#18 Klavierunterricht✔︎

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Wir saßen gerade im Deutschunterricht. Oder war es Englisch? Naja, egal. Ich war schon den ganzen Tag mit meinen Gedanken woanders. Ottokar hatte mich gestern nochmal angerufen und wir hatten lange nicht mehr so viel gelacht. Schmunzelnd dachte ich an sein Gesicht, als er mir mehr von dem neuen Grafen erzählte, der übrigens Kuno hieß. Seinen Erzählungen nach zu beurteilen, war es ein ziemlich schräger Typ. Das konnte kein gutes Zeichen für die Burg sein.

"Tahlia?", meine Lehrerin holte mich aus meinen Gedanken. Ich schaute auf. Scheiße. Ich hatte nicht aufgepasst. Hatte sie mich was gefragt? "Hm?" Die ganze Klasse fing an zu lachen. Vielen Dank. Die Lehrerin seufzte. Einmal passte ich nicht auf und sie war bereits so genervt?

"Ich habe dich gefragt, was dein Lieblingsbuch ist", solche Fragen stellte sie? "Ehm, Rubinrot", erzählte ich Frau Lecher. Sie nickte. "Gut, dann hälst du über 'Rubinrot' einen Vortrag", sagte sie und schaute zur Schülerin neben mir. "Was ist dein Lieblingsbuch?"

Ich drehte mich zu Bea, die hinter mir saß. Sie schenkte mir ein Grinsen. "Ottokar?", fragte sie sehr laut. Zu laut. Ich drehte mich so schnell, wie möglich um, denn der Fokus unserer Klasse lag jetzt auf uns beiden. "Ottokar? Über was redet ihr denn da?", stieß die Deutschlehrerin leicht gereizt hervor. "Wen", verbesserte Inga sie und ich wollte meiner Freundin den Hals umdrehen. Nun schauten alle neugierig zu ihr. Ich warf ihr einen 'musste-das-denn-jetzt-wirklich-sein' Blick zu. Auch sie fing an zu grinsen. Unglaublich.

"Über wen redet ihr?", die Lehrerin betonte das 'wen' besonders und drehte sich wieder zu mir und Bea. "Ach- ehm..nur- nur ein Freund aus Schreckenstein", stammelte ich und konnte ihr nicht in die Augen schauen. "Könnt ihr das später bereden?", sie schaute wieder zu dem Mädchen neben mir und fuhr mit dem Unterricht fort. Ich würde Bea und Inga umbringen.

"Nur ein Freund? Sicher?", provozierte mich Bea auf dem Weg zu Musik. "Du weißt doch genau, dass er mein Freund ist!", meckerte ich, "das war echt peinlich." Inga ließ ihr Buch fallen und ich unterdrückte den Drang draufzutreten. "Ach, das war doch nur ein kleiner Scherz", sagte sie, während sie es aufhob. Da hatte ihr Buch nochmal Glück gehabt.

Wir betraten das Klassenzimmer. "Ja schön, aber ich will nicht, dass es jeder auf dieser Schule weiß!", zischte ich. "Tahlia, an das Klavier!", krähte die Horn. Warum nur heute? Ich lief zu dem Instrument und ließ meine Tasche auf den Boden fallen. "Ich darf doch bitten! Stell deine Tasche ordentlich hin." Genervt bückte ich mich zu dem schwarzen Rucksack und lehnte ihn 'ordentlich' an dem Klavier an. Diese Frau würde mich noch ins Grab bringen. Es war als hätte sie eine Antenne für Schülerinnen, die gerade nicht gut gelaunt waren und trat dann nochmal in die Wunde.

"Gut. Romantisches Concertino", befahl sie mir. Ich musste mir nicht einmal die Noten bereit legen. Die Horn zwang mich, warum auch immer, seit zwei Wochen das Stück zu spielen. Täglich. Ich legte meine Hand flach auf das Klavier und drückte die erste Note. "Halt!", schrie die Direktorin und ich konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie ein paar Mädchen zusammenzuckten, "gerader Rücken und achte auf deine Hände, Kind." Wäre sie nicht die Direktorin von Rosenfels, hätte ich diese Hexe schon längst aus dem Fenster geschmissen.

Ich setzte mich gerade hin und veränderte meine Handstellung. Die Horn nickte zufrieden und hielt endlich die Klappe. Ich fing an zu spielen.

Alle applaudierten. "Bravo!", rief die Horn durch den Raum und es wurde wieder leise. "Ich darf dir nun mit Freude mitteilen, dass du am Abschlussfest der Kappelseespiele mit Burg Schreckenstein, dieses Stück spielen darfst. Ich erwarte dich diese Woche zu Einzelstunden. Jeden Tag um 15 Uhr", plapperte sie. Na toll. Alle applaudierten wieder und ich plante schon meine Flucht. Ich setzte ein Lächeln auf. 

"Okay, alle wieder an die Arbeit. Tahlia, du kannst gleich sitzen bleiben und dir ein paar Änderungen für das Stück überlegen." Ich hasste diesen Tag.

Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. "Die hat doch was gegen mich!", jammerte ich. "Bei sowas hast du halt immer Pech..", murmelte Alina. "Dankeschön." Ich setzte mich wieder auf und stützte mich auf meinen Armen ab. "Ich will kein Einzelunterricht bei der Hexe", meine Freundinnen sahen mich mitleidig an. 

"Sieh es doch mal positiv", fing Bea an und ich blickte sie verwirrt an, "du spielst auch vor Schreckenstein." "Das heißt?", fragte ich immernoch verwundert. "Na, du kannst die Jungs beeindrucken", schaltete sich Inga ein. "Die wissen doch, dass ich Klavier spiele.." "Ja, aber sie haben dich noch nie spielen hören! Und du wirst ein schönes Kleid anziehen." Ich zog eine Braue hoch. "Ach komm. Wir wissen, dass du die Idee liebst", bemerkte Alina. "Nagut", antwortete ich zögerlich und ein Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht.

"Wir haben gehört, du wirst uns beim Fest was vorspielen!", kreischte Walze aufgeregt. Die anderen Jungs nickten. "Ja und die Hexe zwingt mich jeden Tag zu ihr zu kommen, wegen Einzelstunden", beschwerte ich mich. Die Jungs prusteten los. "Alter, du Opfer", sagte Stephan. 

"Man! Reitet doch nicht noch auf der Wunde rum!", zischte ich. Sie wurden wieder still. "Heute bist du ja gut drauf", scherzte Strehlau. "Sie hat wegen Ottokar Ärger bekommen!", schrie Bea, die es heute auf mich abgesehen hatte, von ihrem Bett aus. "Halt die Klappe!", schoss ich zurück. Ich wollte diese Geschichte auf keinen Fall erzählen. "Ich habe nur Ärger bekommen, weil du seinen Namen rumschreien musstest!", zischte ich.

"Hä? Warum hast du wegen mir Ärger bekommen?", wollte Ottokar etwas ängstlich wissen. Ich versuchte mir so schnell, wie möglich eine Ausrede in meinem Kopf zusammen zu reimen. "Sie hat während Deutsch an dich gedacht und nicht bemerkt, wie die Lehrerin ihr eine Frage gestellt hat", antwortete Inga für mich. Dankeschön. Die Jungs brachen wieder in Gelächter aus. "Warum müsst ihr immer alles hundert mal schlimmer machen?", fragte ich die Mädels genervt. Sie grinsten. "Unsere Gabe", sagten sie alle gleichzeitig. Gruselig. "Tolle Gabe..", gab ich zurück.

"Gibt es bei euch was Neues?", ich blickte wieder auf mein Handy. Alle überlegten kurz. Etwas zu lange, wenn ihr mich fragt. "Hallo?", fragte nach. "Ehm..ne. Alles beim Alten", stotterte Mücke. "Ihr verheimlicht mir was", stellte ich fest. "Nein! Glaub uns. Alles passt", schrie Walze, der sichtlich überfordert war. "Falls ihr mir doch was verheimlicht, werde ich dahinter kommen", drohte ich ihnen. Sie blieben still.

"Tahlia, was ist die Wurzel aus 625?", wollte Alina jetzt wissen. "25", gab ich keine Sekunde später zurück. "Und aus 196?" "14." "Die ist ein lebender Taschenrechner", meinte Stephan. "Das fällt dir erst jetzt auf?", erkundigte sich Ottokar.

"Sie hat mal ein paar Wurzeln auswendig gelernt", erzählte Bea, "hat ein ganzes Wochenende eingenommen, aber jetzt ist sie natürlich weit im Vorteil." Ich musste schmunzeln. "Ich glaube ich lasse euch einfach mit Bea telefonieren. Die erzählt euch sowieso alles über mich." "Aber du bist doch unser allerliebstes Lieblingsmädchen", gab Walze gespielt traurig zurück und ich fing an zu grinsen. Bea tat so, als hätte jemand einen Pfeil durch ihr Herz gejagt. Idioten.

Ich hoffe ihr findet das Kapitel gut :) Der nächste Teil kommt wieder morgen Nachmittag!! Habt alle einen schönen Tag. Byee

- Eli

Tahlia auf Burg SchreckensteinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt