,,They became the king and queen of Gotham City, and God help anyone who disrespected the queen.''
[Amanda Waller – Suicide Squad]
Wie das Geschmeiß um einen Leichnam, hatten auch die Gesetzlosen dieser Welt, die Neigung dazu, sich um jene Menschen zu versammeln, die den größten Ertrag versprachen.
Nachdem der Joker innerhalb seiner Blütezeit dafür gesorgt hatte, dass die Mafia-Bosse und hohen Tiere der Verbrecherszene auf ein Minimum reduziert worden waren, hatte sich alles auf Salvatore Maroni, den einzigen Überlebenden dieses Massakers, konzentriert.
Salvatore hatte sich, nach Batmans Verschwinden und der Einweisung des Jokers, einen neuen Namen gemacht.
Wer Drogengeschäfte machen wollte, machte sie mit ihm.
Wer jemand unbeliebtes verschwinden lassen wollte, wandte sich an ihn.
Wer selbst eine Karriere in der Verbrecherszene anstrebte, der hielt sich an ihn.
Maroni stand an der Spitze der Nahrungskette und er hatte nicht vor, dass in nächster Zeit zu ändern. Seitdem der Joker die Stadt nicht mehr terrorisieren und Batman sie nicht mehr beschützen konnte, weil er für Harveys Tod – der so nie geschehen, was der Öffentlichkeit jedoch vorenthalten worden war – verantwortlich gemacht und wie ein bissiger Hund aus der Stadt gejagt worden war, liefen seine Geschäfte wie eine geschmierte, perfekt ineinander greifende Maschinerie.
Niemand stand ihm im Weg.
Niemand wagte es sich ihm jetzt noch in den Weg zu stellen.
Ja, das Leben war süß, süßer, als ein Löffel Honig pur genossen.
,,Boss'', mit diesem Wort hielt ihm sein Chauffeur die Wagentür auf und seinen Krückstock entgegen, den er dem dunklen Rächer zu verdanken hatte, als Maroni gedachte, sein heutiges Tatwerk anzutreten.
Auch wenn sich die Zahnräder zufriedenstellend und reibungslos wie in einem Uhrwerk drehten, ließ er es sich nicht nehmen, die wesentlichen Dinge weiterhin selbst in die Hand zu nehmen. So hatte es ihn sein Vater gelehrt und so wollte er sein Vermächtnis weiter führen: die Zügel stets selbst in der Hand haltend, jeden Tag auf's neue nach den Sternen greifend.
Maroni war kein äußerst sentimentaler Mann, aber den Gedanke, dass jeder Mensch seines Glückes Schmied war und alles erreichen konnte, wenn er nur bereit war entsprechend dafür zu investieren, hatte er schon immer als äußerst wahr und inhaltsvoll erachtet.
Von nichts, kommt nichts, mein Junge, das hatte sein Vater ihm stets gepredigt und Maroni fand, nun, da er selbst an höchster Stelle stand, dass von nichts wahrlich nichts kommen konnte. Er hatte investiert, er hatte Verluste erlitten, aber am Ende des Tages hatte sich die Arbeit doch noch ausgezahlt.
Er war wirklich guter Dinge, als er, an diesem sonnigen Tag, sein Domizil betrat. Er hätte beinahe eine fröhliche Melodie summen können, doch jeder winzige Keim dessen, erstarb bereits vor seiner Blüte, als er auf die maskierten Clowns innerhalb seines Refugiums traf.
Maroni gefror das Blut an Ort und Stelle.
War er etwas von irgendjemandem verraten worden?
Er spielte mit dem Gedanken zu fliehen, aber da spürte bereits den Lauf eines Maschinengewehrs, mittig, wie eine Messerspitze, in seinen Rücken stechend, woraufhin er zähneknirschend, nachdem er die Aufforderung dazu erhalten hatte, weiter in das Gebäude hinein humpelte.
Er konnte erahnen, was ihm nun bevor stehen würde.
Und er konnte nur hoffen, dass er den verrückten Clown irgendwie glimpflich stimmen könnte. Immerhin hatte er ihm nie Ärger bereitet. Er hatte sich weitestgehend von ihm fern gehalten und anders als Gambol, der damals, in seiner törichten Überheblichkeit, ein Kopfgeld auf den Joker ausgesetzt hatte, ihn nie unnötigerweise provoziert. Vielleicht konnte er irgendetwas mit dem Joker aushandeln. In solchen Dingen war Maroni schon immer ziemlich gut gewesen: zu verhandeln und möglichst gewinnbringend zu kalkulieren.
Da er, aufgrund seiner Beinfraktur, bei weitem nicht mehr so gut zu Fuß war, wie er es vorher gewesen war, dauerte es erheblich länger, bis, von dem maskierten Handlanger angetrieben, die geschminkte Clownsfratze des Jokers in sein Blickfeld trat.
Aber nicht nur das: Auch seine eigenen Männer, tot, wie ausgehöhlte Fliegen, die einer Spinne zum Opfer gefallen waren, auf dem Boden verstreut liegend. Dann noch mehr, mit Clowns-Masken und Waffen ausgestattete Männer, die dem Joker angehörten. Und eine junge Frau, die ein wenig abseits stand, die — was ihn überraschte — vollkommen unversehrt war und völlig fehl am Platz wirkte.
Eine solche Frau, das sah Maroni mit nur einem Blick, gehörte nicht in ihre Welt.
Dafür war sie zu zart, zu nichts sagend, ja, beinahe so zerbrechlich, wie eine schattenhafte Erscheinung, die einen manchmal in einem figurenlosen Traum heimsuchte.
Diese Frau war nicht hier, um, wie der Joker, irgendwelche grausamen Spielchen zu spielen. Er wusste zwar nicht genau warum sie es überhaupt war, aber er konnte sich denken, wozu sie es nicht war.
Der Joker, der Maroni ganz genau beobachtet hatte, winkte ihn mit einem breiten Grinsen, auf seinen blutig geschminkten Lippen, zu sich herüber, damit er auf seinem teuren, eigens für ihn angefertigten, Bürostuhl Platz nehmen konnte.
Maroni war klug genug dem Joker diese an Nötigung grenzende Bitte nicht abzuschlagen.
Er hatte vor hier lebend rauszukommen und das bedeutete, dass er möglichst zusehen würde, dass er die Forderungen dieses wahnsinnigen Clowns erfüllte, mochten sie ihm auch noch so unsinnig erscheinen.
Maroni humpelte zu seinem Schreibtisch, setzte sich auf seinen Leder bezogen Stuhl nieder und sah, nachdem er den festen, ihn an einen Steinbrocken erinnernden Kloß in seinem Hals hinunter geschluckt hatte, dem Joker direkt ins weiß geschminkte Gesicht.
Ein lang gezogener Gruß, der aus dessen roten Mund floss, schwappte zu ihm herüber.
,,Ich denke, äh, du kennst mich noch, oder?'', folgte dann.
Natürlich kannte Maroni seinen Gegenüber noch.
Ein solches Gesicht vergaß man nie und das nicht nur aufgrund der Entstellungen und der auffälligen Schminke.
Salvatore nickte, was der Joker spiegelte und zeitgleich näher zu ihm kam.
Trotz seines vorangeschrittenen Alters und der Tatsache, dass er selbst schon viel Angst und Schrecken verbreitet hatte, brach Maroni der kalte Schweiß aus.
Er spürte wie sich sein weißes Hemd, das unter seinem Anzug lag, langsam, an seiner Haut festzusaugen begann. Aber er schaffte es dennoch dem stechenden Blick des Jokers, äußerlich, ziemlich gefasst zu begegnen.
,,Gut, gut'', fuhr der Anarchist gut gelaunt fort, während er dabei war den Schreibtisch zu umrunden. ,,Dann sparen wir uns lästige Höflichkeitsfloskeln, die sowieso niemand ernst meint und können direkt zum wesentlichen kommen: Ein kleines Vögelchen hat mir nämlich zugezwitschert, dass du jetzt ein ganz hohes Tier bist, hm? Hast ziemlich gut gelebt, seitdem ich weg war, oder?'', fragte der Joker, wirkliches Interesse heuchelnd, nach.
,,Nun, ich-'', setzte Maroni an, da er dachte, dass dieses einseitige Verhör spätestens jetzt einer Antwort bedurfte, doch der Joker ließ den Italiener gar nicht wirklich zu Wort kommen.
,,Und dazu kommt noch, dass mir auch noch zu Ohren gekommen ist, dass du Comissioner Gorden erzählt hast, wo er mich und meine Leute, damals, als die Dinge wirklich gut liefen,finden konnte. Was wirklich schade war, weil ich mich wirklich darauf gefreut hatte, mitansehen zu können, wie die zwei Frachter in die Luft gehen. Aber nein, nein, NEIN!, die freundliche Fledermaus grätscht dazwischen und ich lande in der Gummizelle'', seinem gewählten Tonfall nach, war nicht klar zu entnehmen, ob ihn dieser Umstand nun mehr amüsiert oder gestört hatte, obwohl er kurz leise auflachte.
,,Aaaber'', setzte der entstellte Witzbold dann noch hinzu. ,,Dann wäre ich wohl niemals der kleinen Alice begegnet, die ihrem Beruf wirklich alle Ehre macht! Wenn du mal eine gute Therapeutin brauchst, kann ich gerne ein gutes Wort für dich einlegen. Es sind bestimmt noch ein paar Therapieplätze frei.''
Mittlerweile stand der Joker direkt hinter dem ergrauten Mafiaboss und hatte, in einer beinahe väterlich anmutenden Geste, seine beiden behandschuhten Hände auf die Schultern des Älteren gelegt — doch Maroni kamen diese Hände, wie zwei glühend heiße Eisen vor.
Das ist sie also?, schoss es ihm durch seinen hilflos ratternden Schädel. Sie war seine Therapeutin in Arkham?
Aber warum sie nun beim Joker und nicht weiterhin in der Klinik oder nicht schon längst tot war, konnte Maroni sich nicht so wirklich erklären.
,,Hab ich nicht recht, Liebes?'', sprach der Clown Alice an, die noch immer abseits des Geschehens stand. Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt, während sie darauf wartete, dass diese ganze Scharade endlich ein Ende nehmen mochte. Doch der Joker war mit seinen verbalen Ergüssen noch lange nicht fertig. ,,Und obendrein'', vernahm sie noch von ihm, ,,ist sie auch noch eine wahre Augenweide! Intelligent und hübsch. Für jeden Mann ein wahrer Glücksgriff!'', zwinkerte er ihr zu, was sie natürlich nicht sah und ein oder zwei Handlanger, hinter ihren Masken, hämisch feixen ließ. ,,Stimmst du mir da, äh, etwa nicht zu?''
Der Joker hatte sich ein ganzes Stück zu Maroni hinunter gelehnt.
Sein grün gefärbter Schopf war dem seinen so nah, dass Maroni sich sicher war, dass er das Fett in seinem Haar riechen konnte; den süßlichen Geruch des Talkums in seiner Theaterschminke.
Der Italiener schwieg, denn er wusste nicht, was der Joker nun von ihm erwartete.
Sollte er ihm zustimmen und seine Worte mit einem Kompliment untermauern?
Oder sollte er einfach nur hier sitzen bleiben und gar nichts tun?
Hilfe würde keine kommen, soviel wusste er.
Entweder waren seine Männer tot oder sie würden einen Teufel tun, sich gegen einen Mann wie den Joker zu stellen. Zumal sie alle wussten, wozu dieser Verrückte fähig war. Nein, soweit reichte ihre Loyalität nicht aus und Maroni konnte es ihnen nicht einmal verübeln. Das war die Zeche, die man als Gesetzloser zahlen musste: die Loyalität der eigenen Leute reichte oft nur so weit, wie die Länge ihrer eigenen Nasenspitze oder der schwarzen Zahlen auf ihrem Konto. Es sei denn, sie waren so gestrickt wie die Handlanger des Jokers. Viele von ihnen schienen dem Clown wahrlich hörig zu sein.
Und eben dieser, der Schrecken und — so wie er es gedachte— baldige Herrscher dieser Stadt, verlor so langsam die Geduld, und war indes so frei Maroni jegliche Entscheidung abzunehmen.
,,Ich muss schon sagen'', träufelte er die ätzenden Silben in Salvatores Ohr. ,,Du bist wirklich sehr, sehr unhöflich.''
Dann, ohne jegliche Vorwarnung, stieß der Joker seine favorisierte Klinge in Maronis rechtenAugapfel und zog ihn, in einem kraftvollen, beinahe anmutig erscheinenden Schwung, samt Wurzel heraus.
Alice hörte wie der Glaskörper auf den Tisch klatschte und dann vibrierte in ihrem gesamten Körper nur noch das Gelächter des erheiterten, sich bestens amüsierenden Clowns.
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Dämmerung
RomanceAlice White war schon immer ein wenig anders. Einzigartig, könnte man sagen. Eine Freidenkerin, die nicht immer jede Regel befolgte. Doch wie außergewöhnlich sie wirklich war, das sollte ganz Arkham Asylum noch herausfinden. [Joker x OC] (Anm.: Teil...