Am darauffolgenden Abend, hielt die Kommandanten, der jeweiligen Garnisonen ihre Reden, vor den Rekruten.
„Die von euch, die sich für den Aufklärungstrupp entscheiden, müssen bereit sein alles zu opfern und vermutlich werden die meisten von euch sterben. Bei vielen wird es ein sinnloser Tot sein, aber bedenkt, dass er dennoch ehrenvoll auf dem Schlachtfeld sein wird, in dem Wissen, es für die Menschheit getan zu haben!", sprach Keith Shadis, der Kommandant des Aufklärungstrupps, so laut über den Platz, das man es auch als schreien bezeichnen könnte.
Unter seinen Augen erkannte Eysa tiefe Schatten, als wäre er bereits mittlerweile am Ende seiner Kräfte angelangt.
Es war verrückt das er glaubte, mit diesen Worten neue Soldaten für seine Reihen gewinnen zu können.
Und das sollte ihr neuer Kommandant sein?
Unsicher ob sie unter seinem Kommando wirklich so lange überleben konnte, um etwas zu bewirken, blieb sie neben Mike stehen, als sich alle anderen entfernten.
Eysa sah sich um, nur sehr wenige blieben wo sie waren und verharrten auf ihrem Platz, mit dem Wissen, das sie sich damit dem Aufklärungstrupp verschrieben hatten.
Erleichtert erblickte sie Erwin, welcher in einem Salut am Rande des Platzes stand und sich ebenfalls nicht rührte.
In der irrationalen Hoffnung, auch Nile zu finden, sah sie sich weiter um, doch konnte sie ihn nirgends ausmachen.
Es versetzte ihr einen Stich, das Nile sich allem Anschein nach doch für Marie und gegen den Aufklärungstrupp entschieden hatte, da er doch so dringend beitreten wollte.
Doch andererseits, war sie auch erleichtert, da wenigstens er von ihnen den Mut hatte, in dieser Welt sein Glück zu versuchen, eine Familie zu gründen und zu lieben.
„Alle wie ihr nun dasteht, gehört somit zum Aufklärungstrupp! Bereit jederzeit in den Tot zu gehen!", rief Shadis über den Platz und einige der Rekruten neben ihnen riefen laut: „Jawohl Sir!"
Eysa verspürte erneut Angst und Unsicherheit, denn auch wenn sie fast von Anfang an wusste, das sie dem Aufklärungstrupp beitreten würde, da Erwin es tat, war das Scheitern und der Tot nun allgegenwärtig.
„Eure Namen werden nun erfasst, dann seit ihr offiziell Mitglieder des Aufklärungstrupps und werdet noch heute Nacht in unsere Kaserne umziehen. Morgen bekommt ihr eure neuen Jacken und Umhänge mit den Flügeln der Freiheit darauf und startet in eure erste Expedition hinter die Mauern!"
Erstaunt riss sie die Augen auf und sah ihn an.
Bereits Morgen sollten sie hinter die Mauern reisen?
Sie hatte doch noch nicht einmal mit ihrem Vater gesprochen.
Was wenn sie starb, ohne das er wusste, das sie dem Aufklärungstrupp beigetreten war?
Mike legte ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter und bedeutete ihr ihm zu der Registrierung zu folgen.
„Noch kannst du dich umentscheiden", sagte er leise, da ihr Name noch nicht aufgeschrieben und erfasst worden war.
Sie könnte immer noch zur Mauergarnison gehen und sich dort eintragen.
Doch schüttelte Eysa langsam den Kopf: „Nein, ich schaffe das. Ich bin entschlossen, wenn auch ein wenig nervös, wegen Morgen."
Er nickte: „Wer nicht?"
Ja, wer nicht?
Erwin vielleicht, wenn sie so sein Gesicht betrachtete.
Er wirkte so ernst und entschlossen, das sie, wenn sie es nicht besser wüsste, fast glauben würde, das er nicht einmal Lachen konnte.
„Wie ich sehe, seid ihr auch noch hier", gab er leise von sich, als sie an seine Seite traten.
„Ja, das wusstest du doch", antwortete Eysa leise und er sah erstaunt zu ihr hinab: „Nun, bei Nile glaubte ich es auch einmal zu wissen, doch ihn sehe ich hier nicht."
Seine Stimme klang kühl und es schien, als versuchte er diesen Gedanken nicht zu nahe an sich herankommen zu lassen.
„Ich verurteile ihn nicht", fügte er hinzu, „Im Gegenteil, ich bewundere seinen Mut. Welcher normale Mensch würde sonst ein Leben an der Seite einer Frau wählen und mit ihr Kinder in diese grausame Welt setzen?", fragte er und Eysa betrachtete ihn unsicher, während Mike ebenfalls schwieg.
War Erwin verletzt, weil Nile Marie bekommen würde, oder weil er sich nicht für den Aufklärungstrupp entschieden hatte?
Oder sprach Erwin wirklich die Wahrheit?
Dachte er wirklich so?
Würde er niemals eine Frau und Kinder haben wollen?
Dieser Gedanke versetzte ihr einen Stich, doch wollte sich sich darüber nicht zu viele Gedanken machen.
„Ich respektiere seine Entscheidung", murmelte Eysa schließlich und spürte Erwins Blick weiterhin auf sich ruhen, „aber das heißt nicht, das ich in meinem Entschluss gewankt hätte."
„Ja, respektieren und hinnehmen, ist alles was wir im Moment tun können", stimmte Erwin ihr bei, obwohl sie das Gefühl hatte, er könnte nicht ausschließlich Nile mit diesen Worten meinen.
Das Nile sich gegen den Aufklärungstrupp entschlossen hatte, rang ihm seinen größten Respekt ab und fast schon glaubte, nein wünschte er sich, das auch Eysa ihren Entschluss, ihm zu folgen, geändert hätte.
Doch, als er zur Namensregistratur vortrat und sie dort neben Mike entdeckte, schloss er seufzend die Augen.
Natürlich war sie geblieben.
Und das war seine Schuld.
Wie hatte er je an ihrer Entscheidung ihm zu folgen zweifeln können?
Wann hatte Eysa jemals in einem Entschluss gewankt?
Sie war stets loyal an seiner Seite und versuchte dennoch weiterhin eine Schuld zu tilgen, die es in seinen Augen einfach nicht gab.
Eysa,... er betrachtete sie, musterte sie nicht das erste Mal in all den Jahren und fragte sich, ob Marie wirklich je eine Option für ihn gewesen war, wenn diese winzige Person doch stets an seiner Seite gewesen war.
Er wollte sie in Sicherheit wissen und befürchtete schlimmes, wenn sie am nächsten Morgen ausreiten würden.
Wie gerne würde er mit ihr darüber reden, sie davon überzeugen sich der Mauergarnison anzuschließen, doch... welches Recht hatte er dazu?
So wie sie immer an Mikes Seite war, hatte wohl nur er jedes Recht dazu.
Galle stieg in ihm auf, wenn er daran dachte, ob die Zwei...
Aber darüber sollte er nicht nachdenken, oder gar Urteilen.
Sie verdienten beide alles Glück dieser Welt und er wäre der Letzte, der sich ihnen in den Weg stellen würde.
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Broken Wings of Freedom
RomanceEysa Evergreen, welche zusammen mit Erwin Smith aufwuchs und aufgrund einer vergangenen Schuld ebenfalls dem Aufklärungstrupp beitrat, entdeckt im Laufe der Jahre ihre Gefühle für den einstigen Kindheitsfreund und Kameraden. Doch können diese Gefühl...