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Lexi

Fynn scheint mit William richtig aufzugehen, denn die beiden benehmen sich wie Brüder. Er redet fast ununterbrochen und wird beinahe nicht mit seinem drei Gänge Menü fertig, welches Will uns zur Feier des Tages ausgibt.

Als endlich gefräßige Stille am Tisch einkehrt, lasse ich meinen Schuh spielerisch an seinem Hosenbein auf und ab streichen. Ich nehme mit einem kleinen Grinsen mein Glas und mein Blick fällt auf Fynn, der mir in die Seele blickt. Ich liebe es, wenn er mich so ansieht. Fast könnte ich denken, dass er sich tatsächlich etwas mehr als verliebt, doch das wäre ist wahrscheinlich zu hoch gegriffen.

,, Wo habt ihr zwei euch eigentlich kenngelernt?" lenkt El -wie sie William liebevoll nennt- meine Aufmerksamkeit auf sich.

,, Ehh-" stoße ich überlegend aus.

,, Kindergarten." beantworten Fynn die Frage und ich verziehe ungläubig das Gesicht.

,, Was nein- das war doch erst in der Grundschule. Ich hatte doch eine Nanny."

Nanny. Ja, so nenne ich die vergangenen Frauen meines Vaters, die in meinen frühen Lebensjahren auf mich aufpassten.

,, Oh, so früh schon? Wie süß!" quitescht meine Sitznachbarin, lenkt das Gespräch auf unsere schulische Zukunft und hört Aufmerksam zu, als Fynn von seiner Aufnahme an Stanford erzählt und dass ich ihm gerne dorthin folgen würde.

Als sie allerdings hört, dass Fynn diese Neuigkeit kaum gefeiert hat, setzt sie sich empört auf.

...

,, Oh nein Ma'am, das kann ich nicht annehmen."

Fynn hebt schützend die Hände in die Luft und William nickt ihm nur zustimmend zu. Das Thema ist in den letzten Minuten zu Weinstorten umbeschwankt und da hat El einfach direkt einen bestellt. Sie findet es immer noch unerhört, dass Fynns Collegeannahme nicht mit einer Party gefeiert wurde und hat ihn deshalb gekauft.

,, Oh doch und wie du das annimmst, Fynn!" protestiert sie, während ihr Freund das Essen bezahlt und wir alle gemeinsam aufstehen, um uns bei der Bar die Flasche abzuholen.

...

Kurz bevor ich nochmals das WC aufsuche, verabschieden wir uns von unseren Wohltätern und ich hab William noch nie so breit grinsen sehen. Der Abend war sehr schön und lustig, es fühlt sich eher an, als wäre er ein guter Freund, als ein tatsächlich viel älteres Familienmitglied.

Meine Füße beginnen zu schmerzen, während ich auf Fynn zu gehe, der sich gerade seine Jacke richtet.

,, Ich kann nicht mehr richtig gehen-" gluckse ich und hoppel auf ihn zu, im mich an seinem Oberarm festzuhalten und mein Gesicht zu verziehen.

,, Sieht schmerzhaft aus." brummt er, als ich vor ihm stehe und zu ihm hoch blicke.

,, Ist es auch." quängel ich und als wir über die Türschwelle schreiten, spüre ich einen Arm in meiner Taille.

,, Ahh- Fynn, was machst du?!" kichere ich und klammere mich an dem Stoff seines Oberteils fest, während er mich hoch hebt.

,, Das kann ich doch nicht mitansehen." grinst er und trägt mich, als wäre es das Normalste der Welt, die steinernen Treppen hinunter.

Zehn Meter steht unser Auto von dem Restaurant entfernt und die Straßen sind wie immer voll, doch die Blicke der  Fußgänger sind uns egal. Etwas ältere, wohlhabende Päarchen oder Geschäftsleute kommen uns entgegen, ansonsten füllt nur die gelbe Farbe unzähliger Taxis die Straßen. Ein kühler Wind umstreift meine Knöchel, als er mir im Gehen die Schuhe von den Füßen streift und mich sanft auf den Beifahrersitz setzt.

,, Dankeschön." grinse ich und streife sanft über seine Wange.

Ich liebe dich. Würde ich jetzt gerne sagen.

Mittlerweile kann ich nicht mehr unterscheiden, welches Gefühl Fynn in mir weckt. Aber es scheint so intensiv zu sein, dass ich kaum mehr klar denken kann.

,, Ich würde das so gerne öfters mit dir machen." grinst Fynn, als er auf der Fahrerseite einsteigt.

,, Noch ein Grund um reich zu werden." antworte ich schulterzuckend und beobachte seine Gesichtsstruktur, während er die Straße fokussiert und dabei sein Schmunzeln unterdrückt.

...

Alles ist dunkel und leer, als ich eine Stunde später das Wohnzimmer betrete. Niemand ist hier und als ich auf mein Handy blicke, sehe ich eine Nachricht von meinem Bruder.

» Ich bin bei Zoe.«

Meine Augen weiten sich. Das ist das erste Mal, dass er zugibt bei einem Mädchen zu sein.

» Okeyy viel Spaß euch:)« antworte ich und er kommt kurz online und beginnt wieder zu schreiben.

» Ich weiss, dass du nicht Zuhause bist, aber sei bis 24 Uhr wieder da. Unsere Eltern sind bei Loren und kommen dann wieder. Bis morgen in der Schule«

Ich gehe nach oben in mein Badezimmer und betrachte mich selbst im Spiegel. Mein Handy vibriert in meiner Hand. Es ist Beverly und die nächste halbe Stunde unterhalten wir uns über meinen Abend mit William, aus dem ich Fynn leider rausstreichen musste. Dabei steige ich locker 10 Mal über ihr Geburtstagsgeschenk, welches ich noch fertigstellen muss und es deshalb über meinen Zimmerboden verteilt ist.

,, Ach wie schade, ich hätte ihn doch zu gerne nochmal Single gese-" spricht sie und plötzlich geht mein Handy aus.

,, Bev? Scheisse."

Ich nehme mein Telefon und sprinte nach nebenan zu meinem Ladegerät, dabei stolpere ich beinahe über meine eigenen Schuhe, die ich am Türrahmen stehen gelassen habe.

Doch plötzlich höre ich ein Scheppern aus dem Wohnzimmer. Mit einem Mal verkrampfen sich alle meine Glieder und ich starre zu meiner offenen Tür, in das schwarze Nichts hinaus. Schritte laufen leise ein Stockwerk tiefer und ich höre die ein oder andere Diele knarzen. Mein Akku ist leer. Ich kann keine Hilfe rufen.

,, Ganz ruhig, Lexi. Es ist bestimmt nur Einbildung." rede ich mir ein und greife nach einem Taschenmesser, welches ich immer benutzte, um meinen Wecker, der ständig auseinander fällt, wieder zusammen zu schrauben.

Mein Atem ist flach, als ich mit der Waffe am Anfang der Treppen stehe und in das dunkle Wohnzimmer hinuter blicke. Niemand zu sehen, also trete ich leise hinab.

Als ich fast ganz unten bin sehe ich einen Lichtstrahl, der von einer Straßenlaterne nach Innen scheint und im nächsten Moment einen Schatten, der vorbei huscht.

Ach. Du. Scheisse.

Don't you trust me? -𝓔𝓷𝓮𝓶𝓲𝓮𝓼 ℴ𝓻 𝓛𝓸𝓿𝓮𝓻𝓼?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt