Abendessen

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Einige Tage später zog es mich schon wieder auf diesen Hügel. Ich sah Chris nie auf der Arbeit. Er saß im obersten Stockwerk und ich war eine kleine Leuchte, die als Sekretär eine Ausbildung im Haus in der fünften Etagen machte. Was hatte ich mit dem Boss zu tun, außer die Briefe für das ganze Haus zu sortieren. Nichts! Es frustrierte mich immer wieder. Aber es war nicht zu ändern. Ich musste meine Ausbildung vorantreiben und hatte nur so eine Chance im Haus aufzusteigen. Es handelte sich um einen ordentlichen Arbeitgeber, der seinen Mitarbeitern viele Chancen bot. Meine Vorgesetzten waren in Ordnung und meine Kollegen im Regelfall nett. Es machte mir nichts aus, Überstunden zu schieben oder andere auch unbeliebte Tätigkeiten mit zu übernehmen. Ich verhielt mich ruhig und aus allem Ärger heraus. Es interessierte mich nicht wirklich was die Leute für persönliche Probleme hatten. Ich hatte meine eigenen und die waren völlig ausreichend und obssesiv. Seit ein paar Tagen besaß ich ein neues Auto, einen sehr altes klapprigen Toyota Carina. Er hatte locker schon zehn Jahre auf dem Buckel. Aber mit seiner Automatik fuhr er wie eine Biene und er hat mich nur zweitausend Dollar gekostet, also nicht die Welt. Mehr war einfach nicht drin und ohne Auto war man in dieser riesigen Stadt einfach aufgeschmissen. Alles lief hier über das Auto. Überall gab es Drive-inn und keine Gehwege.

Ich freute mich auf meinen ersten Ausflug damit und das ich meinen Moppel Chris – leider nur dem imaginären Chris – vorstellen konnte. Es würde ihn freuen, wenn ich ihn jetzt regelmäßiger und auch sicherer besuchen konnte. Ich grinste in mich hinein und konzentrierte mich wieder auf die Berge an Post, die ich noch den ganzen Vormittag sortieren musste, so dass jede Abteilung dieser riesigen Firma die richtigen Zustellungen erhielten.

Pünktlich gegen fünf Uhr machte ich Schluss und verabschiedete mich fröhlich pfeifend von meinen Kollegen. Dieser riefen mir noch nette Worte hinterher und grinsten. Manche hielten mich verschroben, manche vermuteten, das ich schwul sei, weil ich nie von irgendeinen Mädchengeschichten erzählte.

Es war mir egal. Freudig lächelte ich meinen Carina an und schloss glücklich die Tür auf.

Oben am Hügel fuhr ich langsam an der wahrscheinlich leeren Villa vorbei und schaute, ob die Balkontür offen war, hinter der ich das Schlafzimmer vermutete. Aber ich konnte nichts entdecken und es war noch zu hell um die Beleuchtung genießen zu können. Ich hatte am Seven Eleven angehalten und Hundefutter und mir ein Sandwich mit Pastrami besorgt, die ich an dem schönen Aussichtspunkt im Sonnenuntergang genießen wollte. Ich wusste zwar nicht, ob dieses Vieh wieder auftauchen würde, aber diese Mal wollte ich vorbereitet sein. Nicht, dass ich als Abendessen herhalten musste. Ich grinste vor mich hin. Heute war wirklich ein guter Tag.

So schaute ich in den Sonnenuntergang und genoss die Geräuschkulisse und die Weite dieser Stadt. Es hatte sich nichts geändert. Ich holte meinen kleinen Einkauf aus dem Auto und ließ mich auf dem Stein am Wegesrand nieder und wickelte das Sandwich aus. Genussvoll biss ich hinein und hörte mit einem Mal ein lautes durchdringendes Heulen aus der Schlucht unter mir, welches meine Adern erstarren ließ. Das Essen blieb mir im Hals stecken und ich hustete vor mich hin.

Idiot, dachte ich zu mir selbst und wickelte mein Sandwich zur Sicherheit wieder ein. Es war wahrscheinlich keine besonders gute Idee gewesen, ein Wurstsandwich in die Nähe eines grusligen Wolfes zu bringen.

Stattdessen packte ich das Hundefutter aus und wartete geduldig.

Es dauerte keine zwei Minuten, als mit lautem Krachen und Gehechel, dieses unheimliche dunkelhaarige Biest vor mir auftauchte. Es erschien eben noch weit weg gewesen und schon stand es vor mir. Fast hätte es mich vom Stein gestoßen. Aber das war nicht der Fall, es stoppte genau zehn Zentimeter vor meinem Gesicht und brummte mich laut an.

Ich lächelte unsicher und sprach es an: „Überraschung. Ich hatte schon so etwas vermutet. Daher..."

Ich griff langsam zur Tüte neben mir und holte ein paar Hundekuchen heraus.

Das Tier brummte lauter und legte den Kopf zur Seite.

Ich legte vorsichtig die Hundekuchen auf meiner Seite auf den Stein. Sie in der Hand zu halten erschien mir zu gefährlich. Das Tier schnüffelte daran und brummte erneut.

„Komm, ich habe sie extra für dich mitgebracht. Nun nimm sie schon. Ich habe auch Hunger." und schob die Leckerlies ein Stück nach vorn.

Es kam keine Reaktion. Es schnüffelte erneut an mir und den Hundestücken.

„Ich kann dir sonst nur mein Sandwich anbieten. Sonst habe ich nichts. Das müssen wir uns aber teilen. Ich habe auch noch kein Abendbrot gehabt." Ich wickelte das lange Sandwich aus und riss es auseinander. Erneut legte ich eine Hälfte auf den Stein und biss herzhaft in die andere Hälfte.

Der Wolf jaulte leise und schob seine Schnauze vorsichtig über die Hälfte um daran zu schnuppern, dann griff er mit seinen spitzen Reißern vorsichtig nach dem Sandwich. Ging einen Schritt rückwärts und lies sich auf seine Hinterpfoten herunter und begann das Sandwich langsam zu fressen, ohne mich aus dem Blick zu lassen, während ich gleichfalls vor mich hin kaute.

Also keine Hundekuchen. Das ist ja auch kein Hund dachte ich und lächelte vor mich hin. Während ich genüsslich mein Abendessen verspeiste und der Wolf das Gleiche tat.

Der eisige Hauch des Alphawolfs (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt