Ich hatte mich nach dem Mittagessen damit entschuldigt, dass ich noch ein paar letzte Weihnachtskarten schreiben musste. George und Molly hatten sich nichts vom Gespräch der letzten Nacht anmerken lassen und auch sonst niemand schien zu spüren, dass ich mich nicht mehr ganz so sehr entspannen konnte.
Tatsächlich schrieb ich eine Postkarte. An Ellen Guido.
Wir hatten uns seit dem Vorfall nur noch vereinzelt geschrieben. Ich wusste, dass sie sich Vorwürfe gemacht hatte und eine Weile hatte ich sie ihr auch gemacht. Es war kindlich und dumm gewesen, aber damals hatte ich vor Verzweiflung nicht gewusst, wohin sonst mit all den Gefühlen. Aber ich hoffte inständig, dass sie sich vergeben hatte, denn wenn man realistisch war, stand fest: Niemand hätte die junge Camille Renard von irgendwas abhalten können.
Ich gab Mistel die Karte, da ich selber niemals hoch in die Eulerei ging. Zu viel Aussicht. Zu viel Distanz zum Boden.
Als ich wieder ins Wohnzimmer trat, wurde ich wie immer von ausgelassenem Lachen empfangen. Die Weasleys hatten alle Stühle um den Esstisch beiseite geschoben und lieferten sich jetzt ein Ping Pong Match. Die Zwillinge und Ron, gegen Ginny, Harry und Maddie.
Ich ließ mich zu Bill aufs Sofa fallen, den ich die meiste Zeit kaum zu Gesicht bekommen hatte. Er hatte das offene Arbeitszimmer mit den Fachbüchern gefunden und wir hatten ihn teilweise zum Essen suchen müssen, weil er komplett die Zeit vergessen hatte. „Bin ich ein Snob?"
Verwirrt blinzelte Bill von seinem Buch auf. „Was?" Er suchte nach einem Lesezeichen, nur um sofort von Lemon eins gereicht zu bekommen.
Ich verzog das Gesicht. „Ich bin ein Snob."
„Wie kommst du denn jetzt darauf?"
„Sieh dich doch um. Ich habe Hauselfen, die wissen, was man braucht, bevor man darum gebeten hat. Ich kann deine ganze Familie locker zwei Wochen bewirten, ohne mir auch nur den Hauch eines Gedankens darum machen zu müssen. Deine Mutter hat Recht."
Bill legte mir seine große Hand auf die Schulter. „Was hat meine Mutter gesagt?" Und als ich nicht antwortete: „Du bist reich, Camille, kein Snob, das ist ein großer Unterschied."
„Tss, sicher", tat ich seine Erklärung ab.
„Die Malfoys sind Snobs", kam Hermine Bill zu Hilfe und ludt einen Stapel von Büchern auf den kleinen Sofatisch vor uns. „Du hast Privilegien, ja", gestand sie mir zu, „aber von dem, was ich mitbekommen habe, bist du doch trotzdem fleißig und arbeitest hart für das, was du kannst." Sie zog einen alten Stundenplan aus Beauxbaton aus einem der Bücher.
Sofort schnappte ich ihr den Zettel weg. Ich hatte neben dem normalen Unterricht noch meine Übungsstunden und mögliche freie Räume in fast jede freie Stunde gequetscht. Seit meiner Verletzung hatte ich mich etwas zurück halten müssen.
Als nächstes tätschelte Hermine die Bücher. „Du hast vielleicht das Geld, dir alle diese Bücher zu kaufen, aber lesen und lernen musstest du trotzdem selber." Sie öffnete eins der Bücher über Verzauberungen und hielt mir die vollgeschriebenen Seiten hin. Überall hatte ich Notizen gemacht, wenn mich die französischen Erklärungen verwirrt hatten.
„Ich hätte es nicht besser sagen können." Bill griff sich eins der Bücher. „Du bist ja ne richtige kleine Streberin geworden, Renard."
„Pass auf Hermine, sonst schnappt sie dir noch deinen Platz als Bücherwurm Nummer eins weg", lachte Fred, der sich plötzlich zwischen uns über die Sofalehne warf.
„Ugh, komm nicht so nah! Du bist nass geschwitzt!", rief Hermine und brachte als erstes die Bücher in Sicherheit.
Mit einem Blick über die Schulter sah ich Ron halb auf dem Tisch hängen, während George ihm lachend auf den Rücken klopfte. Der Zwilling zog das schlichte T-Shirt hoch, um sich das Gesicht abzutrocknen und ich hätte fast vergessen, wie man atmet. Bei Merlin.
„Mensch. Wie spät es ist. Wir sollten uns langsam für den Abend fertig machen." Meine Hände flatterten umher, wie ein Vogel bei seinen ersten Flug versuchen, weil ich plötzlich das ganz dringende Bedürfnis hatte, hier weg zu kommen.
„Verdammte Hormone", gluckste Bill in mein Ohr, als er sich an mir vorbei schob und ja. Es war pure Absicht, als ich ihm dabei auf den Fuß trat.
„Mission Pfau ist in vollem Gang", kicherte da Mister Weasley in meine Richtung, als seine Frau gerade nicht aufpasste. Ich hatte ihm noch mal persönlich geschrieben, dass sie sich wirklich keine Umstände wegen der Kleidung machen sollten, aber er hatte mir erzählt, wie sehr es seine Frau tatsächlich belastete, nichts besonderes zum Anziehen zu haben. Also hatten wir einen Plan geschmiedet. Ich hatte ihm den Kontakt eines Schneiders besorgt und er war in seiner Mittagspause mehrfach dort gewesen, um ein Kleid für seine Frau in Auftrag zu geben. Und damit nicht raus kam, dass ich dafür bezahlt hatte, würde Mister Weasley es ihr als Weihnachtsgeschenk überreichen.
Das war mein Weihnachtsgeschenk an ihn.
Damit hatte ich zwei Weasleys versorgt. Misses Weasley hatte ich stressfreie Feiertage geschenkt. Mehr konnte ich ihr nicht geben, ohne dass sie sich schämte.
Nach dem Essen würde Hermine ein besonderes Fachbuch bekommen, Harry und Ron würden jeweils etwas von ihren Lieblings Quidditch Mannschaften bekommen. Bill hatte sich sein Geschenk selber ausgesucht - ein Foto von uns allen in Griechenland.
Für Maddie hatte ich eigentlich ein unterschriebenes Buch einer Medizin-Hexe besorgt, aber seit diesem Morgen hatte ich etwas besseres. Ich schob die kleine Karte wie ein Lesezeichen zwischen die Seiten. Die Überraschung würde ihr sicher gefallen.
Für Ginny hatte ich die Autobiografie einer Quidditch-Spielerin besorgt, von der sie uns ewig vorgeschwärmt hatte und Fred bekam ein Set Drachenleder-Handschuhe. Ebenfalls fürs Quidditch.
Zuerst hatte ich George die gleichen besorgen wollen. Aber irgendwie erschien es mir nicht richtig, den Zwillingen das gleiche zu schenken.
Als ich das Buch gesehen hatte, wusste ich, dass es das richtige Geschenk war.
„Wenn das ganze Jahr erster April wäre" - ein Buch über Scherz- und Spaßzauber aus Italien. Man konnte auf der ersten Seite die Sprache auswählen und es übersetzte sich selbst. Zusätzlich hatte ich den Einband verzaubert. In großen, schwarzen Druckbuchstaben stand da „Businessratgeber. Alles was sie vor der Unternehmensgründung wissen müssen." Das würde mir Molly Weasley vielleicht eher verzeihen.Ich brauchte Mistels Hilfe, um alle Geschenke unter dem Weihnachtsbaum zu stapeln.
Offenbar hatten meine Elfen die Weasleys wirklich ins Herz geschlossen, denn die anderen vier kamen ebenfalls mit eingesammelten Geschenken aus den Zimmern zurück, damit die Weasleys sich keinen Stress beim Fertigmachen machen mussten.
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Weasleys, Pranks and other Curses
FanfictionAls Camilles Eltern an diesem Abend beim Essen eröffnen, dass sie wieder umziehen müssen, kann Camille nur müde seufzen. Mal wieder. Wie immer. Sie hat sich schon beim letzten Mal kaum die Mühe gemacht auszupacken. Ein weiterer Schulwechsel. Dieses...