Kapitel 14

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Violet traf Newt Scamander selbst erst beim Mittagessen. Der Magiezoologe bevorzugte es, die meiste Zeit in seiner Kabine zu bleiben, obwohl im häufig genug angeboten wurde, sich dazuzusetzen.

Violet lernte über die nächsten Tage hinweg, dass alle Bewohner des Schiffes so ihre eigenen "Macken" hatten.

Newt verzog sich gerne in seine Kabine und blieb dort am liebsten ungestört, Rolf verbrachte neunzig Prozent seiner Zeit an Deck und schaute auf die Wellen, Aaida saß oft im Gemeinschaftsraum (der ebenfalls als Esszimmer diente) und zeichnete verschiedene Tierwesen, John schlafwandelte, Zara musste nachts immer auf Klo, Theresa schnarchte, sodass Violet sie zwei Kabinen weiter hören konnte und Jack erzählte von seiner Zeit auf hoher See in der Karibik.

Und Violet? Violet hatte sicher auch Macken, aber sie selbst würde sie wohl weniger aufzählen können, schließlich war es nicht so, als ob sie über Nacht neue entwickelt hätte. Vielleicht zählte es dazu, dass sie sich häufiger ein ruhiges Plätzchen suchte und las.

In ihrem Koffer hatte sie mehrere Bücher gelagert, die für die Fahrt reichen mussten, doch sie erwischte sich immer wieder, wie sie wieder häufiger im Tagebuch ihrer Mum stöberte und verschiedene Einträge durchlas, die sie sicher schon zehn Mal gelesen hatte und schon auswendig konnte.

„Was machen Sie denn da?", fragte Rolf und setzte sich neben sie. Violet hatte sich an diesem Tag einen Platz an Deck ausgesucht, also war es nur eine Frage der Zeit, bis Rolf sie aufsuchte und sich zu ihr setzte.

„Ich denke nach", sagte Violet und sah von dem Eintrag ihrer Mutter auf. Es war einer aus ihrem sechsten Jahr in Hogwarts.

„Und worüber, wenn ich fragen darf?", fragte Rolf weiter.

„Sie dürfen fragen, Rolf, aber ob ich Ihnen antworte ist eine andere Frage", sagte sie kryptisch.

„Würden Sie mir denn auch sagen, worüber Sie nachdenken, Violet?"

„Über meine Mutter", sagte sie.

„Ihre Mutter? Ich muss sie wohl übersehen haben, als Sie an Bord gegangen sind, denn ich habe niemanden außer einer blonden Frau gesehen, die mir um einiges zu jung erschien, um Ihre Mutter zu sein", sagte Rolf.

„Wenn Sie meine Freundin Sophia auch nur im geringsten Sinne alt nennen würden, dann wären Sie schon längst über Bord", sagte Violet lachend.

Rolf erhob unschuldig die Arme. „Sagen Sie Ihr bloß nichts."

„Ich verspreche es." Violets Lachen beruhigte sich ein wenig und sie wurde wieder ernst. „Aber falls Sie es wissen wollen, meine Mutter war nicht da, weil sie gestorben ist."

„Oh." Rolf mied ihren Blick. Er fühlte sich offensichtlich schuldig, dass er das Thema angeschnitten hatte. „Das tut mir leid. Ich wollte nicht-"

„Ist schon in Ordnung", unterbrach Violet ihn. „Es ist schon eine Ewigkeit her."

„Wie ist sie denn-", er stockte. „Naja, wie ist sie denn gestorben."

Violet seufzte. „Ich war erst drei. Sie müssen wissen, dass ich aus einer reinblütigen Familie stamme und Voldemort hat damals genau in diesen Familien nach seinen Anhängern gesucht. Meine Familie hat sich geweigert, sich auf seine Seite zu stellen und deswegen haben meine Großeltern meine Mutter und meinen Onkel zur Flucht gedrängt. Meine Mutter war noch sehr jung und wusste nicht, dass sie mit mir schwanger war. Sie konnte nicht einmal die Schule beenden, bevor sie nach Amerika ging. Dort hat sie dann herausgefunden, dass sie Mutter wird. Ich kam auf die Welt und sie wartete drei Jahre, bis sie sich traute zurück nach England zu gehen. Es war der letzte Tag des Krieges – die Nacht in der die Potters angegriffen wurden. Sie haben sicher davon gehört, oder?"

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