Chris

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„Nikolas, Nikolas!", schrie ich laut und schüttelte seinen leblosen kalten nackten Körper. Sein Kopf hing seitlich herunter. 

Ich griff danach und stabilisierte ihn mit einer Hand.

Scheiße.

Ich wusste, dass das schief gehen würde. Mir kamen die Tränen. „Nikolas, tu mir das nicht an. Verlass mich jetzt nicht." Ich drückte ihn fest an mich und lauschte auf seinen zu langsamen Herzschlag. Ich versuchte seinen Atem zu hören. Es kam kaum etwas aus seinem Mund. 

Was hatte ich Idiot da angestellt! Er atmete kaum noch. 

Mehrmals blies ich langsam Luft in seine Lungen und wartete aufgelöst.

Nichts half.

Ich hatte es doch besser gewusst! Ich hatte mich verführen lassen. Ich hatte dies zugelassen. Die Tränen liefen über mein bereits geschwollenes Gesicht. Der Wolf in mir war entsetzt. Sein geliebtes Spielzeug, wieso sah es so aus?

Sanft strich ich Nikolas über die blassen Wangen. Seine Lippen waren leicht bläulich. Er musste ins Krankenhaus.

„Rezeption. Hier Suite 10020 ich brauche einen Krankenwagen und den Notarzt.... Wahrscheinlich Herzversagen. Jedenfalls Sauerstoffmangel, sofort... Ich warte."

„James, hier Chris. Nikolas hatte einen Unfall. Er ist bei mir in der Suite... Ja, ich bin Schuld. Ich habe mich verführen lassen.... Bitte klär das mit der Suite und unseren Sachen... 10020 Westin."

Ich warf das Handy auf das Bett und rannte der Zwischenzeit ins Bad, um einen nassen Lappen zu holen. Schnell wusch ich Nikolas ab und zog ihm einen Bademantel über. Er hing in meinen Armen wie eine nasse leblose Puppe. Alle bereitgestellten Utensilien warf ich in die Schublade und zog mich schnell an. Nikolas wickelte ich die warme Decke und versuchte ihn mit meiner Hitze warm zu halten.

Mit einem Mal ging alles sehr schnell. Es piepte laut. Die Türen zur Suite wurden geöffnet und zwei in diskret dunklen Overalls gekleidete Sanitäter kamen mit einer Rollliege hereingefahren. Hinter ihnen ging ein etwas gedrungener dicker Mann im dunkelblauen Anzug und einer schweren alten ledernen Arzttasche.

Er sank neben Nikolas auf die Knie und holte sein Stethoskop heraus, um ihn abzuhören. Dabei verzog er keine Miene. Er war absolut professionell, was man in einem solchen Hotel auch erwarten konnte. „Hatte er irgendwelche Vorerkrankungen, Verletzungen oder einen Herzfehler?"

„Nicht, dass ich wüsste.", antwortete ich atemlos.

Der gedrungene Mann gab den Sanitätern einen Befehl und dieser griff zu einem kleinen Gerät unter der Liege und zogen es hervor.  Dann öffnete er den Bademantel von Nikolas und klebte kleine Pads auf seine Brust, die er mit dem Gerät verband. Alles ging sehr schnell. Mit einem Mal erklang ein kurzes hektisches Piepen im Raum.  Kurze Pause und wieder ein erneutes überlautes Piepen, welches mich unheimlich nervös machte. Unruhig begann ich im Raum hin und her zu gehen.

Ich hörte den Arzt kurz aufatmen. „Gut. Langsam, aber gleichmäßig. Kein Herzinfarkt. Wir müssen mehrere Test machen, um zu sehen woran es liegt. Hatte er so etwas schon öfter?", schaute mich er fragend an. Aber da war kein vorwurfsvoller Blick oder irgendetwas anderes, obwohl er sich bestimmt seinen Teil dachte. Er schaute absolut professionell neutral. Er wusste wofür er bezahlt wurde. Er war ein Cleaner. Es konnte ihn im Einsatz alles erwarten. Von einer Schusswunde bis zu einer Stichwunde. Wenn diese Leute gerufen wurden, dann war nie klar, was geschehen war. Aber es waren immer Dinge, die entlang der Legalität waren und sie räumten hinterher alles auf, so dass keinen Spuren zurückblieben.

Ich war im Moment dankbar, dass es diesen Service in Los Angeles gab. Sie hatten die besten Ärzte der Stadt in ihrem Netzwerk und die beste Klinik des Landes unter sich und sie wollten nie wissen, wer man war. Es wurde dementsprechend alles bar gehandhabt.

Er schaute mich immer noch abwartend an.

Ich schüttelte den Kopf: „Ich kann leider nicht sagen, was es war. Als ich wach wurde, lag er mit blauen Lippen neben mir. Einfach ohnmächtig und er atmete kaum. Ich habe ihm Luft in die Lunge geblasen, aber keine Herzdruckmassage vorgenommen, da ich seinen Herzschlag gehört hatte."

Der Arzt nickte, während er sich vom Wagen ein Sauerstoffgerät geben lies und Nikolas die Maske über sein bleiches wächsernes Gesicht zog und im Nacken befestigte. „Kommen Sie mit, oder kommen Sie nach?"

„Ich komme auf jeden Fall mit."

Er nickte und gab Befehle. Anschließend telefonierte er kurz. 

Nikolas wurde fest in die Decke eingeschlagen und auf die Liege gelegt. Der Arzt legte in seinen linken Arm einen Zugang und eine durchsichtige Flüssigkeit wurde ihm zugeführt.

Tief brummend, hörte ich einen Hubschrauber auf dem Dach landen.

„Nehmen Sie ihren Mantel und folgen Sie mir. Wir nehmen den Hubschrauber. Das geht schneller. Alles andere wird erledigt. Persönliche Dinge werden nachgeliefert. Keine Sorge, dass ist nicht unser erster Einsatz."

Ich nickte ihm dankbar zu. Mein Gehirn war wie leergefegt, so sehr machte ich mir Vorwürfe. Ich wusste vorher, was geschehen konnte und trotzdem hatte ich es zugelassen. Wie egoistisch von mir. Wie dumm. Wie konnte ich meinen Gefühlen nur so nachgeben?

Ich folgte Nikolas, der jetzt an verschiedenen medizinischen Geräten zur Überwachung angeschlossen war, in den Fahrstuhl, der bereits von zwei weiteren Männern in dunklen Overalls mit Atemmasken offengehalten wurde.

Auf dem windigen Dach rannten die Sanitäter auf den schwarzen Hubschrauber zu, der wie eine riesige dunkle Hummel mit rotierenden Rotorblättern bereitstand und laut vor sich hin wummerte. Nikolas wurde mitsamt der Liege in den hinteren Teil verladen. Der Arzt folgte ihm und setzte sich neben ihn, während ich mit wehenden Mantel vorn einstieg und mich in die weichen hellbraunen Sitze niederließ, die man von einem VIP Robinson Hubschrauber erwarten konnte. Ich setzte mir das bereitgehaltene Sennheiser Headset auf und konnte den Weisungen des Piloten zum Start und die Freigabe der Flugsicherung vom Los Angeles Airport mit verfolgen.

Alles geschah in einem Atemzug.

Genießen konnte ich den Flug nicht, obwohl unter mir die Stadt in allen Farben wunderschön leuchtete. Viel zu sehr machte ich mir Gedanken um Nikolas. Mein Wolf tobte innerlich. Ich war Schuld und hatte Nikolas mit hineingerissen, obwohl ich es hätte besser wissen müssen. Schuldbewusst und traurig ließ ich den Kopf hängen.


Der eisige Hauch des Alphawolfs (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt