⭐️Kapitel 71💧

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"Komm zum Versteck. Ich bin noch dort." Meine Stimme klang müde, obwohl ich es gewohnt war, mehrere Tage am Stück wach zu bleiben. Nein, an der durchgemachten Nacht lag es nicht. Eher an dem durchgedrehten Gefangenen, der sich erst vor einer Stunde durch einen Heulkrampf selbst in die Ohnmacht trieb. Sein Kopf hing regungslos in den Fesseln. Ein leichter roter Abdruck schimmerte um seinen Hals. Der Strick war so eng, dass er sich bei falschen Bewegungen selbst die Luft abschnitt. Gleichzeitig aber locker genug, dass er keine Schäden davon trug, wenn er sich ruhig verhielt.
"In Ordnung. Gib mir eine Stunde!", drang Akanes süsse Stimme zu mir hindurch. Danach legte sie auf.

Gelangweilt baute ich ein Kartenhaus. Sorgfältig stellte ich die Karten auf die vorherigen und verklebte sie mit Bungee Gum. Zum einen vertrieb ich mir so meine Langeweile. Zum anderen trainierte ich so meine Fähigkeit, die Ausdauer, sie auf kleinste Flächen anzuwenden. Für ihre Stärke sorgte ich genug, wenn ich mich mit anderen prügelte. Der Informant seufzte im Schlaf. Meine Augen fixierten ihn kurz. Schweiften dann aber zu meiner Hauptbeschäftigung zurück. Als ich die Herzdame vom Stapel nahm, hielt ich kurz Inne. Natürlich kam mir gleich Akane in den Sinn. Ich hatte ihr die Karte mit genau diesem Symbol am Abend der Auktion gschenkt. Meine Erinnerung brachte mich zurück. So sah ich die Schönheit in dem Kleid vor mir. Der verdatterte Gesichtsausdruck, als sie genau in mein Zimmer gestürmt war. Ich hatte nie danach gefragt, warum sie reingeplatzt kam. Aber ich wollte es auch nicht wissen. Mein angetrunkenes Selbst hatte sich an diesem Tag sowieso nur schlecht unter Kontrolle. Trotzdem war es ein unglaublich schöner Abend. Ein weiteres Seufzen riss mich aus den Gedanken. Mürrisch fand ich mich in der Realität wieder und wollte die Herzdame auf dem Kartenhaus abstellen. Doch es war zusammengefallen.

"Hisoka?" Die helle Stimme hallte leise durch die leeren Räume. Da ich die Fähigkeiten des Informanten nicht kannte, verbarg ich mich mit Zetsu. Meiner Lokalisation nach befand sie sich im Gang vor dem Saal. Ob sie ihre Aura absichtlich nicht versteckte, wusste ich nicht.
"Lagerhalle", rief ich zurück. Durch meine laute Stimme zuckte der Körper auf. Der Informant kam schlagartig zu Bewusstsein. Der Ruck führte dazu, dass sich die Seile in seine Haut schnitten. Er heulte leise auf. Akane trat in den Raum. Skeptisch zog sie die Augenbraue hoch, als sie den gefesselten Mann musterte. Dieser kreischte, schrie herum.
"Du musst fliehen! Schnell! Die sind nicht ganz klar im Kopf. Das sind Killer. Sie werden dich töten und mi-" Angenervt stopfte ich ihm von hinten das Stofftuch wieder um den Mund. Die Augen des Mannes waren weit aufgerissen und vom heulen noch rot geschwollen. Akane sah abwechslungsweise zu mir und ihm. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und ging aus der Halle. Nachdem ich dem Informant erneut den Sack über den Kopf gezogen hatte, folgte ich ihr. Die Schönheit lehnte sich im Gang an die Wand.
"Wer ist das?"
"Ein Gefangener. Chrollo hat ihn aufgetrieben, da er Kontakt zu seinem Ziel hat. Die Troupe hat sich mit dem Blood Globe auf den Weg gemacht, ihm einen Besuch abzustatten."
"Ist Machi nicht hier?", fragte sie interessiert. Etwas anderes schwang in ihrer Stimme mit. Eifersucht.
"Nein. Warum fragst du?" Aufmerksam betrachtete ich sie. War das Erleichterung in ihrem Gesicht.
"Ich dachte, du hattest Frauenbesuch", versuchte sie beiläufig zu sagen. Doch ich erkannte die Missgunst in ihren Augen. Grinsend schlang ich einen Arm um sie. Der Neid stand ihr auf die Stirn geschrieben.
"Baby, du bist die einzige, mit der ich diese Dinge tun will", schnurrte ich in flirtendem Ton. Sie warf mir einen spöttisch ungläubigen Blick zu und obwohl sie etwas erwidern wollte, tat sie es nicht, sondern biss sich stattdessen auf die Unterlippe.
"Wie auch immer..." Sie löste sich aus meiner Umarmung.
"Ich habe mit Phinks, Feitan und Shalnark telefoniert", redete sie weiter. Bei der Erwähnung des Schwarzhaarigen konnte ich mir ein abwertendes Grunzen nicht verkneifen. Warum nochmal mochte sie ihn? Akane ignorierte meinen Einwand.
"Sie scheinen in der Klemme zu stecken. Shalnark meinte, dass sie jemanden haben, der andere aus weiter Entfernung ausschalten könnte."
"Und?", zuckte ich gelangweilt mit den Schultern.
"Ich denke sie sind in Gefahr..." Mein argwöhnischer Blick schien sie aus der Bahn zu werfen.
"...und wir sollten ihnen helfen", fing sich die Schöne wieder. Ein trauriger Seufzer floss von meinen Lippen.
"Ich kann hier leider nicht weg. Ich muss ihn bewachen." Sie blinzelte.
"Dann gehe ich halt alleine!" Akane drehte sich um. Ohne daran zu denken, dass ich noch immer Zetsu einsetzte, griff ich nach ihrem Oberarm. Sie zuckte zusammen. In ihrer linken Hand verdichtete sich sofort ihre Aura. Die kleine Klinge blitzte auf.
"Ich lasse dich nicht alleine dahin gehen!" Die Worte verliessen zischend meinen Mund. Akane wandte ihren Kopf um, sah mich lange an.

"Verbietest du es mir?" In ihrer Stimme lag Herausforderung. Und Angst. Wenn ich die Situation jetzt nicht entschärfte, würde sie wieder irgendeine Dummheit begehen. Ich atmete laut aus.
"Könnte ich sowieso nicht. Aber ich werde dich begleiten." Ihre Augen erhellten sich sogleich.
"Wenn wir eine Lösung für dieses Problem finden!" Mit dem Daumen zeigte ich in die Richtung der Lagerhalle.
"Kichiro könnte auf ihn aufpassen."
"Du willst ihn alleine hier lassen? Wir sind mindestens drei Tage weg", erwiderte ich skeptisch. Akane nagte nachdenklich auf der Unterlippe herum. Ich legte den Kopf schief. Hatte sie das schon immer getan, oder war es eine neue Angewohnheit? Dann sah ich mich um.
"Wo ist er überhaupt?"
"Ich habe ihm gesagt, er solle draussen warten. Aber viel tun müsste er ja nicht. Nur ein Auge auf den Gefangenen werfen, ihm hin und wieder Wasser und etwas zu Essen. Das wars?" Ich nickte.

Man sah ihr an, dass ihr schlaues Gehirn auf Hochtouren lief. Noch immer auf den Lippen herumbeissend, strich sie sich mit der Hand die Haare aus dem Gesicht. Dann sah sie mich von unten herauf an. Mein Herz begann schneller zu schlagen. Diesen unschuldigen Blick hatte sie perfektioniert und er machte mich fast noch mehr an, als das angriffslustige Funkeln, dass ich so selten bei ihr sehen durfte. Das Blut schoss in meine Hose und die Erregung verteilte sich bebend in meinem ganzen Körper. Ich fühlte mich wie ein Raubtier, dass seine Beute erblickt hatte und kurz vor dem Angriff stand. Als das Beissen aufhörte, sie sich mit der Zunge die Lippen befeuchtete war es um meine Kontrolle geschehen. Mit einem schnellen Schritt nach vorne drängte ich sie rückwärts an die Wand, presste ich mich an sie. Akane liess einen überraschten Aufschrei verlauten. Dieser verstummte jedoch, als ich meine Lippen auf ihre drückte. Wie sehr hatte ich das vermisst! Immer wilder wurde der Kuss. Ihre Zunge umspielte meine. Obwohl ich ihr meine Dominanz aufzwingen könnte, tat ich es nicht. Ich wollte sie zwar als diejenige, die mir unterlegen war, aber sich trotzdem sicher fühlte. Die Schönheit legte ihre Arme um mich. Gierig verlangte ich nach mehr.

Still him... // Hisoka ff HxHWo Geschichten leben. Entdecke jetzt