#32 Das Holzstück

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Ich betrete das Zimmer und verziehe vor Schmerzen mein Gesicht. Ich warte kurz und lausche, ob mein Onkel draußen rumläuft, aber es ist still. Mein Herz klopft wie verrückt und ich knipse das Licht an. Als erstes wird Stephan wach. "Was zum-" "Pscht! Nicht so laut", flüster-schreie ich. "Was machst du denn?", flüstert er zurück. "Lass uns warten, bis die anderen wach sind." Er nickt verwirrt. Ich humple zu Ottokar's Bett und rüttel ihn wach. Stephan tut das selbe bei Walze. Jetzt sitzen wir alle wach in unseren Betten. "Ehm also..ich habe vielleicht Scheiße gebaut", fange ich an zu erzählen. Die Jungs ziehen die Luft ein. "Inwiefern 'Scheiße gebaut'?", fragt Stephan, "müssen wir für dich was ausbügeln?" Sofort schüttel ich den Kopf. "Um Gottes Willen. Nein. Ich konnte nicht schlafen und wollte Klavierspielen gehen-" "Warte!", Walze fällt mir ins Wort und ich schaue ihn unruhig an, "willst du mir sagen, dass du nicht schlafen konntest und Klavier spielen wolltest? Mitten in der Nacht?!" Ich schaue unschuldig an die Decke. "Vielleicht.." "Ich glaub's ja nicht!" Ich seufze. "Naja, aufjedenfall bin ich an diesem Holzteil angekommen, das bei meinem Onkel vor der Tür ist", erzähle ich weiter, "wer ist eigentlich auf diese bescheuerte Idee gekommen?" Die Jungs zucken mit den Schultern. "Der Kack ist uns auch schon oft zum Verhängnis geworden", meint Ottokar. "Ich wollte halt einfach drüberlaufen, bin dann in einen Splitter getreten und habe aufgeschrien. Dann habe ich mich so schnell es geht aus dem Staub gemacht." Die Schreckensteiner schauen mich entgeistert an.

"Aua!", schreie ich. Ottokar schüttelt den Kopf. "Warum machst du so etwas überhaupt?!" "Ich konnte nicht schlafen habe ich schon gesagt!", gebe ich wütend von mir und versuche weiter das Ding aus meinem Fuß zu ziehen. "Oh oh. Streit im Paradies", meint Stephan belustigt. "Halt die Klappe! Als Paar darf man sich auch mal streiten. Das ist erlaubt, zudem ist das kein Streit." "Kann mal einer die Romanfunktion ausstellen, bitte?", Walze blickt sich im Raum um. "Was ist eigentlich mit dem Rex", will er dann wissen. "Ich glaube der schläft. Also ich habe nicht gehört, wie er mir hinterher ist", erzähle ich. "Gut. Das ist gut. Und in Zukunft", er beugt sich so zu mir runter, dass wir auf gleicher Augenhöhe sind, "lässt du solche nächtlichen Spaziergänge. Zumindest ohne einen von uns." "Ja Mama", entgegne ich ihm unschuldig. Stephan prustet los. Ich schüttel nur den Kopf.

Für andere müssen wir so eine komische Gruppe sein. Ich meine, ich kann jeden verstehen, der so denkt, aber ich liebe es Teil dieser Gruppe zu sein. Diese Idioten bedeuten mir einfach alles und ich kann mir gar nicht mehr vorstellen ohne sie zu leben. Wenn ich an mein Leben vor Schreckenstein und ohne sie denke, bemerke ich wie einsam ich war. Bücher und Schule waren mein Leben. Ja, ich mochte die Schule. Zumindest konnte ich dort für einige Stunden meinem Leben 'zuhause' entkommen. Zuhause gefühlt habe ich mich dort noch nie. Es war einfach meine Unterkunft und meine Mutter, die war aus oder hat gearbeitet. Ein bisschen bin ich schon froh sie nicht mehr sehen zu müssen. Bei den Gedanken an meine Mutter geht meine Laune sofort wieder in den Keller.

"Alles gut, Tahlia?", Ottokar holt mich aus meinen Gedanken. Er mustert mich besorgt. "Oh- ehm..klar." Ich setze ein Lächeln auf. An seinem Gesichtsausdruck kann ich erkennen, dass er mir nicht glaubt. "Wirklich?", hakt er nach. Es ist irgendwie süß von ihm, aber ich will nicht, dass er sich unnötig Sorgen macht. "Ich habe nur ein wenig nachgedacht..", ich schaue wieder auf meinen Fuß und nehme erneut den Kampf mit dem Splitter auf. Ich presse die Zähne zusammen. "Endlich!", rufe ich und halte den Übeltäter in die Luft. "Juhu! Ab ins Bett!", Walze schmeißt sich auf sein Bett und ist sofort weg. Auch wir anderen legen uns wieder schlafen. Ottokar zieht mich eng zu sich. "Gute Nacht", flüstere ich und vergrabe mein Gesicht in seinem T-Shirt. "Gute Nacht", ich spüre, wie er mir einen Kuss auf den Kopf gibt. Schmunzelnd schlafe ich ein.

"Habt ihr heute Nacht auch etwas gehört? Ich meine jemanden schreien gehört zu haben", erzählt mein Onkel beim Frühstück, "Als ich dann raus bin war niemand da." Die Jungs und ich schauen uns geschockt an. "War sicher nur Einbildung", entgegne ich meinem Onkel und versuche so gelassen, wie möglich zu wirken. "Hmm, ja. Ich denke du hast recht", erleichtert atmen wir auf. Dieser Mann hört echt alles.

Ich ziehe mein weißes Top aus und lege es auf den Stuhl. Dann laufe ich zu meinem Schrank und schnappe mir ein dunkelbraunes T-Shirt mit einer Spinne drauf und eine beige Jeans. Fertig angezogen schnappe ich mir das Buch 'Das Bildnis des Dorian Gray' und werfe mich auf Ottokar's Bett. Die Jungs sind  in der Folterkammer und planen irgendein Date für Inga und Walze oder so. Sie wollten mich ausdrücklich nicht dabei haben. Ein wenig gekränkt hat es mich schon, aber ich kann endlich wieder lesen. Das hatte ich schon lange vor. Nach etwa hundert Seiten wird auch schon wieder die Tür aufgerissen und meine lieblings Boygroup betritt das Zimmer. Sofort fallen ihre Blicke auf mich. "Oscar Wilde? Ernsthaft?", Stephan mustert mich skeptisch. "Sag ja nichts falsches über ihn! Er ist ein hervorragender Schriftsteller und außerdem bezweifle ich, dass du jemals ein Buch von ihm in der Hand hattest", schieße ich zurück. "Gehen die Sätze in seinen Büchern nicht immer über mehrere Zeilen und enthalten endlos viele Kommas??", ich schaue zu Ottokar. "Ja, richtig. Dazu muss man aber sagen, dass man dadurch sehr viele Nebeninfos erhält, was das Lesen noch spannender macht." Die Jungs schauen sich verstört an. "Seit wann spricht die so?", fragt Walze. "Das ist jetzt echt gruselig", entgegnet Stephan. Ich muss auflachen. Ottokar legt sich neben mich und schmiegt sich an mich. Ich fange an zu grinsen. "Hast du mich so vermisst?", eifrig nickt er mit dem Kopf, bevor auch er anfängt zu grinsen.

Es tut mir sehr leid. Ich kann nicht versprechen jeden Tag ein neues Kapitel zu posten, da ich momentan wieder viel für die Schule lernen muss. Also nehmt es mir nicht übel wenn sogar mal eine ganze Woche nichts kommt. Ich werde diese Story auf keinen Fall ohne Ende abbrechen, aber warscheinlich werden es nicht mehr viele Kapitel sein. Ich hoffe, dass euch dieser Teil trotzdem gefallen hat und ihr beim nächsten wieder am Start seid <3 Bye!

Tahlia auf Burg SchreckensteinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt