalten.

Als wir uns wieder auf den Weg machten, war meine Laune besser als in den letzten Tagen. Ich war zuversichtlich, einem guten Tag entgegen zu blicken. Sogar der Anblick von Yan und Cara, die gerade über einen - vermutlich schlechten - Witz lachten, konnte meine gute Stimmung kaum trüben.

Da wir uns im Herzen des Holzfällers befanden, war es angenehm kühl und die Pferde kamen problemlos voran. Nur hin und wieder begegneten uns andere Reisende, meist Leute aus kleinen Walddörfern auf dem Weg zu einem Markt oder Waldarbeiter. Zwar warfen sie unserer Prozession misstrauische Blicke zu, doch wie auch in den letzten Tagen erkannte uns niemand.

Wir legten nur eine kurze Rast ein, als wir auf einen kleinen Bach trafen, der dicht am Weg entlang verlief. Keiner von uns war sonderlich erpicht darauf, einem Räuber mehr Angriffsfläche zu bieten, als unbedingt notwendig war. Deshalb aßen wir schnell eine Kleinigkeit, bevor wir wieder aufsattelten und unseren Weg fortsetzten.

Der Tag neigte sich schneller dem Ende zu, als ich es erwartet hatte, und schon bald trotteten wir durchs Halbdunkel, obwohl meine Taschenuhr mir verriet, dass wir kaum sechs Uhr überschritten hatten. Mit einem besorgten Blick in die Schatten des Waldes zog ich den Umhang, den ich mit Akrobatik aus einer Satteltasche gezogen hatte, enger um mich. Ebenso verspürte ich den Wunsch, die Kapuze des Umhangs über meinen Kopf zu ziehen und mich zu verstecken. Von meiner guten Laune war nichts mehr übrig.

„Wir könnten dort hinten unser Nachtlager aufschlagen."

Andrej deutete mit dem Finger auf eine Lichtung, die durch das Dickicht der umliegenden Bäume und Sträucher kaum auszumachen war. Ohne ihn hätte ich sie glatt übersehen. Gemeinsam mit Yan und Cara blieb ich am Rand des Weges zurück, während Drysden und Andrej absattelten und die Pferde festbanden. Dann machten sie sich daran, die Lichtung auf Spuren von Räubern oder Wildtieren abzusuchen.

Ich ließ meinen Blick währenddessen weiter durch das Geäst schweifen. Pilgrim war ebenso unglücklich mit diesem Ort, denn er tänzelte nervös umher. Selbst Yan und Cara hatten sich dazu bequemt, die Blicke schweifen zu lassen. Als es in den Büschen raschelte, wäre ich beinah aus der Haut gefahren, doch dann sah ich Andrej und, dicht hinter ihm, Drysden aus dem Gebüsch kommen. Ich beobachtete aufmerksam, wie die beiden zu ihren Pferden gingen.

„Wir haben keine offensichtlichen Zeichen gefunden, aber um die Quelle, ein paar Schritte von der Lichtung entfernt, haben wir Fußspuren entdeckt. Sie sind vielleicht ein paar Tage alt und lassen sich nicht eindeutig zuordnen, aber wir sollten nichts riskieren", erklärte Andrej, während er mit seinem eigenen Knoten kämpfte.

„Ihr könnt gerne hierbleiben, dass macht uns nichts aus."

Ich zuckte zusammen, als die Stimme wie aus dem Nichts zu kommen schien. Erschrocken sah ich von Andrej zu der Person, die ein paar Schritte entfernt, auf der gegenüberliegenden Seite des Weges, aus dem Wald trat. Der Mann trug, neben schmutzigen Stiefeln und einem zerschlissenen Mantel, ein Tuch vor dem Gesicht. Als wäre das nicht genug gewesen, hielt er ein langes Messer in der Hand, der einzig gepflegte Gegenstand, der sich in seinem Besitz befand.

Gerade fragte er, die dunklen, gemeinen Augen auf uns gerichtet: „Nicht wahr Jungs? Wir sind großartige Gastgeber."

Hämisches Lachen schien aus dem Wald zu dringen, dann tauchten weitere dunkel gekleidete Gestalten aus dem Wald auf. Sie alle waren vermummt, von überraschend athletischem bis hageren Bau und ebenso schmutzig wie der Mann, der wohl ihr Anführer sein musste. Ich spürte, wie sich mein Magen unangenehm zusammenzog. So viel zum Thema guter Tag.

𝚃𝚑𝚎 𝙴𝚖𝚎𝚛𝚊𝚕𝚍 𝚂𝚎𝚊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt