Hanji Zoe

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Drei Jahre waren seit Ninas Tot und der letzten Epidemie vergangen.
Drei Jahre, in denen Erwins Verhalten sich nicht wieder in die vertrauten Bahnen, wie bei ihrem Kennenlernen als Kinder, geändert hatte.
Es war zum verrückt werden.
Wenigstens ihr Vater hatte sich irgendwann wieder gefangen und hatte den Tot ihrer Schwester irgendwie verarbeiten können.
Eysa selbst war sich da tatsächlich nicht so sicher, ob auch sie das hatte schaffen können.
Sie lebte, atmete, doch hatte sie je trauern können?
Der einzige Prozess der Verarbeitung, den sie an sich heranließ, war das Zeichnen.
Etwas das sie zuletzt als Kind getan hatte, kurz bevor ihre Mutter starb.
Danach hatte sie damit aufgehört.
Hatte wohl einfach keine Zeit mehr dazu gefunden, doch nun...
Sie Zeichnete Die Menschen um sich herum.
Zeichnete, ihre Vater, Mike und Erwin,... vor allem Erwin.
Doch hatte sie auch Bilder ihrer Mutter und Nina gemalt.
Und mit jedem Bild von Nina, jedem Lachen, Lächeln, jeder Träne, die sie von ihrer Schwester malte, fühlte sie sich sehr viel leichter.
Ähnlich ging es ihr mit Erwin, auch wenn die Schwere bei ihm immer wieder auftrat, da sie ihn jeden Tag sah.

In der Nacht zuvor, hatten sie die neuen Rekruten in ihrer Garnison aufgenommen und wie immer hatte sich gerade mal eine Handvoll Soldaten für den Aufklärungstrupp entschieden.
Von denen ein Drittel wohl schon bei ihrer ersten Mission am heutigen Tag, sterben würde.
Besonders heraus aus der Gruppe der Neuen, stach eine junge Frau mit zotteligem, braunem Haar und einer Brille.
Sie schien so von Wut erfüllt zu sein, das Eysa sich fragte, ob sie schon jemanden an einen Titanen verloren haben könnte.
Sie sprach kaum und wenn, dann waren es bloß abgehakte, grimmig dahin gesprochene Worte.
Ihr ganzer Körper schien angespannt wie eine Bogensehne, als sie auf ihren Pferden hinausritten.
Sie ritt an Eysas Seite und als sie hinter der Mauer dem ersten Titanen begegneten, war sie ohne Furcht, als sie ihr 3D Manöver Gerät nutzte, um gegen sie zu kämpfen.
Sie stach wie eine Furie auf die Titanen ein, dem einen rammte sie ihre Klinge komplett bis zum Schaft ins Auge und grinste dabei wütend.
Zwei der neuen Rekruten wurden gefressen, noch ehe sie den Rücken ihres Pferdes verlassen konnten.
„Ein Abnormer!", schrie einer von rechts und Eysa hakte sich aus dem langsam verdampfenden Rücken, des am Boden liegenden Titanen aus und an einem nahegelegenen Baum wieder ein, um kurz darauf mithilfe ihrer Ausrüstung durch die Bäume in Richtung des Abnormen zu gleiten.
„Der gehört mir!", schrie die Brünette plötzlich wild neben ihr und verbrauchte viel zu viel Gas, um Eysa zu überholen.
Verdammt, das war doch kein Wettstreit!
Sie brachte so alle in Gefahr!
Schneller folgte Eysa ihr nun, um schlimmeres zu verhindern, doch noch ehe sie den Abnormen erreichte, packte ein anderer ihre Körpermitte und riss sie zu sich hinab.
Schnell hakte sie sich in dessen Wade ein und schlitterte am Boden entlang um ihn herum.
Er war von der 10 Meter Klasse und als sie ihn umrundete, löste sie die Haken und schoss sie erneut ab, um sie in seinem Nacken zu versenken und sich mithilfe des Gases zu ihm hinauf zu katapultieren.
Sein Kopf war so schmal, das sie nicht bloß seinen Nacken durchtrennte, sondern seinen gesamten Hals, woraufhin sein Kopf einfach zu Boden fiel und er die Neue losließ.
Sie fiel zu Boden und fluchte lauthals.
Schnell kam Eysa neben ihr auf dem Boden an, waren doch alle anderen Titanen um sie herum bereits tot.
Vorerst waren sie also in Sicherheit, weswegen sie sich fluchend der Frau zuwandte.
„Was zum Teufel ist los mit dir!? Verdammt, du musst hier draußen deine Kontrolle bewahren, sonst bist du schneller tot als du gucken kannst. Zudem bringst du auch deine Kameraden in große Gefahr!", wie Eysa sie zurecht, doch nahm die junge Frau sie gar nicht wirklich wahr.
Sie war so unglaublich wütend, das sie sich dem verdampfenden Titanen zuwandte und heftig nach dessen abgetrennten Kopf trat, welcher wie ein Ball einfach davonrollte.
Mit einem Mal stand sie wie erstarrt da und blickte dem Kopf hinterher.
„Was hast du?", fragte Eysa daher unsicher, weil sie fürchtete, sie hätte sich verletzt, oder würde irgendetwas sehen, das ihr entging.
„Er war... so leicht", murmelte sie leise und Eysa runzelte die Stirn.
„Was?", „Der Kopf", begann sie erneut, „er war so leicht."
Eysa begriff nicht, worauf sie hinauswollte.
„Das war ein 10 Meter Titan", sagte sie leise und wandte sich ihr nachdenklich zu, „selbst wenn er verdampft, ist sein Kopf in der Relation zu seinem Körper viel zu leicht. Ich konnte ihn ohne Probleme wegtreten, das sollte so nicht sein. Das ist... merkwürdig", murmelte sie.
„Verdammt, auf eure Pferde!", schimpfte Shadis, welcher mit seinem Pferd neben ihnen zum stehen kam, „wir reiten zurück!", rief er aus und Eysa sah verbissen zu ihm auf.
Sie waren gerade mal zwei Stunden hier draußen.
Sie hatten nicht einmal einen Außenposten errichtet.
Verdammt, die Menschen innerhalb der Mauern würden sie auseinandernehmen.
Sie hatten erneut Steuergelder verschwendet, nur damit sie die Soldaten sterben ließen.
Sie hatten wieder einmal nichts erreicht.
„Eysa", hörte sie ihren Namen und blickte zu Erwin, welcher ihr Pferd am Zaumzeug hielt, auf.
Kurz sah sie noch einmal zu der Frau, welche noch immer dort stand, wo sie den Kopf weggetreten hatte, dann steckte Eysa ihre Halbklingenschwerter in die Holster zurück und lief langsam zu ihrem Pferd.
„Kennst du sie?", fragte Erwin mit einem nicken zu der Frau.
„Ich glaube sie heißt Hanji Zoe. Sie ist eine der neuen Rekruten", setzte sich Eysa auf ihr Pferd und ritt noch einmal auf die Frau zu, „Soldat Zoe?"
Eysa sprach ruhig und endlich sah die junge Frau zu ihr auf.
„Wir reiten zurück. Wo ist dein Pferd?"
Hanji sah sich suchend um, sie wirkte anders, als noch vor ein paar Stunden.
Es schien, als hätte ihre gesamte Wut sie verlassen und sie wäre nun völlig gelöst.
Sie hob ihre Finger an die Lippen und pfiff einmal laut auf, es dauerte nur einen Moment, da kam ihr Pferd auch schon zwischen den Bäumen angelaufen und sie setzte sich drauf.
Entspannt und dennoch noch immer nachdenklich, sah sie Eysa an: „Danke, das du mich gerettet hast", dann ritt sie an Eysa vorbei zum Trupp.
„Komische Person", murmelte sie und Erwin trabte an ihre Seite: „Was ist los?", fragte er ernst.
„Ich weiß es nicht", gab Eysa wahrheitsgemäß als Antwort und sah ihn kurz an.
Man konnte fast meinen, er mache sich Sorgen, aber in Wirklichkeit behielt er nur alle seine Kameraden im Auge.
Immerhin konnten sie sich nicht noch mehr Verluste leisten.
„Danke für mein Pferd", gab sie geistesabwesend von sich und gab ihrem Pferd die Sporen, um die Anderen einzuholen.
Sie wusste, das Erwin ihr folgen würde, aber er folgte im Grunde nicht ihr, sondern dem Trupp.
War war nur aus ihnen geworden?
Aus ihrer Freundschaft?
Als sie Mauer Maria durch das Tor in Shiganshina wieder betraten, sah sie schon die Blicke der Bevölkerung auf ihnen Ruhen.
Sie sah ihre fragendes und verwirrten Blicke, weil sie schon zurück waren und dann begann die ausrufe.
Sie beschimpften den Aufklärungstrupp und kurz schloss Eysa die Augen, um diesen Mist an sich abprallen zu lassen.
Die Menschen sahen nur die schwindenden Steuergelder, nicht das, was sie versuchten für alle zu erreichen.
Was sie für die Menschheit versuchten zu erreichen.
Eysa ballte die Hände fester um die Zügel und war dankbar, als sie Shiganshina hinter sich ließen und ihren Weg zur Kaserne zurücklegten.

.....
„Hey, kann ich kurz mit dir reden?"
Eysa stand gerade in der Box ihres Pferdes und rieb es vom Ritt trocken, als Hanji in die Box trat und Eysa überrascht aufblickte.
„Sicher, wenn es dich nicht stört, das ich mich um Miko kümmere?"
Sie nickte und schien mit einem Mal unsagbar aufgeregt.
„Also, dieser Titan...", begann sie und Eysa sah sie über den Rücken von ihrem Pferd hinweg an: „Was ist mit ihm?"
Sie hob ihre Hände, als würde sie etwas darin halten und sah auf diese mit einem merkwürdigen funkeln in den Augen hinab.
„Erinnerst du dich, als ich sagte, das sein Kopf zu leicht war für seine Größe?", fragte sie Eysa und diese nickte.
„Ich habe mich gefragt, ob es damit zu tun hat, das sie, sobald sie sterben, verdampfen. Vielleicht bestehen sie nur aus heißer Luft? Vielleicht habe es noch einen anderen Grund?"
Sie sah von ihrem Händen zu Eysa auf und dieses funkeln wirkte nun als sei sie verrückt geworden.
Eysa legte das Tuch, mit welchem sie Miko abgerieben hatte, langsam beiseite und sah sie unsicher an: „Hör mal, ich weiß das die erste Mission teilweise leicht verstörend sein kann. Aber wenn du Hilfe brauchst...", „Nein. Nein die brauche ich nicht. Ich bin nicht verstört oder etwas in der Art. Ich denke nur, dass wir mehr über die Titanen herausfinden könnten, wenn wir sie nicht töten, sondern erforschen."
Eysa runzelte die Stirn und trat um Miko herum auf Hanji zu: „Das klingt verrückt. Wie stellst du dir das vor? Wir willst du einen Titanen erforschen? Glaub mir, dich außerhalb der Mauer hinzustellen und anzufangen sie zu beobachten, wird etwas schwierig."
„und wenn wir sie mit hierher nehmen würden?", fragte sie begeistert, was Eysa erstaunt die Bauen hochziehen ließ, ehe sie auflachte: „Jetzt weiß ich sicher, das du den Verstand verloren hast."
Sie schüttelte den Kopf und ergriff Eysas Hände: „Nein, hör doch. Wenn wir einen von ihnen hierher bringen und studieren könnten....", „Shadis würde dir das niemals gestatten", unterbrach sie die junge Frau sofort, die sofort nachdenklich ihre Hände wieder sinken ließ.
„Das stellt natürlich ein Problem dar."
Eysa trat einen Schritt zurück und sah sie skeptisch an.
„Ich finde einen Weg", sagte sie daraufhin begeistert und lief zum Eingang der Box.
Sie war schon draußen, doch dann wandte sie sich noch einmal zu ihr um und fragte: „Wie heißt du eigentlich?"
Irritiert sah Eysa sie an: „Eysa.... Eysa Evergreen", murmelte sie und Hanji sah sie begeistert an.
„Ich bin Hanji Zoe, aber das weißt du sicherlich schon", damit rannte sie freudestrahlend davon und Eysa schaffte es nur leise zu murmeln: „Ich... weiß."
Den Kopf verwirrt schüttelnd, über den plötzlichen Sinneswandel der Frau, begann sie Miko zu striegeln.
„Was war nur los mit ihr?"

.......

Zwei Wochen später brachen sie erneut zu einer Expedition auf und Hanji war wie ausgewechselt.
Sie jubelte geradezu laut auf, als sie das Tor in Shiganshina verließen.
Mehrere Soldaten sahen sie irritiert an und Eysa fragte sich, wie es sein konnte, das dieser Titanenkopf ihre Gesinnung in solch einem Ausmaß verändern konnte.
Sie preschte lachend vor, sobald sie Titanen begegneten und regte sich sogar auf, als der Trupp diese erlegte.
Eysa konnte über sie nur immer wieder den Kopf schütteln, doch fragte sie sich wirklich, welcher Kommandant ihr allen ernstes gestatten würde, einen Titanen zu Forschungszwecken mit zu einer der Kasernen innerhalb der Mauern zu nehmen.
Shadis mochte zwar nicht der beste Kommandant sein, aber verrückt war er nicht.
Dennoch... dennoch kam sie nicht umhin sich einzugestehen, das sie recht hatte.
Der Kopf eines Titanen sollte nicht einfach so weggetreten werden können, völlig gleich wie groß er war.


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