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Ginny hielt noch immer den Stoff meines Kleids zwischen den Fingern und ließ erst los, als Molly ihr auf die Hand schlug, als endlich die letzten beiden Weasleys dazu stießen.

„Sorry, die Krawatten wollten nicht tun, was sie sollten", lachte Fred und flitzte die Treppe herunter.

Ich drehte mich herum, schon bereit ebenfalls zu lachen, weil das Wort Krawatte aus Freds Mund alleine schon zum Lachen war, doch mir blieb glatt die Luft weg.

George trat hinter seinem Bruder auf die Treppe und ich fühlte mich wie der Prinz in einem dieser schrecklich kitschigen Filme, wenn die Prinzessin atemberaubend schön die Treppe herunter kommt. Das dunkelblaue Jackett mit den silbernen Knöpfen saß so perfekt, dass ich plötzlich verstand, warum Molly skeptisch geworden war. Es sah aus, als hätte man es ihm maßgeschneidert.

Fred trug ein ganz ähnliches Outfit, aber in dem typischen Gryffindor-Rot.

Ron spuckte fast in seinen Punch. „Wer seid ihr und was habt ihr mit meinen Brüdern gemacht?!"

Ich hatte noch immer meine Augen nicht von George lassen können. Wie er sich verlegen am Kopf kratzte und sein wildes Haar den perfekten Eindruck ein klein wenig zerstörte. Aber wirklich nur ein ganz kleines bisschen. Sein Vater klopfte ihm Stolz auf die Schulter und seine Mutter war hin und her gerissen zwischen Stolz und ihren Vorurteilen.

Bill stieß mich mit der Schulter an. „Dir fallen gleich die Augen aus dem Kopf."

„Ich hab das nicht bezahlt!", quiekte ich viel zu hoch.

„Ich weiß", lachte Bill. „Die beiden haben mich gefragt, woher ich die Sachen kriege, die ich fürs Geschäftliche brauche."

„Ich glaube trotzdem, dass das dein guter Einfluss ist." Ginny gesellte sich zu uns. Sie sah ganz zauberhaft aus in ihrem knielangen Kleid aus. Ich hatte mich extra mit meiner Garderobe zurückgehalten, aber wenn ich mich jetzt so umsah, hätte ich das gar nicht tun brauchen.

Hermines Kleid reichte bis unters Knie und war in hellem blau ein echter Hingucker. Bill sah sowieso immer gut aus, wenn er es drauf anlegte und Maddie war so schön, dass ein Fremder auf den ersten Blick denken würde, dass sie hier wohnte und nicht ich.

„Ist das zu viel?", fragte sie schüchtern und zupfte ihre frisch frisierten Locken zurecht.

„Überhaupt nicht!", bestätigten Ginny und ich synchron.

Doch bevor wir noch weiter reden konnten, leutete Mistel auch schon mit ihrem kleinen Glöckchen. „Meine Damen, meine Herren, bitte nehmen Sie Platz", verkündete sie sehr feierlich und das Festessen begann.

Es gab Suppe und kleine Häppchen, es folgten Fisch und Fleisch mit verschiedenen Brotsorten bis der eigentliche Braten aufgetragen wurde.

„Ich hätte das Kleid ne Nummer größer kaufen sollen", brummte Maddie neben mir und rieb sich den Bauch.

„Ist das nicht zum schnüren?", gurrte Fred und ich ahnte schon, was als nächstes kommen würde, erreicht sein Schienbein aber nicht mehr rechtzeitig unterm Tisch. „Ich wette, der gute Ricky würde dir sofort helfen. Autsch- Autsch-Aua, hey!" Offensichtlich war ich nicht die einzige, die unterm Tisch nach ihm getreten hatte. „Was ist denn das für ein Benehmen!" Doch seine Augen funkelten. Fred Weasley blieb eben Fred Weasley. Ob im abgenutzten Umhang oder teurem Anzug.

Man warf sich während des ganzen Nachtisches noch scherzhaft kleinere Gemeinheiten an den Kopf, bis selbst der letzte Weasley zu voll war. Eis und Torten und Süßigkeiten aus den diversen Ländern, durch die wir gereist waren stapelten sich noch immer auf dem Tisch, als endlich auch Bill und die Zwillinge aufgaben und sich in ihren Stühlen zurück fallen ließen.

Das Essen verschwand vom Tisch und stapelte sich auf einem kleinen Buffet etwas abseits. „Falls jemand zu verhungern droht", lachte ich und deutete allen, wo sie den Rest der Nacht Nachschub finden würden.

„Das kann man doch schon einen Anschlag nennen!", beschwerte Bill sich nur halb im Scherz. „Wer soll dass denn alles aufessen."

„Du mein Lieber." Ich tätschelte seinen Bauch und er stöhnte voller Entsetzen.

„Möchte noch jemand einen Wein?" Mistel kam aus der Küche geflitzt, bevor Rübe oder Lemon sie aufhalten konnten. „Oder sollen wir mit der Bescherung beginnen?" Sie war so aufgeregt, dass alle am Tisch lachten. Manche lauter, andere hatten den Anstand, den Kopf zu senken oder wenigstens die Hand vor den Mund zu halten.

Nach einer kurzen Verdauungspause erhoben wir uns dann doch endlich zu dem großen Baum. Zuerst versuchten wir eine Reihenfolge und Ordnung aufrecht zu halten, aber bei so vielen aufgeregten und teilweise beschwipsten Weasleys war es absolut hoffnungslos.

Ich hatte einen Großteil meiner Geschenke verteilt und endlich entdeckte Maddie die Karte, die ich als Lesezeichen benutzt hatte. Es war ein Datum und die Adresse eine kleinen Cafés in Hogsmead. Richard hatte sich nicht getraut, Maddie um ein Date zu bitten, also hatte ich das kurzerhand für die beiden erledigt.

Nun fehlte nur noch George, der sich auffällig weit von mir entfernt hielt, egal wohin ich mich bewegte. Er hatte sich eigentlich nichts anmerken lassen, aber vielleicht war ihm der Kuss doch unangenehmer gewesen, als ich angenommen hatte? Oder vielleicht hatte er auch einfach kein Geschenk für mich. Ich hatte eigentlich allen Anwesenden gesagt, dass ich keine Geschenke wollte, aber natürlich hatte ich trotzdem einen Pullover von Misses Weasley bekommen.

Wenn George sein Geschenk nicht wollte, würde ich es ihm auch nicht aufdrängen. Ich würde es später Mistel geben, damit sie es ihm bringen konnte.

Nur um etwas zu tun zu haben, ging ich zu der kleinen Stereoanlage unter der Treppe. Von hier aus konnte man in der gesamten Wohnung Musik laufen lassen.

Ich suchte gerade nach einem passenden Weihnachtslied, als ich jemanden hinter mir bemerkte.

„Frohe Weihnachten." George war hinter mir in den Schatten der Treppe getreten. In seiner Hand hielt er eine viereckige Schachtel in dem gleichen Blau, wie sein Anzug.

„Oh. Du hättest mir wirklich nichts besorgen müssen", versuchte ich der seltsamen Stimmung auszuweichen. Er hatte auffällig viel Wert darauf gelegt, mir zuvor auszuweichen. Warum war er mir dann jetzt hier her gefolgt?

„Ich wollte aber. Hier. Pack es aus."

Unsicher nahm ich sein Geschenk an und löste die kleine Schleife. Ein Auge für Details hatte er ja. Doch als ich die Schachtel öffnete, konnte ich meinen Augen nicht trauen. „Die ist wunderschön", hauchte ich beim Anblick der zarten Kette mit dem winzigen Sternenanhänger.

„Komm, ich lege sie dir um."

Ich musste daran denken, dass er mir auch die andere Kette umgelegt hatte, die noch immer um meinen Hals hing. Zwei mal sogar, wenn man es genau nahm. Es hätte also keine große Sache sein sollen, als ich mein Haar zur Seite nahm und ihm den Rücken zu drehte.

Doch seine Finger verharrten einen Moment zu lange auf meiner Haut und sofort fühlte ich mich so schwindelig, dass ich am liebsten weg gelaufen wäre, als die Gänsehaut über meinen Hals schlich. Er musste diese Dinge sehen. Er war zu aufmerksam um es nicht zu bemerken.

„Camille." Sein Atem kitzelte auf meiner Haut.

„Schon gut." Ich machte einen Schritt vor, drehte mich wieder zu ihm, um den seltsamen Moment zu beenden, aber George deutete nur über uns. Einer von Mistels vielen Mistelzweigen hing direkt über uns.

„Ich schulde dir noch einen." Und dann lehnte George Weasley sich zu mir herunter, seine Hand noch immer an meinem Hals und legte seine Lippen so sanft auf meine, dass ich es fast verpasst hätte. „Frohe Weihnachten", hauchte er, als er mich sprachlos zurück ließ.

Weasleys, Pranks and other CursesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt