Mein Kopf lehnt an seiner Schulter. Meine Augen sind geschlossen. Mit schnellen Schritten läuft er auf das Haus zu. Zumindest nehme ich an, das er wieder ins Haus mit mir geht. Ich höre leise das Holz, als seine Füße auf dieses treffen. Eine Tür wird geöffnet und kurze Zeit später spüre ich etwas weiches unter mir.
Langsam öffne ich unter großer Anstrengung die Augen. Ich erkenne Schemen. Es scheint mein Zimmer zu sein, da Tageslicht wahrzunehmen ist. Ich wische mir einmal über die Augen und sehe nun auch Umrisse. Ja, es ist mein Zimmer. Blake steht neben mir und beobachtet jede meiner Bewegungen. Vorsichtig legt er mir eine Hand auf die Stirn. Langsam nähert er sich mit seinem Gesicht um kurz vor meinem zu stoppen. "Schließ die Augen Kitten. Ruh dich aus. Ich bin bei dir", flüstert er und gibt mir einen Hauch von Kuss auf die Nase.
Seine Hand verlässt meine Stirn. Ich höre seine Schritte und schließe die Augen. Will er jetzt gehen? Er hat doch gerade gesagt, er bleibt bei mir! Ich merke, wie die andere Seite des Bettes sich leicht senkt. Kurz darauf werde ich in Arme gezogen. Er bleibt wirklich bei mir. Und das obwohl ich gerade wie ein kleines Kind heule. Die Bilder vor meinem inneren Auge sind verblasst und ich kann wieder normal atmen. Die Panik ist verschwunden.
"Meister", krächze ich. Meine Stimme ist dabei zu versagen. "Ja Kleines?" Ich höre die Sorge aus seiner Stimme. Und noch etwas anderes. Bedauern. Wahrscheinlich hat er gedacht, das es mir gefallen würde und eigentlich hätte es das auch getan. Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet jetzt eine Panikattacke bekommen musste. Und ich finde es auch nicht fair von meinem Kopf. Werde ich je wieder rote Blumen sehen können ohne an Blut denken zu müssen? Ich hoffe es so sehr.
"Es tut mir leid, das ich so schwach bin", flüstere ich. Blake hält kurz die Luft an, entlässt diese aber gleich darauf zischend. "Du bist nicht schwach Kitten. Denke das niemals. Du hast viel durch gemacht über einen sehr langen Zeitraum. Es ist ein Wunder, das es sich erst jetzt bemerkbar macht." Er seufzt. "Vielleicht war es doch zuviel", murmelt er so leise, das ich es kaum verstehen kann. Was war zuviel? Die Blumen? Das Rot? Seine Bestrafung? Die vier Jahre? Tausende Sachen schnellen durch meinen Kopf, doch ich bleibe still.
Da ich vermute, das ich sein Gemurmel nicht hätte hören sollen, lenke ich ab, indem ich mich enger an ihn kuschle. Er schließt seine Arme etwas fester um mich und gibt mir die Geborgenheit, die ich gerade so dringend brauche. Ich erinnere mich an unser erstes Gespräch in diesem Zimmer. 'Es hat gedauert das alles aufzubauen und zu festigen' - schwirrt es durch meinen Kopf. Was genau meinte er damit?
Die Frage beschäftigt mich und ich ziehe es tatsächlich in betracht sie zu stellen. Doch kurz davor stoppe ich. Wie wird er reagieren? Bin ich bereit, in meinem aktuellen Zustand, die eventuellen Konsequenzen zu verkraften? Die Antwort ist einfach: Nein, bin ich nicht. Also stelle ich die Frage lieber noch nicht.
Und plötzlich wird mir bewusst, wie sehr ich mich verändert habe. Vor der täglichen Folter war ich eine lebendige und aufgeweckte junge Frau. Während der Folter wurde ich mit jedem Tag immer mehr zu einer Hülle, einer Puppe. Einem Schatten meiner Selbst. Und nach der Folter... Nach der Folter wurde ich zwar wieder zu einer lebendigen jungen Frau, aber ich lerne jeden Tag aufs Neue, das alles was ich tue, Konsequenzen hat. Jedes Wort, jeder Blick, jede Bewegung - alles hat Konsequenzen für mich. Und er bestimmt, welche Konsequenzen.
Ohne es mir wirklich bewusste gewesen zu sein, habe ich mich von ihm abhängig gemacht. Physisch, wie auch psychisch. Das kann gar nicht gut enden. Doch so beunruhigend dieser Gedanke ist, so beruhigend ist seine Nähe. Jetzt. In diesem Moment bin ich sicher bei ihm. Mit diesem Gedanken im Kopf drifte ich ab in das Reich der Träume.
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Kitten
Random"Der erste Peitschenhieb landet auf meinem Rücken, doch ich gebe nicht einen Ton von mir. Das tue ich nie." Sie wird entführt, gefoltert und eingesperrt. Doch gebrochen hat man sie bisher nicht. Sie wird nur von einem Willen getrieben: überleben - u...