Sternschnuppe

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,,Also schlafen, würde ich das jetzt nicht nennen, es klang eher so, als hättest du einen Wald abholzen wollen'', beantwortete der Clown Alices Frage, die sie ihm zuvor gestellt hatte.

,,Wirklich?'', sie zog eine Grimasse, ,,war es so schlimm?''

,,Nun, wenn du mein Trommelfell und das Aller, in einem Umkreis von fünfzehn Meilen zerstören wolltest, dann hast du das jetzt geschafft.''

Die junge Therapeutin war ziemlich verlegen. Ja, Tomatenrot, das war das Wort, das ihre Gesichtsfarbe momentan am allerbesten beschrieb. Es stimmte natürlich nicht, so schlimm war es gar nicht gewesen, aber es amüsierten ihn, ihre Reaktion zu sehen.

,,Sie flunkern mich an, oder?'', fragte sie nach kürzer Überlegung, verengte ihre Augenlider zu Schlitzen, um ihm zu zeigen, wie misstrauisch sie war.

,,Ich?'', der Joker fasste sich theatralisch an die Brust. ,,So etwas würde ich doch niemals tun. Alice, also wirklich, was denkst du nur von mir? Wie kannst du mich nur so kränken?'' Die junge Frau, gab sich wirklich Mühe ernst zu bleiben, scheiterte jedoch und begann zu kichern. Ihr Lächeln gefiel ihm, beinahe noch besser, als ihre Wut.

Aber nur beinahe.

,,Es ist schön hier mit Ihnen zu sitzen und mal eine normale'', sie betone das Wort mit der Darstellung, imaginärer Gänsefüßchen, ,,Unterhaltung zu führen. Wenn Sie nicht gerade darauf aus sind, Chaos zu stiften, muss ich gestehen, dass Sie sogar einen gewissen verdrehten Charme besitzen.''

Dieses Mal war der Joker derjenige, der lachte. Doch seins war tausendmal grausamer, als jeder andere Ton, der jemals in ihrem Ohr erklungen wäre. Als er nun seine Hand nach ihr ausstreckte, umfasste er ihren schmalen Hals und drückte sie erbarmungslos in das Gras nieder.

,,Ich denke, es ist langsam an der Zeit, ein paar Kleinigkeiten klar zustellen, kleine Alice. Ich bin nicht wie die Anderen hier, die du um deinen kleinen Finger gewickelt hast. Ich bin nicht Nigma, der dich anhimmelt, als wäre er ein verliebter Jüngling und du seine auserwählte Maid. Ich bin nicht Ivy, die Blümchen in dein Haar steckt, und mit dir über Weiberkram quatscht. Ich bin nicht Croc, der wie ein Schoßhündchen neben dir herläuft. Ich bin ein Mann, der dich töten kann und wird, wenn er die Lust dazu verspürt. Bis jetzt hattest du Glück, du warst unterhaltsam genug. Aber ich gebe dir einen gut gemeinten Rat, Schätzchen: Vergiss niemals, mit wem du hier sprichst.''

Ihre rosigen Lippen öffneten sich, doch noch drang kein Ton hervor, nicht weil sie es nicht konnte, sein Griff war locker genug, nein, sie schien über seine Worte sorgfältig nachzudenken, bevor sie antwortete.

,,Nein, sie haben vollkommen Recht'', sagte sie, mit einem zarten Lächeln auf den Lippen. ,,Sie sind anders, als alles, was ich kenne. Sie sind so unglaublich faszinierend und beängstigend, zugleich. Ich bin noch nie einem Menschen, wie Ihnen begegnet'', seine dunklen Augen, folgten ihrer Hand, die sich langsam auf ihn zubewegte und schließlich sanft seine Narbe berührte.

,,Sie faszinieren mich auf eine ganz eigenartige, sonderbare Weise. Verstehen Sie mich nicht falsch: Es sind bestimmt nicht ihre grausamen Taten, nicht der Joker an sich, das was er verkörpert, sondern Ihre Intelligenz, Ihr Verstand, Ihr ganzes Wesen. Bedeutet das jetzt, dass ich verrückt bin? Das ich sonderbar bin? Seist drum!'', meinte sie fröhlich kichernd. ,,Es ist mir egal, was alle anderen denken. Es interessiert mich nicht im Geringsten. Solange ich zufrieden bin, soll der ganze Rest, glauben was er möchte. Ich bin, wer ich bin. Und das ist auch gut so. Alles andere, wäre nur eine Lüge.''

Alice schien von innen heraus zu strahlen, als sie sich ihm, auf diese Weise offenbarte.

Fassungslos stellte der Joker voller Überzeugung fest, dass sie wirklich verrückt sein musste. Vollkommen wahnsinnig, plemplem, völlig durchgeknallt, aber das auf die wohl beste Art und Weise, die man sich nur vorstellen konnte.

DämmerungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt