Kapitel 14: Hochrangiger Besuch

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Anna

Am nächsten Morgen wachte Anna total müde auf. Noch verschlafen blickte sie nach links zu ihrem Wecker. Panisch schrak sie hoch. Wie konnte es nur schon zehn Uhr sein? Sie müsste doch längst im Labor sein. Zumindest war das seit ihrem Start in der Happy N.E.S. Company so gewesen. Es wurde nicht verlangt an einem Samstag zu arbeiten, aber, wenn sie hier Erfolg haben wollte, musste sie sich anstrengen.

In dem Moment klingelte ihr Handy. Als sie auf dem Display Rileys Namen las, musste sie unwillkürlich lächeln. Der gestrige Tag war etwas Außergewöhnliches und Besonderes gewesen.

„Na, auch mal wach?", begrüßte er sie und Anna konnte sein freches Grinsen vor sich sehen.

„Als wenn du schon länger wach wirst", konterte sie lächelnd.

„Auch wieder wahr. Wir gehen gleich frühstücken. Und bevor du nein sagst: Ich bin in fünfzehn Minuten bei dir." Mit den Worten legte er auf und ließ eine verdutzte und sprachlose Anna zurück. Als nach einigen Sekunden die Aussage seiner Worte zu ihr durchdrang, hastete sie aus dem Bett ins Bad. Innerhalb weniger Minuten schaffte sie es zu duschen, Zähne zu putzen, sich anzuziehen und sogar noch minimal Make-up aufzulegen. Sie war gerade dabei ihre Wimpern fertig zu tuschen, als es an ihrer Tür klingelte, die sie wenig einem strahlenden Riley öffnete.

„Hey", sagte er und sah sie auf diese ganz einzigartige Art und Weise an, dass Anna gar nicht anders konnte, als zu lächeln. Doch dann rief sie sich wieder ins Gedächtnis, dass sie schon seit mindestens zwei Stunden im Labor hätte sein müssen.

„Was soll eigentlich diese Idee mit dem Frühstücken? Du weißt doch, dass ich Samstag immer im Labor arbeite. Wenn Evelyn auf mich aufmerksam...", fing sie an.

„Anna. Es wird dir schon nicht schaden, wenn du mal einen Tag nicht da gehst. So leid es mir auch tut, dir das sagen zu müssen, aber sie werden auch mal ohne dich zurechtkommen", unterbrach Riley sie.

„Aber..." Weiter kam sie nicht, da Riley sich zur ihr runter beugte und einen langen Kuss gab.

„Das ist Bestechung", erwiderte Anna lachend danach.

„Allerdings ist deine Idee wirklich süß", gab sie schließlich zu.

„Ich weiß. Wollen wir dann?", fragte er grinsend und griff nach ihrer Hand.

„Lass uns gehen."

„Das ist wirklich lecker. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so gut wie gestern und heute gegessen habe", sagte Anna zwischen zwei Bissen.

Riley hatte sie in eins der nahegelegenen Cafés ausgeführt und für sie beide das „Desayuno en sol para dos" bestellt. Seit es den Menschen wieder besser ging, waren überall die Motive Sonne, Licht, Liebe und Freude zu finden. Mittlerweile waren sie so oft zu finden, dass man meinte, es würde gar keine Probleme mehr geben.

„Ich habe dir doch gesagt, dass dir das gut tun wird", meinte Riley und trank einen Schluck von seinem Kaffee.

„Ja, da hast du..." Annas Handy ließ sie verstummen. Als sie sah, wer sie da anrief, wollte sie es am liebsten weit von sich werfen.

„Es ist Dr. Brown", hauchte sie. Schnell sammelte sie sich wieder und hob ab.

„Anna, wo zur Hölle sind Sie? Warum sind Sie nicht im Labor?! Ich brauche Sie hier jetzt! Kommen Sie sofort hierher." Bevor Anna auch nur den Hauch einer Chance hatte, etwas zu erklären, hatte sie auch schon wieder aufgelegt.

Riley sah sie besorgt an.

„Alles okay?"

„Ich muss sofort ins Labor. Dr. Brown meinte gerade, dass sie mich da braucht und ich sofort kommen soll. Es tut mir leid. Wir sehen uns später", erklärte sie und verabschiedete sich schnell mit einem Kuss.

„Ich bin da." Keuchend kam Anna im Labor an.

„Das wurde aber auch Zeit. Meine Damen und Herren, ich würde Ihnen gerne Anna Scott vorstellen. Sie ist eine unser besten Wissenschaftlerinnen." Dr. Evelyn Brown trat einen Schritt beiseite. Da bemerkte Anna, dass sie nicht alleine waren, sondern zwei Männer und Frauen ebenfalls hier waren. Allerdings hatte sie keine Ahnung, wer sie waren.

„Anna, das sind Mr. und Ms. Nelson, Mr. Garcia und Ms. Jenkins. Sie gehören zu unseren Investoren für den neuen Happiness Plus – Chip. Möchten Sie Ihnen nicht erzählen, welche tollen Fortschritte wir bereits gemacht haben?", wandte Evelyn sich an sie.

Investoren? Fortschritte? Die Situation überforderte Anna komplett. Gerade eben hatte sie noch mit Riley im Café gesessen und jetzt war sie im Labor. Nur mit Dr. Brown hatte sie ja gerechnet, aber Investoren?! Hätte man sie nicht vorwarnen können?

Doch dafür war es jetzt zu spät. Sie setzte ein Lächeln auf, riss sich zusammen und war voll in ihrem Element, als sie zu erzählen anfing.

„Wir machen sehr gute Fortschritte. Die Ausschüttung der Neurotransmitter erfolgt sehr viel präziser, was auch die neuesten Testergebnisse zeigen. Außerdem haben wir die Verbindung zwischen den verschiedenen Hirnregionen und dem Chip deutlich verbessern können."

„Also zeigen die Testpersonen weniger Anzeichen von Nebenwirkungen?", fragte der Herr, der als Mr. Garcia vorgestellt wurde. Seine Frage verwirrte Anna jedoch. Es wurden noch keine Tests an Menschen durchgeführt. Dafür wäre es noch zu früh – auch, wenn die Zeit drängte, da der Veröffentlichkeitstermin des neuen Chips immer näher rückte. Leicht verunsichert schaute sie zu Evelyn.

„Natürlich, Mr. Garcia. Gerade diese Ergebnisse haben sich deutlich verbessert. Außerdem ist Ms. Scott im stetigen Austausch mit unseren Programmierern und Hirnspezialisten", antwortete Dr. Brown und nickte Anna anschließend kaum merklich zu. Doch da Anna schon seit einiger Zeit für sie arbeitete, bemerkte sie es und übernahm wieder.

„Genau. Es entstand nämlich die Idee, dass wir mehrere Messstationen in den Chip einbauen. Dadurch können gleichzeitig die Werte der Amygdala, des Hypothalamus und Hippocampus gemessen werden. Diese Daten werden dann zusammen ausgewertete, wodurch eine genauere Stimulierung der Hirnregionen erfolgen kann. Im Austausch mit unseren Programmierern und Spezialisten für das menschliche Gehirn, ermitteln wir die Höhe der Elektroimpulse", führte sie näher aus.

„Sie wissen aber schon, dass jedes Gehirn anders darauf reagiert?" Diese Zwischenfrage kam von Ms. Nelson, die eher uninteressiert wirkte. Dr. Brown hatte Anna in ihrer Präsentation die gleiche Frage gestellt.

„Natürlich. Zunächst wird auch nur eine Bandbreite ermittelt. Wir führen vor dem Eingriff einiges an Tests mit unseren Kunden durch. Wir fügen noch einen hinzu, um die ideale Stärke der Impulse individuell für jeden Kunden herauszufinden", erwiderte sie.

Die anderen drei nickten diese Antwort ab, während Ms. Nelson sich scheinbar dadurch vorgeführt und persönlich angegriffen fühlte.

„Wirkt der Chip auch gegen Unpünktlichkeit?", giftete sie und erinnerte Anna mit diesem Verhalten eher an die Beliebtheitskriege an einer High-School. Mr. Nelson schien das schon zu kennen, denn er legte ihr nur beruhigend die Hand auf den Arm.

„Wenn Sie mir bitte folgen würden. Die restlichen Details besprechen wir in meinem Büro", ergriff Evelyn das Wort und deutete nach hinten rechts. Die Gäste machten sich auf den Weg. Ehe Evelyn ihnen folgte, wandte sie sich nochmal an Anna.

„Wie konnten Sie nur zu spät kommen? Nach dem Gespräch mit unseren Gästen, kommen Sie sofort in mein Büro!" Damit folgte sie dem Besuch und ließ Anna stehen.

Sie war froh einen Moment für sich zu haben. Was genau war hier gerade passiert? Ihr Zu-Spät-Kommen würde noch ein Nachspiel haben. Dr. Evelyns Tonfall konnte nichts Gutes bedeuten. Außerdem ließ sie die Frage von Mr. Garcia nach den Testpersonen nicht mehr in Ruhe. Was hatte das alles zu bedeuten? Es würden doch nicht etwa an Menschen... nein. Anna schüttelte vehement den Kopf, bevor sie in ihr Labor ging. Es konnte sich nur um ein Missverständnis handeln.

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