Kapitel 99

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Verträumt
Ge. 02- Kapitel 99

Savas war tot? Tot? Weg? Einfach weg? Die Worte hallten in meinem Ohr und ich realisierte für kurze Zeit nicht einmal, dass Selim vor mir mit einer Waffe stand. Ich realisierte nicht einmal mehr, dass der Tod so nah an mir lag, bis Selim lachte. Sein Lachen war tief und machte Angst. Sein Grinsen war breit und ich konnte die Mordlust an dem Funkeln in seinen Augen sehen. Angst packte mich.

[Sicht von Olcay~ vor 1/2 Stunden]

»Hast du sie versucht zu erreichen?«, fragte ich Savas wieder, der nickte. Er sah ziemlich angespannt und besorgt aus. Ich weiß nicht. Irgendwie mochte ich ihn nicht. Er war mir einfach nicht so sympathisch. Vielleicht lag es aber einfach darin, dass er so viel zerbrochen hatte.

Wir liefen die Straße entlang. Ihre Wohnung war nicht weit weg von hier. Wenn wir rennen würden, keine zehn Minuten. Cihan ging an meiner Seite. Er musterte Savas die ganze Zeit prüfend an. Das störte mich. Warum wusste ich nicht genau, aber im Moment spielten meine Gefühle sowieso verrückt.

»Wir brauchen nicht mehr lange«, meinte Savas dann zum tausendsten Mal.
»Ich kenne den Weg!«, erwiderte ich und lachte.
»Ich wollte es doch bloß sagen.«
»Zum Tausendsten Mal oder wie?«, fragte ich, weil mich das einfach nur nervte.

»Özlem!«, schimpfte er und sah zu mir. Für den Moment starrten wir uns an. Özlem? Ich blinzelte. Jetzt nennt der Typ mich auch noch beim Namen meiner Mutter?

Er drehte sich einfach um und ging eiskalt weiter. Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Die ganze Zeit aus war dieser Typ scheiße zu mir. Okay, er war besorgt und ihm ging es nicht gut, aber so brauchte er nicht bei mir landen. Plötzlich hielt Cihan meine Hand und machte einen Blick, der "Ruhig!", rief. Er wusste zu gut, dass ich gleich explodieren konnte.

»Ich weiß«, sagte ich zu ihm. »Aber der Typ nervt mich!«
Ich kreischte es extra laut, damit er mich hörte. Savas sah zu mir. »Sei nicht so stur und komm einfach mit. Es geht hier um Gülay, nicht um mich. Wenn du nicht willst, kannst du auch gleich gehen, aber mach hier kein Theater.«

»Man, hör auf damit! Ich hab hier kein Bock auf deine Zickerei!«, kreischte ich wieder, ging an ihm vorbei und zig Cihan mit mir. Es war mir egal, was dieser Typ sagte.

Als wir an Gülays Tür ankamen, klingelte ich schnell an, doch niemand machte auf. Sogar Savas kam und trotzdem machte niemand auf. Er klopfte noch einige Male und versuchte dann ihr Handy zu erreichen. Fehlanzeige.

Wütend ging er wieder aus dem Appartement und stockte plötzlich. Ich und Cihan blieben noch oben. Ich setzte mich einfach auf dem Schneidersitz auf den Boden.
Er setzte sich zu mich und lächelte.
»Lach nicht so doof«, motzte ich. Ich war eh schon angepisst.
»Du bist so wunderschön, wenn du sauer bist.«
»Ja ja«, lachte ich und sah weg.
»Wusstest du, dass meine kleine Schwester dich liebt? Meine Mutter sogar noch mehr. Sie wollte dich unbedingt kennenlernen. Nicht, weil du meine Schwester gerettet hast, sondern vielmehr, weil du dein Leben für das eines anderen geopfert hast.«
Ich sah weg. Irgendwie war das Thema etwas peinlich.

Doch da hörten wir plötzlich einen Schuss. Mit einem Ruck standen wir beide auf, da wurde sogar noch einmal geschossen. Ich rannte mit Ciahan runter und öffnete die Apartmenttür, wobei der Körper von Savas zu Boden fiel.

Ich schrie und hielt meine Hand vor meinen Mund. Am Horizont sah ich noch einen Typen, der wegrannte.

Cihan hatte schon sein Handy geschnappt und rief einen Krankenwagen, während ich runter auf meine Knie fiel und um uns sich Leute versammelten. Wie konnte man denn diese Schüsse überhören? Es war viel zu laut, viel, viel zu laut.

»Cihan, tu doch etwas!«, schluchzte ich, als er schon den Krankenwagen gerufen und sich zu mich gesetzt hatte. Er konnte nichts machen, aber der Gedanke kam mir einfach nicht. Ich war wie benebelt.

Ich horte die Sirenen. Sie nahmen Savas mit der Trage und legten ihn ins Krankenwagen. Sofort fuhr dieser fort und die Menge wurde langsam weniger. Ich saß da, als sei ich tot und Cihan neben mir. Was war eben geschehen? Ich konnte es nicht fassen. Es war so schnell passiert, dass ich kaum etwas realisieren konnte. Dazu waren auch plötzlich Alev und Serkan hier.

»Wir haben die Sirenen gehört und der Wagen ist in diese Richtung gefahren. Jemand meinte, hier sei jemand umgekommen«, erklärte Serkan brüchig. Er war wahrscheinlich auch etwas verwirrt.

Cihan half mir hoch und ich stützte mich an ihn.
»Euch geht's gut, oder?«, fragte Alev. Keiner fragte nach Savas.
»S-Savas ist erschossen worden«, erzählte Cihan, was Alev dazu brachte, dass ihr Mund aufklappte.
»Was!?«, rief sie aufgebracht.

[Sicht von Özlem]

»Du hast ihn umgebracht?«
Meine Stimme war nur noch ein Flüstern. Die Tränen fingen an zu fließen. Ich hatte ihn gemocht. Auch wenn er manchmal ein Arsch war. Ich hatte ihn gemocht und es tat weh, auch noch ihn zu verlieren.

Selim lachte spöttisch. »Es war viel zu leicht«, prahlte er und das gab mir einen Hieb. Es war, als hörte ich die Schüsse und sah, wie er runter fiel, langsam um Leben rangend.

»Du wirst nie glücklich«, zischte ich.
»Ich bin glücklich, wenn du tot bist«, lachte er. »Ach und du hast da eine sehr hübsche Tochter. Wirklich sehr schade. Für sie habe ich einen schmerzhaften Tod vorbereitet.«
Er würde mich töten. Das war klar. Aber meine Tochter sollte er nicht anfassen! Er sollte nicht einmal in seine Nähe kommen!

Ich sprang plötzlich auf ihn drauf und er ließ tatsächlich aus versehen die Pistole los. Wir rangen auf dem Boden. Er war so stark geworden, dass er mich die ganze Zeit quälte. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und schlug ihn. Er taumelte zurück und als ich die Pistole vom Boden heben wollte, zog er mich mit sich zur Seite. Wie stürzten zu Boden und da holte er ein Messer heraus.

Was hatte der denn noch mit sich? Ich stand sofort auf, sodass er mich noch traf, aber es nur ein Kratzer war, der stark anfing zu bluten.

Selim fing an zu lachen, als er wieder die Pistole zu sich nahm. Er deutete wieder auf meine Brust. Dieses Mal hielt er die Pistole fest umschlossen und ging vorsichtshalber einige Meter von mir weg.

Ich hörte einen lauten Schuss und atmete ein letztes Mal ein. Ich sah runter, doch nirgendwo war bei mir Blut. Noch ein Schuss ertönte und ich spürte nichts, weshalb ich mit einem Ruck zu Selim sah, der seine weit aufgerissenen Augen zur Tür gerichtet hatte und »Gülay«, nuschelte.

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