Während sich Hisoka ausgiebig Zeit für die Dusche nahm, rief ich erneut bei der Pizzeria an. Glücklicherweise nahmen sie meine Bestellung noch an, obwohl es sehr spät war. Jin wies ich an, die Desserts in der Küche zu verstauen. Danach zog er sich in sein Zimmer zurück. Die Dusche wurde im selben Moment ausgeschalten, wie die Klingel an der Türe erklang. Ich gab dem Boten extra Trinkgeld, immerhin wurde sein Feierabend wegen mir verzögert. Als ich die Box auf dem Esstisch abstellte, trat Hisoka aus dem Bad. Der Rothaarige trug meinen flauschigen Bademantel. Der Stoff war ihm zwar zu kurz und er sah wie ein Riese aus, aber besser das, als dass er kalt hätte. Es beruhigte mich zudem, dass er etwas an Farbe gewonnen hatte. Der Magier kam langsam auf mich zu. Seine wundervoll goldenen Augen suchten meine. Wie so oft lag ein undurchdringlicher Nebel in ihnen, der es mir verunmöglichte, zu wissen was er dachte.
"Hast du etwas, das ich anziehen könnte?" Seine Worte entwichen bloss als kratziges Flüstern. Scheinbar traute er seiner Stimme nicht. Vielleicht musste ich mir den Kehlkopf nochmals behandeln.
"Ich habe nur Sachen von meinem Freund. Ich weiss nicht, ob die dir passen...", antwortete ich defensiv. Hisoka kam mir vor, wie ein verletztes Wildtier. Ein solches, das zu irrationalen Entscheidungen tendierte. Also musste ich mit den Bemerkungen über meinen Freund vorsichtig sein.
"Ich nehme alles was du hast." Seine Augen fixierten noch immer meine. Ich konnte nicht wegsehen. Zu lange hatte ich darauf warten müssen, in ihnen versinken zu dürfen.
"Okay", hauchte ich nun. Zum Einen, weil mich sein Anblick aus der Bahn warf. Zum Anderen, weil ich meiner eigenen Stimme gerade ebenfalls nicht traute.Gemeinsam gingen wir in mein Schlafzimmer. Hisoka humpelte leicht, versuchte aber, sich nichts anmerken zu lassen. Na gut, als jemand der es gewohnt ist, dass Schwachstellen sofort ausgenutzt werden, ist es wahrscheinlich besser so. In meinem Kleiderschrank wühlte ich nach Ians Sachen. Er war eine lange Zeit nicht mehr hier gewesen, weswegen ich sie ganz nach unten verlagert hatte. Der Rothaarige legte den Kopf schief, als ich ihm eine Boxershorts hinstreckte.
"Keine Angst, die ist gewaschen", versicherte ich und rang mir ein schwaches Grinsen ab. Auch auf seinen Lippen konnte ich ein leichtes Lächeln wahrnehmen. So zupfte er sie mir aus der Hand, kehrte mir aber den Rücken zu, um sie anzuziehen. Leider verdeckte mir so der Bademantel die Aussicht auf seinen göttlichen Körper. Aber ich hatte ihn schon oft genug anschauen dürfen um genau zu wissen, wie er aussah. Danach zog ich einen dunkelblauen Hoodie hervor. Hisoka betrachtete das Kleidungsstück argwöhnisch. Natürlich war das ein ganz anderer Stil, als jener der er trug. Er nahm es dennoch und streifte es sich über. Weiter war ich auf der Suche nach einer passenden Hose. Eine graue Jogginghose, war die einzige die ihm ging. Ich konnte mein Grinsen nicht verbergen. Hisoka in diesem Aufzug zu sehen war einfach lustig. Der Mann, der von Schuhe bis Make-up sein gesamtes Outfit aufeinander anpasste, stand nun in schlabbriger Kleidung in meinem Schlafzimmer."Hast du eine zweite Identität als Rapper?", fragte ich scherzhaft. Der Zauberer konnte sich nur ein müdes Lächeln abringen.
"Du hast sicher Hunger!" Bestimmt lief ich an ihm vorbei. Woraufhin er mir schwerfällig hinterher trottete. Ich wies ihm einen Platz am Esstisch und holte uns noch je ein Glas Wasser. Dann setzte ich mich gegenüber hin. So schaute ich zu, wie ein Pizzastück nach dem nächsten in seinem Mund verschwand.
"Hast du Schmerzen?"
"Nein"
"Lügner...", antwortete ich leise. Hisoka sah mich intensiv an.
"Ich habe keine Schmerzen", verkündete er, bevor sich seine Zähne in dem Nahrungsmittel vergruben. Das Wasser hatte seiner Stimme gut getan, denn sie klang klarer als vorher.
"Wie du meinst..." Dauraufhin folgte eine unruhige Stille. Jin trat mit tapsigen Schritten aus seinem Privatraum. Als er Hioska erblickte deutete er ein Lächeln an.
"Wieder zurück unter den Lebenden?"
"Ich sterbe schon nicht so schnell", grinste der Magier. Jin zog ungläubig eine Augenbraue hoch.
"Also wenn es nach mir ginge, hätte ich deinen Zustand schon als lebensbedrohlich eingestuft."
"Bin ich mir gewohnt" Jin nickte akzeptierend. Aber ich konnte seinen Worten keinen Glauben schenken. Natürlich war Hisoka stark. Aber er kann auch die Stärken seiner Gegner sehr genau einschätzen. Niemals hätte er sich absichtlich so stark verletzen lassen. Also waren diese Leute einfach unheimlich stark.Ich stützte mich auf den Tisch und erhob mich. Dabei kaute der Rothaarige an dem letzten Bissen seiner Pizza herum.
"Du kannst in meinem Bett schlafen. Ich schlafe auf dem Sofa." Hisoka starrte gedankenverloren mit leerem Blick auf die Tischkante vor mir. Dann schaute er wieder mich an.
"Hast du Angst vor mir?" Verunsichert begann ich an meinem Ring zu drehen.
"Muss ich mich denn vor dir fürchten?"
"Beantworte einfach meine Frage."
"Jetzt gerade nicht, nein"
"Ah..." Meine Antwort schien ihn zufrieden zu stellen. Dennoch kannte ich seine Launenhaftigkeit, weswegen ich trotzdem aufpassen musste.
"Dann können wir ja zusammen in deinem Bett schlafen", grinste der Zauberer anzüglich. Ich schüttelte erleichtert den Kopf und verdrehte die Augen.
"Wenn du meinst..."Also machten wir es uns kurz darauf auf meiner Matratze bequem. Um zu verhindern, dass er in der Nacht fror und ich um die Decke kämpfen musste, bezog ich eine zweite. Ich kuschelte mich in meine und drehte mich seitlich zu ihm hin. Hisoka lag auf dem Rücken, die Arme hinter dem Kopf verschränkt.
"Erzählst du mir, warum die dich gejagt haben?"
"Sie haben mich nicht gejagt, nur verfolgt."
"Aber warum?" Gelbe Iriden musterten mich kurz. Dachte er wirklich darüber nach, mir alles zu erzählen?
"Weiss ich auch nicht", gab er schliesslich von sich.
"Aber es waren viele und wussten scheinbar genau, wie du kämpfst. Immerhin haben sie dich wirklich schlimm verletzen können."
"Ich war halt unaufmerksam." Als ob ich ihm das abkaufen würde. Hisoka und unaufmerksam passte so gut zusammen, wie Fische und wasserscheu.
"Aber wie konnten sie d-"
"Akane! Ich will nicht darüber reden." Tief atmete ich ein. Was ich nun wirklich nicht gebrauchen konnte, war einen wütenden Rothaarigen. Also sog ich seinen umwerfenden Duft tief in meine Lungen und beruhigte mich.
Ein seufzendes "Okay" entwich meinem Mund. Er schloss entspannt die Augen. Da er nicht den Anschein hatte, weitersprechen zu wollen, reanrrangierte ich mein Kissen mit der kühlen Seite nach oben. Als ich meinen Kopf darauf legte, traf mich die Erschöpfung wie ein Faustschlag ins Gesicht. So dämmerte ich langsam weg."Schläfst du schon?" Ich war einfach zu müde, also verzichtete ich auf eine Antwort. Beinahe zuckte ich zusammen, als ich seine Finger an meiner Wange spürte.
"Danke", flüsterte er kaum hörbar. Dann zog er seine Hand zurück und mit einem leisen Klicken schaltete er das Licht aus.
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Still him... // Hisoka ff HxH
Fanfic!! Fortsetzung zu "Why him..." !! Um die Geschehnisse mit Hisoka und der Phantom Troupe hinter mir zu lassen, zog ich zurück nach Zaban City. Doch ein Jahr später tauchte der charismatische Todesgott plötzlich wieder auf. War er zurück, um mir einen...