Es reicht!

847 51 1
                                    

„Sofie, es reicht. Du wirst diesem Bengel nicht noch bedienen. Er kann herunterkommen, wenn er etwas essen möchte", hörte ich den Alpha durch das Haus brüllen. Während Geschirr überlaut krachend irgendwohin flog und Sofie aufschluchzte.

Meine Tür öffnete sich knarrend und Sofie trat mit roten Augen und dem leeren Tablett ein. Sie zog laut die Nase hoch: „Der Alpha verlangt, dass Du wie alle anderen an den Esstisch kommst, wenn du etwas zum Frühstück haben willst." Sie schaute mich traurig an und zuckte resigniert mit den Schultern.

Seit drei Tagen hatte ich das Glück gehabt keinen außer Sofie in dem großen Haus sehen zu müssen. Aber ich konnte sie nicht ausblenden, da ich sie durch die Verbindung und die hellhörige Tür zur Halle jederzeit hören konnte. Ich hatte sie bei ihren privaten Gesprächen belauschen können. Aber ich wollte keinen treffen. Es war einfach alles zu peinlich. Ich versuchte immer noch in meinen Kopf diese Verbindung zu ordnen und das Rauschen zu unterdrücken, welches ich in meinem Hinterkopf dauerhaft hörte und ich hatte Angst vor der Macht dieses Alphas, welchem ich ohne jegliche Unterstützung durch Joshua oder den anderen einfach ausgeliefert war.

Wer weiß, was ihm sonst noch so einfällt.

Das Schneetreiben draußen hatte sich gelegt und die Sonne schaute tief verhangen über den Horizont hervor. Die Landschaft war strahlend weiß mit vielen Kieferbäumen. Ich selbst saß gemütlich eingewickelt in einer Decke im Ohrensessel am Fenster und durchblätterte gerade ein altes zerfledertes Buch zu Mythen, welches ich im Regal gefunden hatte.

„Gut. Ich komme." Ich wusste, dass ich den Anderen nicht ewig aus dem Weg gehen konnte. Es wussten alle, was passiert war und alle wussten von mir und Chris. Ich konnte meine Gedanken nicht so kontrollieren, wie die Werwölfe, die diese Verbindung bereits seit ihrer Kindheit kannten und in der Lage waren ihre Gedanken für sich zu behalten. Ich hatte diese Verbindung erst seit drei Tagen. Wie sollte ich wissen, wie ich damit umgehen sollte? Wahrscheinlich war ich ein offenes Buch für alle und jeder konnte meine Gedanken ungeniert mithören.

Ich seufzte. Ich würde dem alten Schwein keine Blöße oder Schwäche mehr zeigen. Das konnte er auch gerne wissen. Ich hatte kein Problem damit diesen Gedanken an alle zu senden.

Es hatten sich bereits alle um den großen Tisch versammelt. Als sie mich erblickten, war ihr Verhalten sehr unterschiedlich einige nickten mir freundlich zu, andere schauten abweisend auf ihren noch leeren Teller. Joshua saß neben dem Alpha und wurde rot bis hinter beide Ohren. Er schaute auf seinen noch leeren Teller und drehte unruhig das Speisemesser zwischen den Fingern hin und her.

Verloren stand ich mitten in diesem gefühlskalten Saal voller Menschen. Ich konnte verstehen, dass sie keine Stellung beziehen wollten. Keiner wusste, wo das hier enden würde.

Der alte Alpha schaute mich an und wies auf den Platz neben Sofie: „Wir warten bereits seit zehn Minuten auf dich. Wir beginnen immer gegen sechs Uhr mit dem Abendessen. Mittag gibt es um ein Uhr und Frühstück gegen acht. Da du jetzt Teil der Gemeinschaft bist kannst du hier nicht nur herumsitzen. Jeder muss seinen Teil beitragen. Da ich deine Kenntnis noch nicht einordnen kann, wirst du die Küchencrew unterstützten und den Abwasch übernehmen."

Ergeben senkte ich mein Haupt und ging zum zugewiesenen Platz. Er hatte Recht, ich konnte nicht nur herumsitzen., schließlich war ich wieder Gesund und jeder hatte seine Kraft mit mir geteilt. Bei so einem großen Anwesen und so vielen Personen musste immer etwas erledigt werden. Ich konnte froh sein, dass der Alte mich nicht für die Reinigung der Toiletten eingeteilt hatte.

„Ja, du hast Recht. Du kannst froh sein, dass du die Toiletten nicht reinigen musst. Aber wir können das gerne ändern. Für dich bin ich der Alpha oder du kannst mich beim Namen nennen wenn du willst."

Überrascht schaute ich ihn an. So funktionierte also Gedankenkontrolle und ich hatte keinerlei gedankliche Freiheiten mehr. Er hörte einfach alles mit. Welch eine grauenvolle Situation!

„Sofie wird dir beibringen, wie du deine Gedanken für dich behalten kannst. Wenn jeder so Nachrichten in die Welt schickt wie du, wird es für alle sehr anstrengend mit der Zeit, zumal dieses ‚Negativ -Verbitterte' hier nicht einziehen sollte. Wir sind eine gut funktionierende Gemeinschaft!! Er lächelte wissend in die Gruppe, während die anderen stumm zurückhaltend an Tisch saßen.

Ich schaute auf meinen Teller und versuchte mein Gehirn zu leeren, was mir in solch einer Situation wirklich schwerfiel. Sofie tätschelte meine Hand und ich nickte ihr traurig zu.

Die Kartoffeln wurden herumgereicht und für jeden gab es ein großes Stück noch ziemlich blutiges Steak, welches mich erstarren lies. Ich hasste blutiges Fleisch. Ich war kein Wolf und würde nie einer werden. Mich sprachen rohe Fleischstücke nicht an. Also blieben für mich nur die Kartoffeln. Lustlos pickte ich hinein. Gemüse war hier nicht vorgesehen.

„Wir werden für dich keine Ausnahme machen. Du hast dir ein Rudeldasein ausgesucht. Also musst du als Mensch mit diesen, höfflich ausgedrückt, Umständen leben. Außerdem haben wir Winter, da ist die Auswahl an Lebensmitteln beschränkt", brummte der Alpha kauend in sein Fleisch hinein.

Ich nickte niedergeschlagen.

Die Gespräche am Tisch richteten sich hauptsächlich um Alltäglichkeiten. Eine Wasserleitung musste repariert werden und der Küchendienst für nächste Woche musste organisiert werden. Mäuse waren im Lager für das Korn entdeckt worden und die Rinder hatten irgendeine Krankheit. Sofie wollte die Bieber Fallen kontrollieren und suchte jemanden der sie begleitete. Hierfür fand sich Joshua, der wahrscheinlich froh war, das Haus verlassen zu können und mir und den Alten nicht unter die Augen treten zu müssen.

Mit einem Mal wurde unter den Wölfen geflüstert. 

Joshua sprang aufgeregt auf. 

Der Alpha hörte auf zu essen und erstarrte in seinen Bewegungen, als würde er lauschen.

Ich schaute sie überrascht an. Das innere Stimmengewirr war laut in meinem Kopf und völlig durcheinander.

„Joshua, setz dich. Wir sind mit dem Essen nicht fertig!" donnerte die befehlsgewohnte Stimme des Alpha wütend durch den Raum.

Joshua setzte sich unterwürfig: „Aber..."

Der eisige Hauch des Alphawolfs (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt