„Das ist die Fernaufklärungsformation", erklärte Erwin in dem kleinen Hörsaal, der sonst für die Trainingscops genutzt wurde, wenn diese theoretischen Unterricht hatten, gerade Levi, Furlan und Isabel.
„Ohh", gab Isabel in ihrer typisch für alles staunenden Art von sich.
„Sieht zumindest interessant aus", murmelte Furlan.
Eysa hingegen saß neben Mike, da sie als seine Teamleiter dabei sein mussten und spürte das altbekannte Kribbeln in den Fingern, da sie Erwin am liebsten gezeichnet hätte.
Doch verbot sie sich dies, sie musste konzentriert bleiben.
„Im Unterschied zu der derzeitigen Formation, ist hier jede Einheit noch einmal in Teams unterteilt. Hauptziel ist es unsere Feinerkennungsfähigkeiten zu verbessern", erklärte er und zeigte mit einem schmalen Stab auf die Formation, welche er im Großformat aufgehängt hatte, damit jeder, auch die die normalerweise weiter hinten saßen, alles erkennen konnten.
„Indem wir die Soldaten in gleich großen Intervallen auffächern, sodass jede Einheit freie Sicht in alle Richtungen hat, können wir den Bereich der Aufklärung und der Kommunikation, auf ein Maximum ausdehnen."
„Verstehe", murmelte Furlan, „die Vorhut wird also zu den Augen des gesamten Bataillons."
„Und wenn das gesamte Bataillon die Position des sich nähernden Titanen kennt", nickte Erwin, „können wir den Feinkontakt auf ein Minimum beschränken."
„Nur das nicht das gesamte Bataillon diese Formation durchführt, habe ich recht?", murrte Levi und blickte Erwin dabei kalt an.
Zwischen den Beiden herrschte noch immer eine Antisympathie, sodass Eysa sich weiterhin um Erwin Sorgen machte.
„Nun, das hast du gut erkannt, weswegen diese Formation nicht so effektiv ist, wie sie sein könnte. Jedoch führen wir sie innerhalb meiner Einheit dennoch durch, weshalb du gut aufpassen solltest."
Levis Augen verzogen sich etwas, doch schwieg er.
Erwin holte eine Rauchgranaten Pistole hervor: „Unsere einzige Kommunikation werden die hier sein. In der Farbe des abgefeuerten Signals, erkannt man sofort die Lage. Und auch, wenn Ausnahmen die Regel bestätigen, werden die meisten Rauchsignale wohl von den Feindeserkennungsteams, der vordersten Reihen kommen. Wenn ein Team einen Titanen entdeckt, feuert er ein rotes Rauchsignal ab. Sobald die benachbarten Teams das Signal sehen und bestätigen, feuern sie ebenfalls ein rotes Rauchsignal ab. Auf diese Weise wird die Nachricht so schnell wie möglich zur Mitte weitergeleitet. Hat sie die Mitte erreicht, legt das Oberkommando die neue Marschrichtung der gesamten Formation fest, indem es ein grünes Rauchsignal in die entsprechende Richtung abfeuert."
„Was deutlich besser funktioniert als jedes mal einen Boten auszusenden", fügte Eysa hinzu, wobei die drei Neuen sie eingehend betrachteten.
„Korrekt", stimmte ihr Erwin bei: „und dann gibt es noch die schwarzen Rauchsignale, das sind die für den Notfall und ich hoffe sehr, das wir sie nie brauchen werden."
Fragend sahen Furlan und Isabel ihn an und Erwins Gesicht verzog sich ernst: „Schwarz ist das Signal für abnorme Titanen, die die Formation wahllos durchbrechen, komplette Einheiten ignorieren können, um gezielt bestimmte Personen anzugreifen. Sie handeln nicht vorhersehbar und sind daher äußerst gefährlich."
Kurz schwieg er, lies Zeit für etwaige Fragen und schloss dann mit den Worten: „Und blau, steht für Rückzug."
Einige Monate später, am Südtor des Bezirkes Shiganshina.
„Zieht das Tor hoch!", schrie Shadis über den Trupp hinweg, hinauf zur Mauergarnison, welche das gewaltige Tor von Mauer Maria hinaufzog und den Trupp, den Weg in die Außenwelt ebnete.
Es war die erste Mission, welche Levi, Isabel und Furlan mit ihnen bestreiten würden.
Es war zu früh.
Viel zu früh, Eysas Meinung nach.
Normalerweise würde ein Soldat eine dreijährige Ausbildung durchlaufen, doch sie hatten nur einige wenige Monate gehabt.
Immer wieder sah sie stirnrunzelnd zu den Dreien hinüber, als sie das riesige Tor auf ihren Pferden passierten.
Würden sie es schaffen und mit ihnen zurückkehren?
„Wir werden uns heute einen Schritt vorwagen!", schrie Shadis, „also zeigen wir diesen Monstern, was wir können! Kompanie.... Marsch!"
Shadis gab seinem Pferd das Zeichen und ritt in schnellen Tempo voran, während die anderen folgten, bis sie die Mauer weit hinter sich gelassen hatten.
Der Ritt, fort von der Mauer, war immer der Schnellste, da die Titanen, welche von der Mauergarnison vom Tor aus abgelenkt wurden, nicht auf sie aufmerksam wurden.
Doch danach ging es bergab.
„Ein 15 Meter Titan im Wald zu unserer Linken!", rief einer von links und alle wandten ihre Köpfe.
„Zu nah, wir können ihm nicht mehr ausweichen", hörte Eysa Erwins Stimme rechts von sich sagen.
„Dann ist ein Kampf wohl unvermeidlich", sagte Shadis und Eysa war bereit ihr 3D Manöver zu nutzen.
„Vorhut, mir nach! Alle anderen reiten weiter zum Versorgungsstützpunkt!", gab Shadis die Anweisung und zusammen trennte sich die Vorhut vom Rest des Trupps und ritt in halsbrecherischem Tempo auf den Titanen zu.
„Lasst ihn nicht aus dem Wald raus! Zum 3D Manöver übergehen!", befahl er und gerade als sie dies tun wollten, kam ein zweiter Titan aus dem Wald.
„Ein 20 Meter Titan. Wir lenken ihn ab!", rief Else, welche die Abteilungsführerin der Nachhut war.
Doch schien der Titan sich nicht von ihnen beeindrucken zu lassen und rannte einfach stur auf den Versorgungswagen zu.
„Das ist ein Abnormer!", hörte Eysa Else rufen.
„Abteilung von Fragon, nehmt Abstand und beschützt den Versorgungswagen mit eurem Leben!", rief Else ihnen zu und wurde von dem Titanen gepackt.
„Konzentriert euch auf den hier!", rief Shadis und Eysa wandte sich wieder dem 15 Meter Titanen zu und schwang sich mit ihrem 3D Manöver Gerät aus dem Sattel, rauf zu den Bäumen, um einen besseren Winkel zu dem Titanen zu erwischen.
Mike schwirrte schon um ihn herum, sowie einige andere der Vorhut und durchtrennte gerade seine Schultergelenke, sodass der Titan nicht mehr nach ihnen greifen konnte.
Eysa hakte sich von der Luft aus, in dessen Fleisch und nutzt ihr Gas, um von oben, schnell zu ihm hinab zu kommen.
Sie schlitterte mit den Beinen über den Boden, positionierte ihre Klingen und zog sie dem Titanen mit viel Kraft durch die Ferse, wodurch er in die Knie ging.
Einer der anderen ihrer Einheit, sie konnte nicht sagen wer, da sie mit dem Rücken zum Titanen wieder nach oben zu den Bäumen schwang, durchtrennte daraufhin dessen Nacken.
Der 15 Meter Titan ging zu Boden und verdampfte langsam.
Eysa ließ sich vom Baum, mithilfe ihrer Ausrüstung wieder hinab und stieg dann wie alle anderen wieder auf ihr Pferd.
Als sie zurück in die Formation ritt, konnte sie gerade noch sehen, wie die drei Neuen den 20 Meter Titanen niederstreckten, nachdem einige ihrer Kameraden beim Versuch ihn zu erledigen, getötet worden waren.
Eysa blickte zu Erwin, welcher sich nicht wie die Anderen aus der Vorhut, um den 20 Meter Titanen gekümmert hatte, sondern welcher nur dasaß, ein merkwürdiges Glimmen in den Augen und ein Lächeln um den Mund, während er dabei Levi und seinen Freunden zusah.
Schwer atmend saß Eysa auf ihrem Pferd und starrte ihn einfach nur an.
Was war nur in ihn gefahren?
Was sah er in dem Mann, was ihn so in Gedanken versetzte, dass er sogar Shadis Befehl ignorierte?
Sie ritten noch lange, bis sie endlich ihren Versorgungsstützpunkt erreichten.
Langsam wurde es Nacht und da Nachts die Titanen ebenfalls zu ruhen schienen, oder sich zumindest nicht bewegten, waren sie in der alten Burg vorerst sicher.
Sie kümmerten sich um ihre Pferde und versorgten diese, während die aus der Versorgungdeinheit sich um den Wagen kümmerten und ihn abluden.
„Alles in Ordnung?", fragte Mike sie und sie sah erstaunt zu ihm auf, als sie gerade ihr Pferd striegelte: „Ja, wieso fragst du?"
Er hob eine Hand und strich ihr mit dem Daumen über die Wange.
Zuerst war sie verwundert und sah ihn auch mit großen Augen dementsprechend an, doch als er seine Hand wieder fortzog, sah sie Blut an seinem Finger.
Eysa hob nun ebenfalls erstaunt ihre Hand und strich über die gleiche Stelle.
Es war nicht viel Blut, sogar recht wenig, doch blickte sie nun wie zuvor seine Hand, nun auf ihre Finger: „Muss wohl passiert sein, als ich mit euch gegen den Titanen kämpfte. Vielleicht ein Ast im Wald, oder so etwas. Alles gut", lächelte sie dann zu ihm auf und er nickte ruhig und ernst.
„Ist bei dir auch alles in Ordnung?", fragte sie ihn leise und er nickte noch ein zweites Mal: „Ja, ich wollte nur nach dir sehen."
Eysa lächelte ihn nun freundschaftlich an und brachte ihr Pferd dann zu den Anderen, wo sie es festband, sodass es noch fressen konnte, wenn es wollte und wandte sich dann wieder Mike zu.
Sie legte eine Hand auf seinen Arm: „Dann wollen wir uns mal einen Platz suchen."
Schweigsam nickte er erneut und wollte sich ihr abwenden, doch hielt Eysa inne, als sie ein stechendes Gefühl im Nacken verspürte und sich suchend umsah.
Erwin stand bei Shadis, welcher grimmig redete, doch er selbst starrte nur zu ihnen hinüber.
Sie wusste nicht, warum er so komisch dreinblickte, doch hob sie in einem Versuch ihn aufzumuntern, lächelnd ihre Hand.
Kurz blinzelte er und wandte sich dann ohne Erwiderung dieses Grußes, wieder Shadis zu.
Betrübt senkte sie ihre Hand und nahm auch die andere von Mikes Arm, welcher sanft ihre Hand umfasste und somit wärmte.
Überrascht sah sie zu ihm auf.
„Komm", sprach er sanft und ruhig mit seiner tiefen Stimme, blickte dabei aber ernst zu Erwin.
Sie lauschte gerne seinen Worten, wenn denn mal sprach, doch Mike war ein Mann weniger Worte.
Was wirklich schade war, aber es machte auch seinen liebevollen Charakter aus.
Zusammen liefen sie durch die Ruine.
Einige hatten sich bereits niedergelegt, andere saßen noch um ein kleines Lagerfeuer zusammen und manch andere machten ihr Nachtlager fertig.
Eysa entdeckte Hanji, welche zusammen mit Levi, Furlan und Isabel am Feuer saß und diese zu textete.
Hanji hatte sich seit ihrem Kennenlernen unglaublich verändert.
Damals noch das mürrische, wütende junge Mädchen und jetzt eine ständig lachende, aufgeweckte Frau, welche so viel zu erzählen und nachzuforschen hatte.
Als sie Eysa und Mike sah, hob sie lachend einen Arm und wank ihnen zu.
Auch Eysa lächelte und wank zurück, während jedoch Furlan und Isabel sie ebenfalls neugierig beäugten, sah Levi sie nur kühl an.
Eysa wusste nicht, ob er noch immer nicht vergessen konnte, das Mike ihn in den Dreck gedrückt hatte, als sie sie dazu bringen wollten ihnen beizutreten, oder aber, ob er generell gegen alles und jeden eine Abneigung hegte.
Sie wandte den Blick wieder ab und blieb stehen, als Mike ihre Hand losließ und ihr einen Sack reichte, welchen er mit irgendetwas vollgestopft hatte, damit sie ein Kissen hatte.
Dankbar sah sie ihn an.
Die meisten von ihnen machten es auf diese Art, denn mit dem Kopf auf dem harten Boden, wollte wahrlich keiner liegen.
Eysa breitete mit einigem Abstand zu seinem Nachtlager, ihre Decke aus und legte das provisorische Kissen darauf, dann erst ließ sie sich nieder.
Diese Mission wäre die Erste, in der Levi und seine Freunde Erwins Formation mitnutzen würden und sie hoffte, das sie in der Umsetzung mithalten konnten.
Als Mike sich auf seiner Decke niederließ, starrte Eysa durch die zerstörte Decke der Burg in den Himmel über sich.
Ihre Gedanken schlugen Purzelbäume und sie konnte einfach nicht abschalten und zur Ruhe finden.
Erst nach gefühlten Stunden, schlief sie dank Mikes ruhigen Atem, neben sich ein.
...
Als Mike ihre Wange berührt hatte, zuckte alles in Erwin zusammen.
Er konnte sich auf Shadis Gemecker nicht wirklich konzentrierteren, alles was er sah, war ihr Lachen und ihr Erstaunen, bei dieser sehr liebevollen Berührung.
Als sie sich abwandten, stoppte sie und sah ihn dann direkt ins Gesicht, doch aus seinen Gedanken riss ihn dann ihre unbescholtene Geste der Begrüßung.
Sofort wandte er sich ab, konnte und wollte ihr nicht zeigen, wie sehr ihn aufwühlte, das sie und Mike sich so nahestanden.
Dennoch kam er nicht umhin mitzubekommen, wie Mike ihre Hand ergriff und dann mit ihr zusammen zur Burg lief.
Wie gerne wäre er derjenige der ihre Hand hielt, sie an sich zog und ihren Duft einatmete.
Sich so vergewisserte, das sie noch am Leben war.
Doch er konnte nicht.
Selbst wenn er sich nun anders entschied und der Meinung war alles auf Risiko zu setzten in ihrer Beziehung, konnte er das seinem besten Freund und Kameraden nicht antun.
Zudem würde er sich doch auch lächerlich machen, nun da sie Mike gewählt hatte.
„Erwin, hörst du mir zu?", hört er Shadis grummeln, sah zu dem hinüber und nickte ernst.
Er musste sich konzentrieren.
Ganz dringend.
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Broken Wings of Freedom
Storie d'amoreEysa Evergreen, welche zusammen mit Erwin Smith aufwuchs und aufgrund einer vergangenen Schuld ebenfalls dem Aufklärungstrupp beitrat, entdeckt im Laufe der Jahre ihre Gefühle für den einstigen Kindheitsfreund und Kameraden. Doch können diese Gefühl...