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Ich hatte mich nie getraut, die Arbeit meiner Eltern in Frage zu stellen. Aber je mehr Informationen wir über Nebelgeier und Augurey zusammentrugen, desto mehr beschlich mich der Gedanke, dass ich es vielleicht mal hätte tun sollen.

„Wenn Augurey wirklich von Nebelgeiern abstammen, dann macht es Sinn, dass sie sich so ähnlich sind", fasste Ginny ihre Erkenntnis zusammen. „Das Gift zum Beispiel. Augurey haben ebenfalls so was ähnliches an ihren Krallen. Aber nur wenn sie frisch zurück gekommen sind."

„Meinst du, Hagrid würde uns was über Augurey erzählen, wenn wir ihn bitten?", fragte ich Maddie, die noch immer nicht glauben konnte, dass sie vielleicht Recht hatte.
„Ich bin nicht sicher. Das sind seltene Tiere."

„Aber sie sind gefährlich genug, um ihn zu interessieren", warf George ein.

„Es schadet nicht, es zu versuchen", gähnte ich und spürte, wie das Adrenalin der letzten Stunden mich verließ.

„Genug für heute. So lange waren wir noch nie am Stück in der Bibliothek. Das schadet unserem Ruf, wenn wir noch länger bleiben", lachte Fred. Also packten wir zusammen.

„Zu schade", bemerkte George auf dem Weg zurück zu unserem Versteck. Ginny und Maddie waren schon zum Abendessen gegangen, damit wir nicht immer überall zu fünft auftauchten. Und Fred wurde von einer Gruppe jüngerer Schüler aufgehalten, die nach einem ihrer Scherzzauber fragten. „Das ausgerechnet Madeline Bell mir die Show stiehlt."

„Mit einer Seite Notizen war das auch nicht schwer." Wir blieben in der Nähe des Wandbehangs stehen und warteten, dass einige Hufflepuffs an uns vorbei gingen.

„Eine Seite?" George lehnte sich mit der Schulter an die Wand. „Fred hatte eine Seite. Ich hab mindestens zwei."

Wie immer wenn er lachte, musste ich ebenfalls schmunzeln. „Und welches Thema hattest du, dass du ganze zwei Seiten schreiben konntest?"

„Das interessiert dich also?" Kaum waren die Schüler verschwunden, schlüpften wir durch das Loch in der Wand. „Beantwortest du mir meine Frage, wenn es interessante Infos sind?"

George drängte sich im dunklen Flur viel zu nah hinter mit entlang und ich roch sein Shampoo, als er sich an mir vorbei beugte, um die Tür zu entzaubern.
Aber da schwang noch etwas anderes mit. War das -?
„Arbeitet ihr an mehr Knallkörpern?"

„Wie kommst du drauf?", fragte er, kaum dass die Tür aufsprang. Sofort schlug mir der starke Geruch des Liebestranks entgegen.

Ein frisches Shampoo, Schwarzpulver und der Hauch von regenschwerer Luft nach dem Quidditch-Training. Oh nein.

Ich roch nicht Neujahr. Ich roch George Weasley.

Ein unangenehmes Ziehen breitete sich in meiner Brust aus. Ich roch George Weasley, wohingegen er Quidditch, Kaugummi und Geheimnisse roch. Ja, ich mochte ihn, aber ich roch definitv nicht nach Quidditch, Kaugummi oder Staub. Was sagte das über diese Sache zwischen uns aus?

„Alles gut?" George hatte die Unterlagen wieder sichtbar werden lassen und sortierte bereits alles zurück in den Koffer, während ich nur da stand und ihn anstarrte. „Ich meine, ich versteh schon, ich bin eine echte Augenweide, aber das müsstest du doch schon länger wissen."

Schnell rollte ich übertrieben mit den Augen. „Ich bin nur abgedriftet, weil das heute so viel war", redete ich mich schnell raus.

„Ist das so?" Wieder grinste er in sich hinein.

„Was ist deine Frage?", wehrte ich schnell ab und ordnete unsere neusten Aufzeichnungen ebenfalls in den Koffer.

„Kannst es gar nicht mehr erwarten, mh?" Wieder stand er direkt hinter mir und ich fuhr herum, um dem Bedürfnis zu widerstehen, mich anzulehnen. In seiner Hand hielt er eine Rolle Pergament. Offenbar seine Informationen, mit denen er sich diese Frage verdienen wollte.

„Wer weiß, wann wir das nächste Mal alleine sind." Noch während ich die Worte sprach, wurde ich mir bewusst, dass wir tatsächlich alleine waren. Nur wir zwei in diesem Raum in dem noch immer die Reste von Amortentia waberten.

„Wo du Recht hast", schnurrte George und machte keine Anstalten, mir einen Zentimeter zu überlassen. „Meine Frage hat einen einfachen Hintergrund, weißt du. Als du bei uns ans Bett gefesselt warst, habe ich etwas sehr Interessantes erfahren." Mit seiner freien Hand half er mir, den Koffer zu schließen, ohne seinen Blick von mir abzuwenden. „Hermine hat mir gestanden, dass du herausgefunden hast, dass der Liebestrank nicht so lange gewirkt hat, wie wir vorgegeben haben."

Mein Herz rutschte in meine Hose.

„Du riechst Wind und Schwarzpulver." Langsam beugte er sich zu mir herunter. „Neujahr", er lachte leise. „Ich verstehe, wie du darauf gekommen bist, bevor wir uns kannten. Aber mittlerweile sollte der Groschen gefallen sein." Sein Grinsen wurde breiter. „Knallkörper?" Seine warmen Finger strichen über meine Wange, als er mir eine Strähne aus dem Gesicht strich.

„Das ist - ist gegen die Abmachung", erinnerte ich ihn und stieß gegen den Stuhl hinter mir.

„Aber die Abmachung wurde zu einem Zeitpunkt getroffen, als ich gar nicht alle Informationen hatte. Wie nennen Muggle das? Vortäuschung falscher Tatsachen?" Seine Finger ruhten an meinem Hals. „Meine Frage also ist, Camille Renard, magst du mich?"

Ich war nicht mehr sicher, ob mein Herz raste, oder komplett aufgehört hatte zu schlagen. Die Stelle, wo seine Finger noch immer über meine Haut strichen, kribbelte so heftig, dass mir schwindelig wurde. Er musste die Antwort kennen. Er sah meine Reaktion! Warum fragte er also? Weil ich nicht nach Staub und Minze roch?

„Du hast versprochen, ehrlich zu antworten." Sein Blick folgte seinen unverschämten Fingern, die jetzt meinem Schlüsselbein bis zum Hemdkragen folgten.

Etwas in mir klickte. Nein. So sehr ich mir das hier wünschte. Es war nicht der richtige Zeitpunkt. Flink pflückte ich das Papier aus Georges Hand. „Ich habe versprochen ehrlich zu antworten, wenn deine Informationen gut sind." Ich hatte ihn sichtlich überrascht und nutzte seine Sprachlosigkeit um unter seinem Arm hinweg zu tauchen. Ohne mich umzudrehen sah ich zu, dass ich die Beine in die Hand nahm.


Erst in der Sicherheit des Mädchenschalfsaals fand ich die Ruhe, mir anzusehen, was George gefunden hatte.

Osior van Alfesus lebte um das Jahr 1250 herum.
Okay, das wusste ich aus den Unterlagen meiner Eltern.
In diesem Jahrhundert wurde der Gedanke, dass nur reinblütig gut sei zum ersten Mal von Hexen und Hexern in den nördlichen Regionen angezweifelt.
Darüber hatte ich nie nachgedacht. Genau genommen hatte ich nie viel über Osior nachgedacht, außer der vereinzelte wütende Fluch hier und da.
Die Symbole im Sarg selbst lassen auf eine Zugehörigkeit Osiors zu den Mnh Khe schließen. Eine Glaubensrichtung, die den Wert eines Zauberers alleine an seiner Intelligenz fest macht.

Ich starrte auf die Ausführungen. Das meiste bestand aus Zitaten aus den einzelnen Aufzeichnungen meiner Eltern. Aber George musste mehr als nur seinen Ordner durchgegangen sein, denn ich erinnerte mich nicht daran, jemals etwas über die Mnh Khe gelesen zu haben. Den Namen, ja, aber was war das mit der Intelligenz?
Und dann ganz unten klebte einer von Maddies neonpinken Klebezetteln. Nur die Handschrift war eindeutig Georges.

„Die Mnh Khe bestimmten ihre Nachfolger durch eine Reihe von Tests und Prüfungen. Selbst ihre Blutsverwandten mussten diese Tests bestehen, um als Erben legitimiert zu werden."


Ich starrte auf die Worte.
„Willst du mich verarschen?!", stieß ich laut aus und presste sofort meine Hände auf den Mund. Das war absolut und definitiv unmöglich.

Meine Eltern konnten das nicht übersehen haben! Niemals!
Aber da war diese nagende Stimme in meinem Hinterkopf. Meine Eltern liebten Herausforderungen, aber sie interessierten sich reichlich wenig für die einzelnen Kulturen und Geschichte. Die Leute holten sie nicht für ihr Fachwissen über die regionalen Gebräuche. Meine Eltern kamen nur, wenn sich ein verfluchter Gegenstand nicht sicher bergen ließ. Ein bisschen wie ein Bombenentschärfungskommando.

Aufgebracht stürmte ich die Treppen zum Gemeinschaftsraum herunter, musste einer älteren Gryffindor ausweichen, die sich laut beschwerte und kam gerade so vor den Füßen meiner vier Freunde zum Stehen. Sofort unterbrachen sie ihr angeregtes Gespräch und ich klatschte George sein Pergament vor die Brust.

„Wenn das hier stimmt, laufe ich Amok. Ich scherze nicht mal", stieß ich zwischen meinem wütenden Schnauben aus. „Deine Antwort ist ja. Und jetzt reden wir nie wieder drüber."


Weasleys, Pranks and other CursesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt