Der Tot lauert hinter jeder Ecke

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Erwin hatte ihr neue Kleidung gebracht und sich dann die ganze restliche Nacht nicht wieder bei den Beiden blicken lassen.
Woran lag es, das er solch ein Feigling war?
Was genau war sein Problem?
Er saß die meiste Zeit draußen, an die Mauer des Gebäudes gelehnt und versuchte irgendwie ein wenig Schlaf zu bekommen.
Doch als seine unendlich wirren Gedanken ihn nicht ließen, war er wieder hineingegangen und hatte, wo er nur konnte, den freiwilligen Helfern unter die Arme gegriffen.
Es war bereits der nächste Abend hereingebrochen, als ihm endlich der Gedanke kam, nach ihrer Familie zu suchen.
Soweit er wusste, waren sie schließlich nicht zuhause gewesen, waren wohl überhastet aufgebrochen, weswegen nur die Möglichkeit blieb, das sie selbst irgendwo in dieser Quarantäne, oder zumindest auf dem Weg hierher gewesen waren.
Er wünschte sich nur, ihm wäre dieser Gedanke eher gekommen.
Er lief zu einer der Schwestern und hielt sie mit einer Hand an ihrem Arm auf.
Sofort blickte sie ihm ins Gesicht.
Sie war eine ältere Frau, vielleicht Mitte, Anfang 40.
Viele Falten gruben sich durch die Haut in ihrem Gesicht und ergraute Strähnen im hochgesteckten Haar waren deutlich zu erkennen.
Im Allgemeinen sah sie wohl älter aus, als sie mit Sicherheit war, was wohl dem Beruf, oder anderen Lebensumständen zu verschulden war.
„Bitte ich.... haben sie wohl Informationen von den Patienten hier?"
Sie sah ihn einen Moment lang einfach nur an, ehe sie von seinem Gesicht zu seiner Uniform blickte.
Sie verzog daraufhin das Gesicht, wie die Frau am Vortag es bereits getan hatte und Erwin verfluchte sich, weil er nicht daran gedacht hatte, diese auszuziehen.
Wäre Nile, mit dem Abzeichen der Militärpolizei jetzt hier, würde die Situation natürlich anders aussehen.
Warum mussten die Menschen nur auch so verbohrt gegenüber dem Aufklärungstrupp sein?
Er nahm seine Hand fort und wartete, in der Hoffnung, das sie ihm überhaupt antworten würde.
Mit großer Erleichterung, sah er sie schließlich nicken.
„Nun, nicht über jeden. Viele sind leider bis zu ihrem Dahinscheiden unidentifiziert geblieben. Doch haben wie alle aufgeschrieben, deren Namen wir kannten, oder deren Namen uns von Freunden, oder Familienmitgliedern zugetragen wurden.
ER nickte dankbar: „Und, wäre es möglich, das ich irgendwo einsehen könnte, ob die Familie einer Freundin hier ist?"
Oder ob sie es waren, das würde ihm schon helfen.
Sie nickte erneut: „Ja, wir haben ein schwarzes Brett aufgestellt, wo wir eine Liste ausgehängt haben, für solche Fälle, wie ihrer", dabei deutete sie mit der Hand auf eine Wand, rechts in der Ecke nahe des Eingangs und verschwand dann auch sofort, ehe Erwin sich bedanken konnte.
Er drückte sich zwischen den Leuten, provisorischen Betten und am Boden liegenden Kranken hindurch und besah sich das Brett.
Neben ihm stand eine kleine alte Dame, welche mit dem Finger über eine der Listen strich, ehe sie abrupt ihre Hand vor den Mund presste, um einen verzweifelten Laut zu unterdrücken und sich mit Tränen in den Augen abzuwenden.
Erwin sah ihr nach, ehe er sich schweren Herzens den Listen zuwandte.
Er selbst nutzte nicht seinen Finger, wie die Frau, da er spürte wie dieser vor Anspannung zitterte.
Es gab im Grunde keine Liste der lebenden Patienten, bloß mehrere nebeneinander Hängende, auf denen die Namen der verstorbenen standen.
Es waren so viele Namen, dass Erwin kurz durchatmen musste, ehe er sich die Listen eine nach der Anderen durchsah.
Erst auf dem dritten Blatt hielt er mit den Augen inne und musste sich den Namen mehrmals ansehen, um sich wirklich sicher zu sein.
Seine Augen verzogen sich schmerzhaft, seine Hände ballten sich und er versuchte sich auch noch auf die anderen Listen zu konzentrieren, nur um sicherzugehen, dass er nichts übersehen hatte.
Als er sich schließlich abwandte, sichtlich gestraffter und mit festem Schritt, bereit endlich zu Mike und Eysa zurückzukehren.
Als er sich durch die Betten gearbeitete hatte, erblickte er als erstes Mike, welcher mit geschlossenen Augen auf seine Arme gelehnt, am Bettende lag und eine Hand fest um Eysas geschlungen hatte.
Erneut erfasste ihn dieses merkwürdige Gefühl, das ihn so lange von hier ferngehalten hatte, doch schluckte er einmal fest und lief sofort weiter auf sie zu.
Als er bei ihnen ankam, sah er, das Eysa mittlerweile das weiße Hemd trug, das er in der Stadt günstig erstanden hatte und welches ihr wegen der Größe, wohl bis zu den Knien reichen würde.
Doch konnte er ihre Beine nicht sehen, da nun eine dünne Decke über sie gebreitet lag.
Hatte Mike sie gewaschen, oder war es eine der weiblichen Helferinnen gewesen?
Der Gedanke das Mike es getan haben könnte, widerstrebte Erwin, doch konnte er seinem Kameraden wohl kaum Schuld daran geben.
Sanft berührte er seinen Freund an der Schulter, um ihn zu wecken.
Sofort war er hellwach, fuhr nach oben und sah panisch zu Eysa, ehe er seinen Blick zu Erwin anhob und diesen lange ansah.
„Ich glaubte, du kommst nicht wieder."
Erwin seufzte leise und nickte: „Ich glaubte es selbst nicht", dann sah er zu Eysa, welche so unglaublich blass war, dass man kaum noch die Sommersprossen auf ihren Wangen und der Nase sehen konnte.
Es war so seltsam sie so zu sehen, da ihre Haut sonst immer von einem sonnen braunen Teint überzogen war.
„Wie geht es ihr?"
Als er wieder zu Mike blickte, runzelte dieser mit Blick zu Eysa, die Stirn und befühlte verwirrt ihre Hand, ehe er abrupt aufsprang und diese an ihren Hals legte.
Eiskalte Schauer überzogen sofort Erwins Körper und es war, als wenn jemand Wasser über seinen Kopf gegossen hätte.
Das durfte nicht sein, nicht sie, nicht so!
Er musste ihr noch so viele Dinge sagen, oder auch nicht sagen, aber... Sie sollte nicht einfach gehen!
„Sie atmet nicht!", gab Mike fast schon erstarrt von sich.
Seine Augen waren weit aufgerissen, wie als wenn er unter Schock stünde und sofort trat Erwin auf die andere Seite ihres Bettes und begann mit einer Herzmassage, so wie er es einst von seinem Vater, in seiner Jugend gelernt hatte.
„Geh! Hol Hilfe!", gab er Mike die Anweisung und fuhr ihn dabei mit fester und etwas lauterer Stimme an, damit er aus seiner Starre gerissen wurde.
Mike zuckte zusammen, sah ihn geschockt an und rannte los.
„Verdammt Eysa!"
Erwin drückte immer wieder auf Ihren Brustkorb nieder und hoffte, dass er es nicht falsch machte.
Er hatte in seinem Leben nie solche eine Methode anwenden müssen und betete nun, dass er es nicht schlimmer machte, oder ihr etwas dabei brach.
„Erwin!", hörte er Mikes Stimme, welcher mit Dr. Jäger zurückgekehrt war.
Das er ihn so schnell überhaupt gefunden hatte, kam einem Wunder gleich.
Erwin hörte nicht auf, erst als der Doktor ihm das Zeichen dazu gab und den Puls von Eysa erfühlen wollte.
Er schüttelte den Kopf: „Machen sie weiter, bis ich ihnen sage sie müssen stoppen. Dann werde ich ihrer Freundin Sauerstoff in die Lungen pumpen und danach nehmen sie die Herzmassage wieder auf."
Erwin nickte angespannt und hatte schon, während der Doktor sprach, seine Tätigkeit wiederaufgenommen.
„Ich habe nur kurz geschlafen, sie... sie hat noch geatmet, als ich einschlief", beteuerte Mike schwer atmend neben dem Doktor.
„Niemand kann etwas dafür. Ihr Körper ist geschwächt, ihre Lungen konnten schon seit längerem nicht genug Sauerstoff aufnehmen und ohne das Mittel...", verstummte der Arzt und auch wenn Erwin wusste, das Mike wirklich keine Schuld traf, gab ein kleiner Teil in ihm doch die Schuld daran, während ein anderer Teil ihm selbst ebenso viel Schuld einräumte, da er nicht da war.
Doktor Jäger sah nun ernst zu Erwin auf und gab ihm das Zeichen zu stoppen.
Sofort ließ Erwin von ihr ab, weil er nichts falsch machen wollte und sah mit großen Augen zu, wie Dr. Jäger Eysas Kopf nach hinten in den Nacken legte, ihre Nase zuhielt und ihren Mund mit seinem Bedeckte, um ihr Luft in die Lungen zu pusten.
Das tat er zweimal, ehe er Erwin wieder das Zeichen gab, weiterzumachen.
In der Zwischenzeit, rief er eine Schwester herbei und bat diese, seine Tasche zu holen.
Eilig nickte sie und lief los.
Es dauerte nur zwei weitere Mund zu Mund Beatmungen mehr, da war sie schon zurück und reichte dem Doktor seine Tasche.
Dr. Jäger beugte sich hinab, öffnete seine Arzttasche, zog ein kleines Fläschchen hervor und bereitete mit der Flüssigkeit darin eine Spritze vor.
„Ist das... das Heilmittel?", fragte Erwin angestrengt, ohne seine Tätigkeit zu unterbrechen.
Bedauernd schüttelte er den Kopf: „Das würde ihr in diesem Zustand nicht helfen. Das Heilmittel kann sich nur in der Blutbahn verteilen, wenn ihr Herz schlägt."
Verzweifelt sah Erwin während seiner Tätigkeit auf Eysa hinab.
Verdammt, sie waren Soldaten!
Sie hatten ihr Leben dem Aufklärungstrupp verschrieben und waren bereit zu sterben.
Aber doch nicht so!
Nicht niedergestreckt von einer Krankheit!
Als Dr. Jäger die Spritze aufgezogen hatte, klopfte er mit dem Finger einmal dagegen und drückte die Luft aus dieser.
„Hören sie auf!", wies er ernst an und Erwin ließ nur widerstrebend von ihr ab.
Dr. Jäger öffnete ein Stück von Eysas Hemd, schlug dieses beiseite und betastete ihren Brustkorb, ehe er mit der Spritze ausholte und diese heftig in ihren Körper rammte, dort wo das Herz lag.
Er drückte die Flüssigkeit in ihr Herz, zog die Spritze fort und sah sie forschend an.
Nichts passierte.
„Wenn sie zu lange... tot war... dann ...könnte diese Hilfe zu spät kommen", gab er leise von sich und Erwin sah ihn mit großen Augen an.
„Woran erkennt man, dass es zu spät ist? Wie lange dauert das sonst?"
Dr. Jäger schüttelte den Kopf: „Normalerweise müsste das Adrenalin fast sofort nach Injizieren wirken."
Er sah bedauernd von Erwin zu Mike und schüttelte dann erneut den Kopf.
„Entweder, waren wir zu spät, oder aber, ihr Herz war einfach nicht mehr stark genug."
Nicht stark genug?!
Eysa besaß ein Kämpferherz!
Wenn er schon nichts über Medizin wusste, doch daran kann es nicht gelegen haben.
Eysa hatte gekämpft, seitdem ihre Mutter gestorben war.
Sie hatte für ihre Familie gekämpft und dabei nie zuerst an sich gedacht.
Erwin weigerte sich einfach hinzunehmen, das ihr Herz nicht stark genug gewesen sein sollte und er weigerte sich hinzunehmen, das sie ihm hier und jetzt einfach wegstarb, weswegen er wieder auf sie zutrat und erneut begann ihr Herz zu massieren.
„Sie können aufhören", versuchte der Doktor ihm sanft zuzureden, doch Erwin konnte und wollte seine Kameradin, seine Freundin, nicht so einfach sterben lassen.
„Verdammt Eysa, atme!", zischte er angestrengt und beugte sich selbst hinab, um sie zu beatmen, doch noch ehe seine Lippen ihre berühren konnten, riss sie die Augen auf und sog heftig die Luft in ihre Lungen, ehe sie schwerfällig hustete.
Verwirrt, erleichtert und glücklich, gab Erwin einen Laut von sich, der fast schon an ein Schluchzen erinnerte.
Er legte ihr seine Hände an die Wangen und sah ihr in diese unglaublich blauen Augen, die ihn in diesem Moment an einen Sturm, oder das Wasser in weiter Tiefe erinnerten und die er niemals zuvor so wahrgenommen und zu würdigen gewusst hatte, wie in diesem Moment.
Kurz lehnte er seine Stirn an ihre, schloss erleichtert die Augen und ließ dann schwer atmend vor Anstrengung, von ihr ab.
„Bitte,... geben sie ihr endlich das Heilmittel", bat er Dr. Jäger verzweifelt, als Eysa wieder flatternd die Augen schloss und bewusstlos wurde.
Jedoch hob und senkte sich ihre Brust wieder in regelmäßigen Bewegungen, was ihn ungemein erleichterte.
Dr. Jäger sah ihn lange an, ehe er leicht nickte: „Hören sie, alle Kinder sind durch geimpft. Morgen früh, muss die nächste Fuhre davon fertig sein, dann bekommt ihre Freundin etwas davon."
Dankbar und unendlich erleichtert nickte Erwin und sah nun an dem Arzt vorbei zu Mike: „Geht es dir gut?"
Sein Kamerad und Freund nickte zittrig, schweiß stand ihm auf der Stirn und er sah unendlich blass aus, doch... Erwin war sich sicher, das es nicht daran lag, das er sich angesteckt hatte.
Es war eher der Schock.
Sie hatten draußen vor den Mauern, so viele Kameraden seit ihrem Eintritt in den Trupp verloren, aber das hier,... das hier war eines Soldaten unwürdig.
Oder war es, weil er für Eysa so viel empfand, das er sie nicht verlieren konnte?
Durfte Erwin diesen Gefühlen seines Freundes überhaupt im Wege stehen?
Dr. Jäger, für den alles gesagt schien und der noch einmal kurz Eysa untersuchte, ließ sie wieder allein und begann sich um seine anderen Patienten zu kümmern.
Mit gerunzelter Stirn, aufgrund seiner sonderbaren Gefühle, die von Eifersucht, zu Erleichterung und so vieles Mehr gingen, setzte Erwin sich erst einmal auf einen der Stühle.
Mike, welcher sich langsam beruhigte, trat wieder auf sie zu, legte seine zittrigen Hände an ihr Hemd und begann den Knopf zu schließen, den der Arzt geöffnet hatte, ehe auch er sich erneut setzte und wieder besorgt ihre Hand ergriff.
Erwin auf der anderen Seite betrachtete sein Vorgehen lange und unsicher, ehe er zögerlich das Gleiche tat und ihre andere Hand ergriff.
„Wo...", Mike schluckte und schloss kurz die Augen, ehe er ihn über Eysa hinweg betrachtete, „wo warst du?"
Es war ein leichter Vorwurf in seiner Stimme zu hören, doch wusste Erwin, das Mike ihm nichts übelnahm, da dieser wohl ach nur zu gerne eine Pause gebraucht hätte, wenn Erwin ihn gelassen hätte.
„Ich habe überall ein wenig mitgeholfen und... dann habe ich versucht ihre Familie zu finden, weil ich annahm, sie könnten hier sein."
Überrascht sah Mike ihn an: „Und?"
Erwin senkte den Blick auf Eysas Hand in seiner und strich leicht mit seinem Daumen über ihren Handrücken.
„Ich habe eine Liste mit verstorbenen gesehen. Es stehen wahrlich nicht alle drauf, nur die... die man auch identifizieren konnte."
„Erwin, spann mich nicht auf die Folter. Standen die Namen ihrer Familie drauf, oder nicht?"
Erwin biss seine Zähne zusammen, ehe er tief durchatmete: „Nur einer", gab er schließlich leise wieder und verspürte erneut den klammernden Schrecken um sein Herz, wie in dem Moment, als er ihn gelesen hatte.
Doch anstatt Mikes Stimme, vernahm er eine andere, sehr viel leisere und brüchigere: „Wer?", fragte sie leise und Erwin schloss kurz die Augen und sah dann zu Eysa auf, welche keinen von ihnen beiden ansah, sondern bloß schwach zur Decke hinaufblickte.
Warum hatte sie ausgerechnet jetzt aufwachen müssen?
Warum hätte sie nicht noch schlafen und Erwin so eine Gelegenheit geben können, sich zurechtzulegen, wie er es ihr am besten beibrachte.
Warum musste das alles überhaupt geschehen?
„Bitte... sag... es mir", murmelte sie leise und schwer atmend.
Sie atmete noch immer ruhig, doch war es ein angestrengtes Atmen, was durch die Krankheit hervorgerufen wurde.
Fast alle Kranken hier atmeten so.
Weswegen Erwin nur zu gut wusste, wie anstrengend, jedes Wort für sie sein musste.
Er ließ ihre Hand langsam los, schaffte es nicht sie dabei anzufassen und war sogar dankbar, dass sie ihn dabei nicht ansah.
Es war das erste Mal, dass er jemanden eine solche Nachricht übermitteln musste und dann auch noch bei einer Freundin, einer Kameradin, jemanden dessen Familie er persönlich kannte und die er sogar als seine Eigene betrachtete.
Er sah zu ihr auf und sagte dann leise: „Der Name deiner Schwester, stand auf einer der Listen."
Es war schwer, so unsagbar schwer, vor allem, da er genau wusste, wie viel ihr ihre Schwester bedeutete, das sie sie praktisch großgezogen hatte, nach dem Tot ihrer Mutter.
Nicht zuletzt, das sie die Welt für ihre Schwester von den Titanen befreien wollte, damit diese ein besseres Leben führen konnte.
Und nun, war gerade diese Schwester, an einer Krankheit gestorben, die keiner von ihnen wirklich begreifen konnte.
Er sah, wie sie die Hände auf den verwaschenen Laken ballte und wie sie ihre Zähne fest zusammenbiss.
Sie gab keinen Laut von sich, dennoch schloss sie gequält die Augen und er sah einzelne Tränen an ihren Wangen hinabrollen.
Erwin wandte seinen Blick von ihrem Gesicht ab, stählte sein Herz gegen den Schmerz den er selbst bei ihrem Anblick empfand und versuchte sich nicht anmerken zu lassen, wie er sich fühlte.
Alles was ein Außenstehender nun sehen würde, war die kühle Maske der Gleichgültigkeit.
Wie gerne jedoch würde er sie trösten, sie in den Arm nehmen.
Etwas, das er für jeden seiner Freunde tun würde, aber nicht konnte.
Am besten hielt man Gefühle von sich fern.
Ließ sie nicht zu nahe an sich heran, damit sie einen nicht auffraßen.
Er würde noch oft in solche Situationen kommen.
Situationen, in denen er seine Freunde und Kameraden sterben sehen würde, auf die ein oder andere Art.
Er hatte sich schon einmal gegen Gefühle und für den Aufklärungstrupp, für seine eigenen Ziele, entschieden.
Hatte Marie Nile überlassen, obwohl er ebenfalls um sie hätte kämpfen können und vielleicht ihr Herz gewonnen hätte.
Doch im Nachhinein betrachtet, war es die beste Entscheidung gewesen dies nicht zu tun, da er jetzt bemerkte, wie unbedeutend seine damaligen Gefühle für Marie, im Vergleich zu denen waren, die er für Eysa empfand.
Doch er würde jetzt auch nicht damit anfangen Gefühle dieser Art zuzulassen, zumal Mike allem Anschein nach Interesse an ihr hatte.
Also würde er diese Entscheidung, die er damals schon getroffen hatte, nicht überdenken, sondern weiterhin bestehen lassen und niemals eine Frau für sich beanspruchen, oder gar eine Familie gründen, denn Fakt war, sie starben alle irgendwann im Aufklärungstrupp.


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