Der verletzte Wolf

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Das Wolfsgeheul hört nicht auf. Was hat das zu bedeuten? Ich laufe weiter nervös im Kreis, was mit Krücken sich schwieriger gestaltet. Sascha antwortet mir auch nicht auf mein Rufen.

Vielleicht sind wir doch zu weit weg und das mit der Telepathie funktioniert noch nicht auf diese Distanz. Ich habe keine Ahnung. Aber ich würde es doch spüren, wenn es Sascha nicht gut gehen würde, oder?

Gedankenverloren packe ich mir an die Markierung. Ein warmes beruhigendes Kribbeln geht von Ihr aus. Und es funktioniert tatsächlich. Ich komme etwas runter und beruhige mich allmählich.

Ich setze mich seufzend auf mein Bett und stütze meinen Kopf in meine Hände rein. Ich kann doch nicht hier nur so rumsitzen und nichts tun?

Aber ich kann doch auch nicht einfach dem Wolfsgeheul nachjagen und tappe am Ende noch in eine Falle oder werde angegriffen.

Ich halte es hier nicht mehr aus. Ich ziehe mich an und schleiche mich aus dem Haus, was mit Krücken eine Herausforderung darstellt. Ich habe meiner Oma einen Zettel auf den Tisch gelegt, dass Sie sich keine Sorgen macht.

Im Notfall habe ich mein Handy eingesteckt, aber auf Stumm gestellt. Ich möchte nicht von unerwarteten Klingeltönen auf mich Aufmerksam machen, so wie es in Filmen immer wieder zu sehen ist.

Ich laufe durch das Dorf und gehe direkten Weges Richtung Fluss. Das ist für mich kürzer als hinten durch den Wald. Am Fluss angekommen, folge ich dem, bis zum See.

Was gar nicht so leicht für mich ist. Der Weg ist teilweise richtig steinig und steil. Am See angekommen, suche ich die Stelle, wo Sascha in den See gesprungen ist.

Ich brauche einige Zeit, um den See zu umrunden und die Stelle zu finden, an der Sascha abgesprungen ist. Aber ich habe Sie gefunden. So und nun?

Ich versuche Saschas Pfoten Abdrücke zu finden, damit ich denen Folgen kann. Was sich als schwierig erweist, obwohl Sascha als Wolf doch sehr groß und schwer ist, hinterlässt er fast keine Spur.

Plötzlich schrecke ich auf, ich höre das Wolfsgeheul wieder. Aber es scheint nur ein Wolf zu sein. Mein Herz hämmert mir an die Brust. Angst macht sich bei mir bemerkbar. Ich suche die Gegend ab, doch kann ich leider nichts sehen.

Es ist viel zu dunkel. Ich konzentriere mich wieder vor mir auf Saschas Pfoten Abdrücke. Ich komme an eine Stelle, wo ich auf einmal von vielen Pfoten Abdrücken umgeben bin.

Ist hier ein Rudel Wölfe entlanggekommen? Ist es Saschas Rudel oder ein Fremdes? Was ist, wenn Sascha allein ist? Panik macht sich in mir breit. Wo ist Sascha nur, lebt er noch, oder ist Ihm was passiert?

Fragen über Fragen. Ich versuche sie aus meinem Kopf zu schütteln und mich wieder zu konzentrieren. Ich folge einfach den Spuren weiter.

*** Saschas Sicht ***

Wir sind dem Geruch weiter gefolgt. Nach einiger Zeit dämmert es mir. Der Geruch wird wahrscheinlich eine Falle sein. Ich halte an und auch mein Rudel bleibt stehen. Wir lauschen in die Nacht hinein.

Plötzlich ertönt ein Wolfsgeheul. Wir schauen uns fragend an, doch keiner traut sich was zu sagen, oder zu antworten. Der Wolf trauert, das konnte man hören. Dann ist alles wieder still.

Aber es soll nicht lange still sein. Der Wolf heult wieder auf. Diesmal ist es wegen Schmerzen. Wir bleiben an Ort und Stelle sitzen und lauschen einfach nur. Mein Beta und ich schauen uns nachdenklich an.

* Alpha, ich werde mich ran schleichen und schauen, wo das Geheule herkommt. * gibt Michael mir zu verstehen.

Ich nicke ihm zu und Michael zieht los.

Es dauert nicht lange und der Wolf heult wieder. Wieder hört man nur die Trauer. Warum? Was ist passiert. Hier stimmt was nicht.

Es dauert ziemlich lange, bis Michael wieder zurückkommt. Mein Rudel und ich halten uns in den Büschen versteckt und ruhen uns etwas aus.

Er schüttelt nur den Kopf und schaut mich traurig an.

* Was hast du gesehen? * frage ich nach.

* Ein einsamer Wolf auf einer Lichtung in einer Falle. * sagt er nur.

Jeder weiß, dass man sich von solchen Wölfen fernhalten sollte, ob als Mensch oder als Wolf. Diese Wölfe können als Falle für andere Wölfe dienen.

Sie können aber auch nur einem gegenüber aggressiv werden, bei dem Versuch Sie zu befreien, und einen dabei tödlich verletzen.

Der einsame Wolf heult wieder auf. Es ist immer nur ein Heuler. Mal ist der Heuler traurig, mal schmerzerfüllt.

Ich schicke einen Teil von Rudel los, die Gegend um die Lichtung herum abzusuchen. Ich will wissen, was hier für ein Spiel gespielt wird. Für mich heißt es jetzt erst einmal warten.

Ich lege mich vor ein Gebüsch hin und schließe die Augen, während die anderen wache halten.

Michael setzt sich auf die andere Seite des Gebüschs und lauscht.

* Alpha, kann ich dich was Fragen? * fragt er vorsichtig nach einer Weile.

* Ja was denn? * gebe ich zurück.

* Ich wollte wissen, ob du schon weißt, wann ihr nach Hause kommt? * fragt Michael neugierig.

* Schon bald, Michael. Warum fragst du? * will ich wissen.

* Das Rudel wird langsam unruhig. Sie warten auf Ihren Alpha und wollen die Luna endlich kennen lernen. * seufzt Michael müde.

* Ich verstehe. * nicke ich, obwohl Michael mich nicht sehen kann.

* Wir mussten erstmal Maras Oma alles erklären, und jetzt denke ich, wird es sich nur noch um ein paar Tage handeln, bis wir nach Hause kommen. Ich hoffe für die Luna ist alles vorbereitet? * frage ich nach.

* Natürlich mein Alpha. * antwortet Michael.

* Sehr gut. Ich will, dass sich unsere Luna wohl fühlt. Ihr soll es an nichts fehlen. * erwähne ich mit Nachdruck.

* Eure Ankunft wird perfekt sein, mein Alpha. Ich brauche bitte nur einen Tag im Voraus Bescheid, wann Ihr eintrefft. * bittet Michael.

* Das ist kein Problem Beta. Gibt es sonst noch was, was ich wissen sollte? * hake ich noch nach.

* Nein mein Alpha. Es ist sonst alles in Ordnung. * sagt Michael mit Stolz.

* Sehr gut. Dann werde ich mich jetzt noch ein wenig ausruhen, bis unsere Truppen zurück sind. Weck mich, wenn Sie wieder da sind. * mit diesen Worten lege ich meinen Kopf auf die Pfoten und schließe wieder die Augen.


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Das Mädchen und der Alpha (Band 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt