Kapitel 86

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Als ich erneut in die Halle eintrat war ich überrascht. Neben Hisoka sassen nämlich die anderen Spinnen in einem Halbkreis. Auch mir wurde ein Stuhl zugewiesen. Also nahm ich darauf Platz. Während sie mich fesselten fragte ich mich, ob ich die richtige Entscheidung getroffen hatte. Ein Räuspern riss mich aus den Gedanken. Langsam drehte ich meinen Kopf in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war. Hioska formte Worte mit seinen Lippen. Ich verstand sie nicht, sehr wohl aber ihre Bedeutung. Er wollte wissen ob es mir gut ging. Meine Augen wanderten nach unten und ich nickte. Niemals hätte ich erwartet, dass ich Sano Kazu noch einmal treffe. Vor allem nicht an solche einem Ort. Welche Verbindung hatte er zu der Phantom Troupe? Jemand stellte sich neben mich. Verwundert betrachtete ich die Doktorin. Sie zog mir vorsichtig den Ärmel hoch und führte eine Infusionsnadel in meine Ader ein. Sie hatte Übung darin, denn ich verspürte kaum etwas dabei. Zurückhaltend verfolgte ich die gelbe Flüssigkeit bis in meine Haut hinein.

Es dauerte keine zwei Sekunden. Schmerzen durchzogen meinen gesamten Körper. Ich stiess atemlos die Luft aus meiner Lunge und kugelte mich zusammen. Noch nie hatte ich so starke Schmerzen verspürt. Sie waren grausam. Meine Haut brannte, die Augen fühlten sich an, als würden sie gleich aus meinem Kopf herausspringen und meine Extremitäten vom Rumpf gerissen. Hechelnd versuchte ich sie zu vermindern. Doch es half alles nichts. Am Rande nahm ich wahr, wie Jin sich besorgt vor mich stellte. Seine kleinen Finger trafen meine Stirn. Ruckartig wurde ich in die gespiegelte Realität gerissen.
"Akane beruhig dich!", kreischte der Junge. Schwer atmend stand ich vor ihm. Hier spürte ich zwar nichts davon, aber die Vorstellung, was mich gleich wieder erwarten würde, liess mich erschaudern. Der ganze Raum bebte.
"Ich bin hier, sieh mich an!" Mit Tränen in den Augen öffnete ich sie und blickte den Grauhaarigen an.
"Ich werde auch da draussen für dich da sein!" Die Sicherheit in seiner Stimme gab mir Kraft. Ich musste da nicht alleine hindurch. Diesmal schüttelte es den Raum so stark durch, dass ich den Boden unter den Füssen verlor. Hektisch atmete ich ein und riss die Augen auf. Ein Wachmann stand über mir und redete irgendetwas vor sich her. Ich verstand nichts. Der Schmerz betäubte meine Sinne. Nur Jins transparente Form konnte ich sehen. Er blickte mich mit einem verzerrten Lächeln an. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung und auf ihn.

Ein tiefes Geräusch kam von meiner Seite. Sofort schoss mein Kopf herum. Hisokas Augen funkelten mir entgegen. Mühsam versuchte ich, mich in ihnen zu verlieren, um den Schmerz zu vergessen. Aber mein Körper fühlte sich an, als ob er gleich den Geist aufgeben würde. Zitternd unterdrückte ich den Würgereflex. Hisokas Mund bewegte sich. Wenn ich ihn richtig verstand, wollte er, dass ich mein Nen einsetzte. Unsicher sah ich von dem Rothaarigen zu dem Soldaten an meiner Seite und zurück. Der Magier grinste leicht. Dann erfüllte sein Blutdurst den ganzen Raum. Ich war geschockt, dass er das für mich tat. Doch ich wollte die Zeit nutzen. Mit zielstrebigen Materialisationen verband ich das Ende der Infusionsspitze mit meiner Blase. Nun ging die Flüssigkeit direkt in meinen Urin über, ohne den Umweg über mein Blut zu nehmen. Sobald ich fertig war, nickte ich dem Zauberer zu. Er beendete sofort sein Ablenkungsmaneuver. Gesshin war sofort an seiner Seite und prügelte auf ihn ein.
"Wir haben gesagt, kein Nen!", zischte er zornig. Hisoka reagierte nicht darauf. Immer wieder traf die Faust des Blonden das Gesicht meiner Affäre. Der Rothaarige war blutverschmiert, als der Kollege meines Freundes endlich von ihm abliess.
"Der nächste, der versucht Nen einzusetzen wird erschossen!", rief er laut und bestimmt.

Ich wurde hart aus dem Schlaf gerissen, als die Türe laut ins Schloss fiel. Diesmal waren viele Schritte zu hören. Eine ganze Versammlung aus Soldaten, Männern in Anzügen und zu vorderst Sano Kazu bauten sich vor uns auf. Kazu trat vor Chrollo. Dieser blickte ihn unbeeindruckt an.
"Mir ist zu Ohren gekommen, dass einer unserer Schützlinge von euch verhört wurde. Seit er mir aus unerklärlichen Gründen unbedingt Blut abnehmen wollte, haben wir uns auf euer Angriff vorbereitet. Und das wohl gut genug, wenn wir euch jetzt alle dreizehn..." Kazus Augen wanderten zu mir.
"Vierzehn, gefangen nehmen konnten!", korrigierte er sich. Der Boss der Spinnen gab noch immer keine Regung von sich.
"Als ich die Legende des Blood Globes das erste Mal hörte, dachte ich, so etwas gäbe es nur in Märchen. Aber sie ist wahr..." Aus einem Sack, den ihm ein Anzugtyp entgegenhielt, zog er die gläserne Kugel.
"Es wäre nur zu schade, wenn wir eine Legende, eine Legende werden lassen, nicht wahr?" Kazu liess den Ball von seiner Hand rollen. Geschockt sah Jin mitan, wie sein ehemaliger Bezugsort auf den Boden fiel und mit einem lauten Klirren in tausend Stücke zersprang. Tränen bildeten sich in seinen Augen. Der Junge sah mich hilflos an. Doch ich konnte nichts tun. Er war kaputt. Ich spürte die Gefühlswallungen im Ring. Mehr als ihn bedauernd anzusehen, konnte ich nicht. Wütend stürmte er auf Kazu zu.
"JIN!", zischte ich leise. Die Wut stand dem Grauhaarigen ins Gesicht geschrieben. Doch er nahm sich meinen warnenden Ton zu Herzen und kam zurück.

"Warum seid ihr hier!?" Kazu und Chrollo lieferten sich ein starkes Blickduell. Der Schwarzhaarige seufzte schliesslich.
"Wir wollten dir den Petokei abknöpfen, dich töten und dann wieder verschwinden", erklärte dieser ihre Absichten. Ich runzelte verwirrt die Stirn. Von etwas namens Petokei hatte ich noch nie gehört. Kazu lachte auf.
"Denkt ihr wirklich ich würde eine so starke Waffe einfach hier rumliegen lassen."
"Nein, wir nehmen an, dass du sie überall mit dir herumträgst. Deshalb war es wichtig, dich zu finden." Das Lächeln prangte weiterhin auf seinem Mund. Er seufzte.
"Dabei wart ihr ihm schon so nah!" Gesshin trat unauffällig an mich heran. Alibimässig kratzte er sich am Kopf, während er hinter dem Rücken die Flüssigkeitsabgabe auf das Minimum stellte. In diesem Moment wir wurde mir bewusst, dass ich inmitten der beiden Fronten stand, beiden angehörte, aber auch beide verurteilte.
"Wo ist er?" Chrollos Stimme war ruhig, in ihn floss dieselbe Flüssigkeit wie in mich. Ob er Schmerzen verspürte oder nicht, war ihm nicht anzusehen.
"Ich habe den Petokei weitergegeben", meinte Kazu schliesslich und schaute auf seine Uhr.
"Er dürfte jetzt schon über alle Berge sein"
"Erzähl doch keinen Schwachsinn. Du würdest ihn niemandem anvertrauen. Vor allem keinem Fremden. Wenn wir ihn bei dir nicht finden, gehen wir deine Kontakte durch. Einen nach dem anderen. Irgendwann werden wir auf ihn stossen."
"Er würde mit euch zurechtkommen. Da bin ich mir sicher." Kazus Augen schweiften über die Spinnen und blieb schliesslich bei mir stehen. Er atmete hörbar aus. Seine Beine brachten ihn von Chrollo zu mir. Er beugte sich zu dem Ohr, das weiter von den anderen entfernt war.
"Geht es mit den Schmerzen?" Die blauen Iriden sahen mich besorgt an.
"Ja", flüsterte ich zurück.
"Mach dir keine Sorgen. Ich komme klar."
"Das weiss ich", lächelte der Langhaarige, richtete sich auf und winkte der Gruppe, ihm zu folgen.

Still him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt