Kapitel Fünfunddreißig

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„Da vorn auf den kleinen Parkplatz kannst du dich hin stellen." Ich zeige mit meiner zitternden Hand auf die kleine betonierte Fläche, wenige Meter von meinem Elternhaus entfernt. Zwei Autos hab ich in der Einfahrt stehen sehen, als wir gerade vorbei gefahren sind, also sollte ja jemand da sein. Mittlerweile ist es auch 16:30 Uhr. Ich wollte nicht zu früh hier sein.  Leon parkt ordentlich und nimmt dann meine Hand, nachdem er den Motor ausgeschaltet hat. „Du packst das. Ich bin bei dir. Wenn es zu viel wird gehen wir, ok?" Ich nicke. „Ok!" Wir steigen aus und Leon greift nach meiner Hand. Langsam gehen wir auf das Haus zu wo ich aufgewachsen bin. Das Haus, welches ich vor 6 Jahren verlassen hab und seitdem an nie wieder hier war. Es fühlt sich komisch an, aber irgendwie auch schön. Nicht fremd sondern, irgendwie wie zuhause. Mehr zuhause als damals, wo es wirklich mein Zuhause war. Wir öffnen das kleine Garten Tor und treten in dem Vorgarten. Meine Hände sind schwitzig, meine Knie zittern und ich fühle mich plötzlich ganz klein. Ich atme nochmal tief durch und steige dann die wenigen Treppen zur Haustür hoch. Leon steht dicht hinter mir als ich die Klingel drücke. Von innen höre ich ein aufgeregtes „Wer ist das denn jetzt?" Und Kurz überlege ich, einfach weg zu rennen aber dann öffnet sich die Tür. „Was kann ich für sie. Oh mein Gott." Meine Mutter steht vor mir. Mittlerweile hat sie ein paar mehr Falten, kürzeres Jahr und schon die ein oder andere graue Strähne. Die Hand vor den Mund geschlagen und die Augen weit aufgerissen. „Jörg sag das Essen mit den Schneiders ab!" Ruft sie ins Haus. Ich stehe wie angewurzelt da und weiß nicht ganz, wie ich das alles deuten soll. „Was, wieso? Ist was passiert?" Höre ich meinen Vater rufen und kurz danach ertönen Schritte und er erscheint hinter meiner Mutter. Als er mich erblickt, schläft sein Gesicht genauso ein wie das meiner Mutter. „Anika?" Ich nicke einfach nur, bin immer noch überfordert mit der Situation. „Denkt ihr wir können rein kommen?" Meine Mutter löst sich aus ihrer schockstarre und nickt. „Aber natürlich. Den Weg ins Wohnzimmer kennst du ja." Meint sie und tritt zur Seite. Ich gehe an ihr vorbei um meine Schuhe auszuziehen.  Viel hat sich nicht verändert. Hier und da ein neues Möbelstück. Manchmal hat eine Wand eine andere Farbe. „Hallo, ich bin Leon." Stellt er sich vor und reicht ihnen die Hand. „Kathleen und Jörg, die Eltern von Anika. Aber ich denke, dass weißt du bereits." Meint meine Mutter höflich und schüttelt ihm die Hand, genau wie mein Vater. Leon nickt und zieht dann ebenso seine Schuhe aus.

Im Wohnzimmer sitzen Leon und ich kurz alleine auf dem Sofa. Meine Mutter holt uns was zu trinken und mein Vater sagt das Essen mit den Schneiders ab. Sie sind langjährige Freunde meiner Eltern. Leon nimmt meine Hand und gibt mir einen Kuss, ehe er mich anlächelt. „Du packst das." Flüstert er mir noch zu und dann nicke ich. Meine Mutter kommt kurze Zeit später mit einem Tablett ins Wohnzimmer. Zwei Kaffee drauf und zwei Wasser. Dazu noch etwas Melone. Sie setzt sich uns gegenüber in einem Sessel. Kurz darauf kommt mein Vater rein, nimmt sich einen Hocker ins setzt sich neben meine Mutter. „Ich bin sprachlos, ich weiß gar nicht was ich sagen soll." Sagt meine Mutter. Ich nicke. „Mir gehts ähnlich Mama." Meine ich und lache unsicher. „Wie gehts dir, Anika? Was machst du?" Fragt mein Vater vorsichtig. „Seit einiger Zeit gehts mir sehr gut." Sage ich und grinse Leon an ehe ich weiter rede. „Ich hab mein Studium erfolgreich abgeschlossen. Bin jetzt Projektplanerin in einem Event-Planungs-Unternehmen. Wohne immer noch in München." Meine Mama lächelt. „Du weißt gar nicht wie es uns freut, dass es dir gut geht. Und auch, dass du hier bist." Ihre Augen werden feucht und schnell greift sie sich ein Taschentuch. „Wir haben öfter mal versucht dich zu finden. Waren damit aber erfolglos. Es ist damals vieles schief gelaufen, auch von unserer Seite. Du warst halt unser kleines Mädchen. Wir waren da in unserem denken zu eingefahren gewesen. Tobi und Jan waren Jungs, die haben das alles irgendwie geschafft. Bei dir hatten wir das Bedürfnis dich zu leiten, die beschützende Hand auf dich zu legen, wollten nur das beste für dich. Aber es war falsch. Wir hätten mehr auf dich und deine Gefühle hören sollen, dann wäre es nie so weit gekommen. Nur bist du uns immer mehr aus den Fingern geglitten obwohl wir dich eigentlich immer stärker festhalten wollten." Sagt mein Papa und wird zu Ende hin immer leiser. „Ich denke auch es war schwer so eine pubertierende Göre, wie ich es war, im Zaum zu halten. Ich hab auch vieles falsch gemacht und auch viele Sachen gesagt, die mir so leid tun heute. Aber, dass ihr mich immer in eure Richtung biegen wolltet, hat mich irgendwie immer aufgebraust. Ich hoffe ihr könnt mir das verzeihen." Leon hält mir ein Taschentuch hin, die Tränen fließen nun auch aus meinen Augen. „Wir müssen uns eben so entschuldigen Anika. Wir haben lange überlegt wie wir reagieren, wenn du mal wieder hier bist. Da wirklich schon einige harte Worte von dir gefallen sind, die sich eingebrannt haben. Aber schlussendlich bist du doch unsere Tochter, unser kleines Mädchen. Wir lieben dich nach wie vor. Vielleicht können wir einfach vergessen was damals passiert ist?" Meint meine Mutter emotional. Ich nicke. Irgendwie wollte ich das hier nie. Ich war so sauer auf meine Familie. Wollte sie nie wieder sehen. Aber Leon hat etwas mit mir gemacht. Ich blicke nun etwas anders auf die Sachen damals. Klar war nicht alles richtig was sie gemacht haben, aber schlussendlich wollten sie mich nur beschützen. Vielleicht war es ein falscher Weg, wie sie machen wollten aber sie wollten es. Meine Mama steht auf. „Komm mal her Anika!" Meint sie und breitet ihre Arme aus. Sobald ich sie umarme brechen alle Dämme und ich heule wie ein Schlosshund. Beruhigend streicht sie mir über den Rücken. Als wir uns lösen zieht mein Vater mich noch in seine Arme. „Schön, dass du hier bist Anika!"
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Familien-Réunion 🥺
Gebt alle auf euch acht und dann bis zum nächsten Kapitel! 🖤

Doch bin ich bei dir... | Leon Goretzka FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt