Yan

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Als ich an diesem Nachmittag in die Privatgemächer des Königs gerufen worden war, hatte ich mit vielem gerechnet. Eine Partie Schach, eine Diskussion über die Geografie Ensomniyas oder eine Buchempfehlung. König Isaya und ich kamen gut miteinander aus, denn ich war einer der wenigen, der die Wahrheit aussprach, selbst wenn das zuweilen gefährlich sein konnte. Das Kabinett hörte nicht gerne Kritik.

Doch womit ich nicht gerechnet hatte, war das tatsächliche Gesuch meines Herrschers gewesen. Gewiss hatte ich von der erdachten Mission gehört und für sie gestimmt, schließlich konnte die Prinzessin mit ihren neugierigen Ohren dadurch vom Kriegsgeschehen ferngehalten werden. Doch dem König gegenüber zu sitzen und zu hören, dass ich ebenfalls für die Mission eingeplant war, war dann doch neu gewesen. Es war kein Geheimnis, dass ich nicht an die Sagen über die Fae glaubte und auch nicht gut mit der Prinzessin umgehen konnte.

Momentan saß ich der Prinzessin gegenüber und beobachtete sie. Ihr Gehirn schien auf Hochtouren zu laufen, um die Information zu verarbeiten, die man ihr vortrug.

„Ihr wollt mich auf eine Suche schicken, die sehr wahrscheinlich sowieso sinnlos ist?"

Sie war also nicht ganz auf den Kopf gefallen. Ich war mir nicht sicher, ob das gut oder schlecht war. Eine kluge Prinzessin konnte nämlich durchaus für noch mehr Chaos sorgen, das wir uns nicht leisten konnten. Prinzessinnen im Allgemeinen waren nicht gerade mein bevorzugter Typ Mensch, doch Prinzessin Isabel? Das Mädchen war nicht nur stürmisch, sondern auch stur wie ein Esel und selbstbewusster als jede andere Frau, die ich bis dato getroffen hatte. Ausgenommen ihrer besten Freundin natürlich, die schaffte es, jeden anderen in den Schatten zu stellen.

„Ihr wollt mich aus dem Kriegsgeschehen raushalten, nicht wahr?"

Zu meiner Überraschung klang sie nicht ausschließlich enttäuscht. Als ich sie genauer unter die Lupe nahm, erkannte ich zu meiner Besorgnis einen Funken Entschlossenheit. König Isaya schien es nicht zu bemerken, denn er beugte sich etwas vor und griff in einer beruhigenden Geste nach der Hand seiner Tochter.

„Du weißt, wie wichtig du mir bist, Isabel. Außerdem sind deine Fähigkeiten besser in eine solche Suche investiert als in die ermüdende Kriegsführung. Denk nur daran: Du wirst das Kommando haben und beweisen können, dass du wie deine Brüder eine geborene Anführerin bist."

Ich lehnte mich etwas auf meinem Stuhl zurück und unterdrückte ein anerkennendes Nicken. Der König wusste, wie man mit Leuten sprechen musste. Und dennoch beunruhigte mich, wie einfach die Prinzessin nachgab und nickte. Ich hatte erwartet, dass sie weniger leicht zu überreden war. Deshalb saß ich schließlich hier: Um eine mögliche Eskalation zu vermeiden.

„Ich habe Bedingungen", erklärte sie nach einigen Momenten, in denen der nächste Gang serviert wurde.

Sie wirkte so selbstbewusst, wie sie sich auf den Tisch lehnte, dass Sorge in mir hochstieg. Ich traute ihr alles zu. Von der Forderung von einer Stellung im Militär bis hin zum Wunsch nach einem Seeungeheuer als Haustier: Prinzessin Isabel war zu allem fähig. Eine der Eigenschaften, die ich am wenigsten an ihr mochte. Denn sie war unberechenbarer als die meisten Menschen und ein Risiko für sich und ihre Umwelt. Warum nur hatte man beschlossen, mich mit dieser Mission zu beauftragen?

„Welche wären das?"

Selbst König Isaya klang vorsichtig. Er kannte seine Tochter sicherlich besser als ich und war mit all ihren Makeln vertraut.

„Ich wähle die Begleiter. Und ich habe das alleinige Kommando, dem sich auch der gute Fürst van Statten fügen muss. Zudem werde ich von dem Dinner mit den Vateranis entbunden."

𝚃𝚑𝚎 𝙴𝚖𝚎𝚛𝚊𝚕𝚍 𝚂𝚎𝚊Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt