Ein Abschluss

46 5 6
                                    

Als sie die Kaserne betraten, war die Stimmung mehr als erdrückend.
Die Verletzten wurden sofort ins Lazarette gebracht und alle anderen kümmerten sich um die Toten.
Jeder von Ihnen kümmerte sich darum, das die Toten an die Familien überbracht wurden und mussten diesen die traurige Nachricht überbringen, das Ihre Lieben nicht wieder nach Hause zurückkehren würden.
Das alles erinnerte sie zu sehr an Peter Fitzgibbons, welcher regelrecht zusammengebrochen war und bei dem sie nicht bis zum Ende durchgehalten hatte, sodass Levi es zu ende hatte bringen müssen.
Eysa litt, doch unterdrückte sie dieses schneidende Gefühl in Ihrer Brust.
Als sie daraufhin endlich wieder zurück in der Kaserne war, begab sie sich ohne etwas zu essen, in Ihr Zimmer und begann wieder wie eine besessene zu malen.
Dieses mal war es nicht Jered O'Tool.
Es war Mia Fitzgibbons, Moses Braun und all die Anderen, dessen Namen sie nicht zwangsläufig kannte, aber an deren Gesichter sie sich nur zu deutlich erinnern konnte.
Sie spukten in Ihrem Geist herum und quälten sie so lange, bis sie jeden einzelnen von Ihnen gezeichnet hatte.
Was unmöglich war, da Ihr irgendwann Ihr Papier ausging.
Gerade, als sie wie wild in Ihrer Schublade des Tisches herumsuchte, um wenigstens noch ein Blatt zu finden, klopfte es leise an Ihre Zimmertür, woraufhin sie mit fahrigen Händen das Schubfach wieder schloss, aufstand und die Tür öffnete.
„Levi, was...", doch drängte er sich an Ihr vorbei und trat mitten in Ihr Zimmer: „Tch. Anstatt zu essen, sitzt du hier und zeichnest?"
Sie lief an Ihm vorbei und begann schnell Ihre Zeichnungen zusammenzusuchen, doch stockte sie, als er eines der Blätter ergriff, es anhob und genauer besah.
Eysa blickte zu seinem Gesicht auf und erkannte Erstaunen, Schmerz und Verwirrung.
Sie wusste genau welches Bild er gerade in den Händen hielt und schloss die Augen, hatte sie Ihm doch nie damit wehtun wollen.
„Wann hast du das gemacht?", fragte er ernst und dennoch wie üblich recht kühl.
„Als Ihr trainiert habt. Da habe ich jeden von euch skizziert und danach alle zusammen auf ein Bild gefügt. Ich habe... euch oft beobachtete und deshalb war es leicht... euch so zu malen."
Es war das Bild, das sie von Ihm, Furlan und Isabel gezeichnet hatte.
Das Bild seiner Familie, glücklich zusammen und... am leben.
„Wenn du... wenn du es haben möchtest,... dann darfst du es gerne behalten", bot sie Ihm an und da sah er endlich wieder zu Ihr auf.
„Eigentlich brauche ich es nicht, um mich an sie zu erinnern. Aber... danke. Ich würde es gerne nehmen", daraufhin steckte er das Bild in die Innentasche seiner Uniformjacke.
„Gern geschehen", murmelte sie und steckte schnell alle Bilder in Ihre Mappe und zog die Schublade auf, doch hatte sie vergessen, das sie dort die Bilder von O'Tool auch hineingeworfen hatte und Levi verzog neben Ihr das Gesicht: „Oi", zischte er und zog eines der Bilder heraus, „Ihn zeichnest du auch?"
Eysa blickte fort und legte die Mappe wieder auf den Tisch ab: „Ich... es ist albern. Du würdest es nicht verstehen."
„Ist das so? Versuch es doch mal", murrte er und holte eine Zeichnung nach der Anderen aus der Schublade, bis er einen ganzen Stapel in den Händen hielt.
Beschämt blickte sie auf die Bilder in seinen Händen hinab und atmete tief durch: „Ich zeichne Ihn immer dann, wenn ich Nachts in Panik erwache. Er ist das Letzte, das ich sehe, ehe ich einschlafe und das Erste, wenn mein Verstand wieder klar von den Albträumen wird, die mich verfolgen. Ihn zu zeichnen hilft mir, Ihn zu verbannen. Aus meinem Verstand. Ich zeichne Ihn sooft, bis mein Körper und mein Geist sich wieder beruhigt haben."
Levi blieb lange still, doch sah er sie schließlich ernst an: „Das ist nicht albern. Ich verstehe es. Dennoch denke ich das es nicht gut ist, diese Bilder aufzuheben."
Verwirrt sah sie Ihn an und fragte sich, was er damit meinen könnte.
„Verbrenn sie am besten", schlug er vor und Ihr Blick wurde noch irritierter.
„Macht man das nicht so, wenn man jemanden, oder etwas vergessen will? Man verbrennt, was man von dieser Person hat?"
Levi sah noch immer völlig desinteressiert aus, dennoch wusste sie, das er alles andere als das war.
Er machte sich Sorgen, das wusste sie und nickte deswegen langsam und bedächtig.
„Ja... ja, ich denke du hast recht."
Eysa streckte die Hände nach den Zeichnungen aus und Levi reichte sie Ihr sofort, „Ich sollte sie alle verbrennen."
Levi nickte daraufhin und wandte sich der Tür zu: „Aber dann solltest du etwas essen. Es bringt nichts, wenn du vom Fleisch fällst."
Als er den Raum verließ, lächelte sie leicht und sah Ihm noch einen Moment nach, ehe sie auf die Bilder in Ihrer Hand blickte und schließlich auch alle anderen, die mit dem Tot zu tun hatten, ergriff und hinauslief.
In der Kantine gab es einen Kamin, welcher immer brannte, wenn es draußen langsam kühl wurde und dahin machte sie sich nun auf den Weg.

Die Kantine war nicht mehr sehr voll und die die noch dort waren, beachtete sie kaum.
Sie waren nicht mehr viele und die meisten waren im Lazarette, weswegen nicht einmal 5 Soldaten an den Tischen saßen und in Ihrem Essen herumstocherten.
Eysa starrte lange in die Flammen und dann auf die Bilder in Ihren Händen.
Den Entschluss zu treffen und es dann auch wirklich zu tun, wenn man erst einmal vor dem Kamin stand, warten doch zwei verschiedene Dinge.
Heftig zuckte sie zusammen, als Ihr jemand eine Hand auf die Schulter legte.
Sofort fuhr sie herum und sah Mikes sanfte Augen.
„Levi hat uns gesagt, was du vorhast."
Überrascht sah sie von Ihm, an Ihm vorbei, zu Hanji, Levi und dann zu Erwin.
Verwirrt sie alle zu sehen, krampften sich Ihre Hände fester um die Bilder und zerknüllten sie.
„Es ist das Richtige", begann Mike und lächelte leicht aufmunternd.
„Wir sind hier, bei dir", Hanji trat an Ihre Seite, gefolgt von Erwin und Levi.
Eysa nickte nach einem langen, zögerlichen Moment und wandte sich dann wieder dem Feuer zu.
Es musste helfen.
Es musste einfach.
Sie atmete tief durch und ließ dann die Bilder in die Flammen gleiten, wo sie sich an den Rändern schwarz färbten und schließlich zusammenrollten, während sie verkohlten.
Zuzusehen, wie all diese negativen Erinnerungen in Flammen aufgingen, war ein gutes Gefühl.
Levi hatte recht behalten.
Das Letzte was Eysa sah, war Jered O'Tool, dessen Gesicht zu brennen begann.
Von da an, hatte sie nur noch selten Albträume, sie sie irgendwann ganz aufhörten.


Broken Wings of FreedomWo Geschichten leben. Entdecke jetzt