Testamente in Nurmengard

620 46 24
                                    

Gellert hob ruckartig den Kopf, irgendjemand hatte die Eingangstür von Nurmengard geöffnet. Doch wer war es? Seine Wachen hatten Nurmengard vor Jahrzehnten verlassen. Sie waren unnötig gewesen, aus Nurmengard gab es auch ohne Wachen kein Entkommen. Der einzige, der  Gellert hätte besuchen wollen, war tot. Bei diesem Gedanken floss Gellert eine einzelne Träne über das Gesicht. Er hatte Albus' Tod gespürt. Hatte vorher wochenlang Visionen von seinem Tod gemacht. Und konnte dennoch nichts tun. Albus Tod ging Gellert näher als alles anderes. Warum eigentlich? Wegen Albus war er hier, an einem Ort, der für ihn schlimmer war als alles andere. Gellert kannte die Antwort darauf, warum er  Albus nicht hasste, doch er sprach sie nicht aus.

Gellert wurde aus seinen Gedanken gerissen, seine Zellen Tür öffnete sich. Hinein kam ein Mann, der Gellert an einen Löwen. Vielleicht lag es an der gelbbraunen Haarmähne, die nur durch ein paar graue Haarsträhnen unterbrochen wurde. Die gelben, scharfen Augen des Mannes schauten Gellert verächtlich an. Gellert unterbrach die Stille. "Mit wem habe ich die Ehre?", fragte Gellert leicht provozierend. Der Mann ging nicht auf die Provokation ein, sondern rümpfte nur die Nase. "Mein Name ist Rufus Scrimgeour und ich bin amtierender Zaubereiminister. Und Sie sind Gellert Grindelwald?", fragte Scrimgeour. "Wer sollte ich sonst sein?", antwortete Gellert mit einer Gegenfrage. Ihm gefiel dieses Gespräch nicht. Was wollte der Zaubereiminister hier bei ihm? Doch der Minister beantwortete direkt diese stumme Frage: "Ich bin hier wegen des Testaments von Albus Percival Wulfric Brian Dumbledore." Gellert verschluckte sich, war Albus lebensmüde gewesen? Er hatte doch nicht ernsthaft einen Schwarzmagier in seinem letzten Willen erwähnt? Scrimgeour sprach weiter:" Doch bevor ich zum Testament komme, möchte ich noch etwas sagen:" Es ist einfach nur verachtenswert, dass Dumbledore Sie im Testament erwähnt hat. Sie waren, nach den jetzigen Ereignissen, das Schlimmste, was dieser Welt passiert ist. Und Dumbledore fällt nichts besseres ein, als mich dazu zu zwingen, hierhin nach Nurmengard zu gehen. Und wenn man Dumbledores Worten im Testament traut, hatten sie eine enge Beziehung miteinander. Und Dumbledore hielt immer noch an ihr fest. Dumbledore ist genauso verachtenswert wie Sie!" Scrimgeour stoppte, sein Wutausbruch war vorbei. Doch Gellert erhob sich langsam und ging auf den Minister zu. Bevor dieser reagieren konnte, hatte Gellert ihm schon eine Ohrfeige verpasst. "Wagen Sie es nie wieder, ihre Stimme gegen Albus zu erheben!", sagte Gellert nur. Jetzt hatte Scrimgeour genug, er pfefferte Gellert einen Brief vor die Füße und verließ die Zelle mit den Worten, das sei das Einzige, das Dumbledore Gellert hinterlassen habe.

„Viel mehr, als unsere Fähigkeiten sind es unsere Entscheidungen, die zeigen, wer wir wirklich sind."

Gellert bückte sich langsam nach dem Brief. Er fing an zu lesen:

Lieber Gellert,                                                                                                                                                                           Wenn du das liest, bin ich tot, doch ich möchte dir noch ein paar Dinge sagen. Ich dachte immer, ich könnte dir nie für das verzeihen, was du getan hast. Doch mit der Zeit habe ich begriffen, dass ich dir nie böse war. Ich habe dich nie gehasst. Du fragst dich bestimmt, warum. Immerhin weißt du selbst, wie schrecklich deine Taten waren. Doch du selbst hast gesagt, du würdest ihre Welt niederbrennen. Meine Welt hast du niedergebrannt. Es gibt eine Antwort darauf, warum ich dich nicht töten konnte, dich nicht den Dementoren ausliefern konnte. Du kennst die Antwort: Liebe. Ich bin nie über dich hinweggekommen. Doch ich habe dich trotzdem besiegt. Es war für das größere Wohl. Ich habe das größere Wohl über die Liebe gestellt. Ich hoffe, du kannst das verstehen. Mir verzeihen.                                                                                                                                                    Wir sehen uns im Jenseits.                                                                                                                                                  Für immer dein.

Albus


Über Gellerts Wangen flossen Tränen. Albus hatte das ausgesprochen, was er immer gedacht hatte.

"Es tut mir leid, Albus.", sprach Gellert in die Stille Nurmengards.

„Die Wahrheit ist etwas Schreckliches und Schönes zugleich und sollte daher mit großer Umsicht behandelt werden." 

„Das ist das Problem: Die Menschen haben den Hang, genau das zu wählen, was am schlechtesten für sie ist."

"Liebe, Arroganz, Naivität"


Grindeldore OneshotsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt