119

29 2 0
                                    

Lexi

Es zieht mir kühl um die Knöchel, als ich langsam wach werde. Meine Augen fühlen sich schwer an, als würden Steine darauf liegen.

Das Fenster ist geöffnet und es kommt der Duft eines verregneten Sommertages hinein. Genauso feucht fühlen sich meine Haare an. War ich gestern etwa im Regen?

Die Erinnerungen der letzten Stunden schwirren verschwommen und durcheinander durch meinen Kopf, wie ein Schwarm von Vögeln, die einfach keinen Halt machen wollen. Meine Klamotten liegen fein säuberlich zusammen gelegt am Bettende und symbolisieren Fynns Anwesenheit.

Ich sehe ihn nirgens und als ich völlig perplex aufstehe, fällt mir erst die stickige Hitze in diesem Raum auf. Mit einem kleinen Wurf befördere ich die Decke zurück auf das teilweise gemachte Bett, in dem mich Fynn schon so oft zurück ließ.

Wo ist er nur?

Mit seinem knappen Shirt schleiche ich an Sunny's Zimmer vorbei, auf den Weg in die duftende Küche, in der Fynn wahrscheinlich gerade Frühstück kocht und mir sicher Licht in den verschwommenen Nebel bringen kann, der meine Erinnerungen des letzten Abends bildet.

Ich überspringe eine knarrende Stufe, bis ich fast ganz unten angelangt bin. Meine Gedanken kleben an Fynn und als ich besagten Jungen ansehen möchte, setzt mein Herz drei Sprünge aus.

In der Küche erkenne ich die kurzen, dunkelblonden Haare seiner Mutter, die genüsslich summend Rührei macht und im selben Moment den Anschein erweckt, sich umzudrehen. Ich mache auf der Stelle kehrt und kralle meine Finger in das rutschige Geländer der Treppe, die gerade frisch geputzt aussieht.
Auf meinem Weg die glitschigen Stufen hinauf stolpere ich über Sunnys Tasche, die mich ohne weiteres zu Fall bringt und mit lauten Geschäpper hinunter fällt.

Ohne zu zögern ignoriere ich den Schmerz in meinem rechten Schienbein, welcher unmittelbar nach meinem harten Aufprall auf der Holzkanne verursacht wurde und sprinte die Wendeltreppe zurück nach oben.

,, Sunny?" ruft mir Doreen hinterher und ich höre das Knarzen der alten Holzbalken, da sie gerade die Treppe hinauf geht.

Außer Atem entscheide ich mich dazu ins Badezimmer zu flüchten, aus dem gerade Musik dringt. Gerade als ich die Tür aufreißen möchte, öffnet sie sich von selbst und ich renne hochkant in Fynn hinein, der gerade die ziemlich heißen Dusche verlässt.

,, Woow-" stößt er aus, doch ich presse meine Hand über seinen Mund, drängel mich in den kleinen Raum hinein und schließe die Tür mit viel Nachdruck.

,, Sunny?" hören wir von draußen und ich lasse den Türgriff los, nachdem ich langsam den Schlüssel umgedreht habe.

In dem Bad herrscht eine feuchte Wärme und als Fynn die Situation begreift, lacht er darüber. Seine raue Stimme stoppt, als wir beide bemerken, was gerade von meiner Hand auf den Boden tropft und sich mit dem Wasser vermischt, welches gerade an Fynns Körper hinab rennt. Blut. Meine Wunde von gestern Mittag muss bei dem Stunt gerade eben aufgerissen sein, denn der Verband hängt nur noch lasch an meiner Hand.

,, Fynn?"

Seine Mutter klopft sanft an die Tür, doch Fynn scheint sie nicht zu hören, denn er wühlt hektisch in den Schränken herum, auf der Suche nach etwas, womit er mich verbinden kann.

,, Alles in Ordnung da drin?" fragt sie erneut.

,, Ja alles gut!" antwortet er zerstreut und befiehlt mir immer wieder fest auf die Wunde zu drücken, doch selbst das Klopapier verfärbt sich.

,, Scheisse." zische ich und lehne mich an die Badewanne.

Jetzt treffen mich die Erinnerungen schlagartig. Die Nacht, der Bonbon, die Wanne, alles.

,, Lexi, hey-" reißt mich Fynn aus meinem Starren und legt seine Hand an meine Wange, die andere drückt mir im selben Moment mehr Klopapier in die Hand.

,, Was hast du nur gemacht?" fragt er und schneidet ein Stück Verband ab.

,, Woher hast du die Drogen?" brumme ich und ein lautes Seuftzen löst sich von seiner Brust.

,, Nimmst du das?" hacke ich nach, während er meine Hand verbindet.

Dabei berührt er mich so sanft, als könnte meine Haut nach einer stärkeren Berührung wieder aufreißen. Oder vielleicht fühlt er sich auch nur schlecht.

,, Nein, ich musste es nur aufbewahren. Läuft aber meistens darauf hinaus, dass ich sie irgendwo los werden soll." gesteht Fynn und stellt den Druckverband fertig.

,, Wie geht's dir?" lenkt er ab, damit ich nicht weiter nach den Drogen frage, die er hier lagert (?)

Wasser tropft von seinen Haaren nach unten und ich verfolge seinen Arm zum Badewannenrand, damit er sich überhaupt in dieser nahen Position halten kann.

,, Besser." antworte ich und bemerke, wie tief das Handtuch an seiner Hüfte liegt.

Doch ich zwinge mich selbst zurück in seine Augen zu sehen, die mir direkt in die Seele blicken.
Wieder hängt ihm wieder diese Strähne im Gesicht und aus Reflex streiche ich sie weg, doch lasse meine Hand an seinem Hals.

,, Ich hab mir solche Sorgen gemacht, Lexi. Es tut mir so leid." murmelt er leise und in seiner Stimme höre ich ihn um Verzeihung flehen.

Fynn und Flehen? Das hatte ich früher für eine unmögliche Kombination gehalten.

Fynn

Vorsichtig legt sie ihre Arme um meinen Nacken und ich kralle meine Finger in den Badewannenrand, um nicht nachzugeben. Ich richte mich auf und umarme ihren leichten Körper, um sie nie wieder los lassen zu müssen.

,, Bitte hör auf dich mit diesen Leuten zu treffen." bittet sie und ich atme den Geruch ihres süßen Parfüms ein, genau so, wie ich es letzte Nacht getan habe.

,, Fynn, bitte." wiederholt sie.

,, Ich brauche schnell viel Geld." meine ich leise und ihr Griff um meinen Hals wird fester, als könnte sie mich dadurch verlieren.

Es geht dich immer alles gut.

Don't you trust me? -𝓔𝓷𝓮𝓶𝓲𝓮𝓼 ℴ𝓻 𝓛𝓸𝓿𝓮𝓻𝓼?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt