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Als ich den Karton mit viel Aufwand endlich geöffnet habe, kommen mir tausende Gebrauchsanweisungen entgegen, gefolgt von einem Motorradhelm.

,, Was? Fynn Baker kauft sich tatsächlich einen Motorradhelm?" lache ich mit falscher Aufregung.

,, Ich hab zwar noch kein Motorrad, aber den Führerschein und jetzt auch noch den Helm. Ich stehe total auf sowas." meint er und fährt an der Schule vorbei.

,, Wehnichstens etwas, was wir gemeinsam haben." schmunzle ich und lasse meinen Blick aus dem Fenster schweifen.

,, Naja, du stehst doch auch auf schwimmen, oder?" meint er und hällt an einer Ampel.

,, Ja, ich liebe es. Warum?"

,, Gut zu wissen." grinst Fynn und als grünes Licht erscheint reißt er das Lenkrad herum und wechselt illegaler Weise die Straßenseite.

,, Was tust du?!" lache ich und kralle mich in den Sitz.

,, Wir gehen schwimmen." grinst Baker und hällt nach wenigen Minuten auf einen Schulparkplatz.

,, Das kannst du doch nicht ernst meinen."

,, Oh doch, steig aus."

...

Mit schnellen Schritten laufe ich ihm hinterher, als er eine bekannte Strecke entlang geht.

,, Lust was verbotenes zu machen?" grinst Fynn und zeigt mir den Weg zu dem Abstellhäuschen.

Wir stehen vor dem Freibad, welches natürlich geschlossen hat. Aber diese Tatsache scheint Fynn nicht daran zu hindern, über die Mülltonnen auf das kleine Gebäude zu klettern. Der Zaun hört genau dort auf und macht es sehr einfach über das Dach in den abgesperrten Bereich zu gelangen.

,, Jetzt komm schon." grinst er und hällt mir die Hand entgegen.

Mit einem Lächeln schüttel ich den Kopf und nehme sie, um mich mit seiner Hilfe hoch zu ziehen.
Als wir dann über das flache Dach gehen und auf der anderen Seite runter springen, sehe ich das Becken zum ersten Mal menschenleer.

,, Du bist verrückt." grinse ich und als er sein Shirt über den Kopf zieht verstummt meine Stimme.

Zum Glück weiss ich, dass mein Make-up sowas aushällt, wenn ich mir nicht ins Gesicht fasse. Zu meiner Erleichterung bemerke ich auch, dass ich ein Set unter meinen Klamotten an habe.

,, Was wenn uns jemand erwischt?" werfe ich in den Raum und gehe die Szeenen durch, in denen ich auf der Polizeiwache sitze und von meinen Eltern abgeholt werden muss.

,, Hier sind ständig welche und niemanden interessiert es." antwortet Fynn und lässt seine Jeans fallen.

Ich drehe mich also um und ziehe mein Top über meinen Kopf, kurz danach streife ich mir die Stoffhose von den Beinen und lege sie neben Fynns Klamotten. Er testet gerade das Wasser mit dem Fuß und steuert dann den Getränkeautomaten an.

Ich nehme ordentlich Anlauf und springe vom 1 Meter Brett in das erfrischende Wasser. Um mich herum ist für einen Moment alles Blau und der Chlorgeruch sticht mir in die Nase, als ich wieder auftauche.

,, 1 Meter? Lächerlich, Lewis." grinst Baker und klettert auf das nächste höhere drei Meter Brett.

Er hat zwei Flaschen Cola an den Rand gestellt und dort schwimme ich hin, um einen Schluck zu trinken. Als Fynn dann mit einem perfekten Sprung kopfüber in das Wasser taucht bin ich ziemlich beeindruckt. Ich ziehe mich aus dem Wasser und tapse zu dem Sprungturm, als Baker aus dem Wasser auftaucht, weiss ich genau, dass er mich ansieht. Genauso wie ich ihn beobachte, als seine Arme ihn aus dem Becken holen.

So schnell wie möglich klettere ich die Sprossen 7 Meter nach oben, bis ich bei dem höchsten Punkt angekommen bin. Unschlüssig halte ich mich an dem Geländer fest und gehe nach vorne.

,, Scheisse, das ist ja viel höher, als ich es in Erinnerung habe." flüstere ich zu mir selbst, als mir warmer Sommerwind durch die nassen Haare weht.

Nur ein einziges Mal bin ich hier hinunter gesprungen. Höhenangst habe ich zwar nicht, doch der Aufprall während der Prüfung für das Schwimmabzeichen definitiv schlimm genug. Eigentlich wollte ich hier nicht noch einmal rauf. Das ist viel höher, als es von unten aussieht. Was hab ich mir nur dabei gedacht? Ich sollte einfach wieder-

,, Das wird jetzt durchgezogen." grinst Fynn, als er meinen bevorstehenden Rückzug bemerkt und mich daran hindert, indem er sich vor mich stellt.

,, Ich hab es mir anders überlegt-" brumme ich als er seine Hände an meinen Schultern platziert und mich umdreht.

,, Nein Fynn, ich meine es ernst. Lass mich los!" grinse ich immer noch, doch als er mich näher an den Abgrund schiebt pulsiert pure Angst durch meinen Körper.

Als wir an der Kante stehen lässt er mich los und für einen Moment denke ich, dass Fynn mich gehen lässt. Seine Augen schimmern im Sonnenuntergang, obwohl sie ziemlich dunkelbraun sind und wieder kehrt diese Spannung zurück, die ich nicht mehr zu unterdrücken versuche. Mein Blick wandert an seinem Körper hinab und bleibt bei der Kette stehen.
Der silberne Anker, ohne den ich ihn noch nie gesehen habe.

,, Warum trägst du eigentlich immer diese Kette?" denke ich laut.

,, Ich war tatsächlich Mal ein Surfer." gesteht er und vor meinem inneren Auge sehe ich ihn die Wellen der kalifornischen Küste entlang surfen.

,, Echt jetzt?" lache ich und lasse meine Finger an der Kette entlang fahren.

Macht ihn das nervös, so wie er mich nervös macht?

Wie gerne ich in diesen Sturkopf blicken würde, nur um zu wissen, was er denkt.

,, Ja, ich war Jahre lang mit meinem Dad surfen." murmelt Fynn und mir fällt auf, dass er so gut wie nie seinen Vater erwähnt.

Ich weiss nur, dass er Polizist ist und mehr auch nicht. Die Treffen unserer Väter kann man an einer Hand abzählen und ansonsten hört man nichts über Officer Baker. Jedoch bin noch nicht in der Position Fynns Familienverhältnisse zu hinterfragen und deshalb behalte meine Neugier für mich.

Ehrlich gesagt, weiss ich nicht, in welcher Position ich überhaupt bin.

Allerdings kann ich nicht länger darüber nachdenken, denn seine kühlen Finger greifen meine Taille und als mir klar wird, was er vor hat rutscht mir ein kleiner Schrei raus, bevor ich mein Gleichgewicht verliere.
Es geht alles sehr schnell, da gerate ich in einen freien Fall und tauche unkoordiniert in das blaue Wasser.

Ich sinke ungewollt tief hinunter und als ich die Augen öffne, kann ich seine verschwommene Gestalt über mir entdecken. Mit viel Gestrampel komme ich an die Oberfläche und schwimme hustend an den Rand. Ich stelle mich auf den kleinen Vorsprung in der Beckenwand und stütze mich außer Atem an den eisblauen Fliesen.

,, Du Arsch!" huste ich und erhasche einen flüchtigen Blick auf Fynns schadensfrohes Grinsen, bevor er wieder untertaucht.

Don't you trust me? -𝓔𝓷𝓮𝓶𝓲𝓮𝓼 ℴ𝓻 𝓛𝓸𝓿𝓮𝓻𝓼?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt