Ich schrecke auf. Ungehindert kann ich mich aufsetzen. Blake ist also nicht mehr bei mir. Ich taste die Bettseite ab auf der er gelegen hat und spüre nur die Decke dort. Er ist tatsächlich gegangen. Traurig darüber richte ich mich weiter auf und schlage die Decke zur Seite. Meine Beine schwinge ich über die Bettkante und stehe langsam auf.
Wo er wohl hin ist? Mit vorsichtigen und langsamen Schritten tapse ich zum Bad. Ich gehe auf Toilette, nehme meine Verbände ab, stelle mich gleich danach unter die Dusche. Das warme Wasser wird mir gut tun, hoffe ich zumindest. Ich stehe eine Weile unter dem Wasserstrahl ohne Anstalten zu machen mich zu waschen. Dieses Gefühl, wenn das Wasser auf meine Haut trifft beruhigt mich, lässt mich abschalten.
Ich schließe die Augen, drifte in eine andere Welt ab. Eine Welt in der es keine Gewalt gibt. Eine Welt, in der ich keine vier Jahre gefoltert wurde. Eine Welt, in der ich frei bin. Ein Seufzen gleitet mir über die Lippen bevor ich nach dem Duschgel greife und mich einseife. Danach sind die Haare dran, anders bekomme ich meine Locken nämlich nicht gebändigt. Ich spüle alles gründlich aus und stelle das Wasser ab. Vorsichtig tapse ich auf den kleinen Teppich vor der Dusche und schnappe mir ein großes Badetuch, in das ich mich einwickle.
Nachdem ich mich trocken gerubbelt habe, bleibe ich vor dem bodentiefen Spiegel stehen. Ich lasse das Badetuch auf den Boden gleiten und mustere meinen nackten Körper vor dem Spiegel. Vorsichtig, fast schon ehrfürchtig fahre ich über die kleinen Narben auf meinem Körper. Meine Augen scannen diesen immer wieder ab. Als ich an den beiden großen auf meinen Oberschenkeln ankomme, zucke ich leicht zusammen. Sie tun nicht weh, doch die Erinnerung daran, wie ich sie bekommen habe, lässt mich nach wie vor zusammen zucken.
Wieder stelle ich mir die Frage: War es wirklich meine Schuld? Je öfter ich darüber nachdenke, desto klarer wird es. Nein, es war nicht meine Schuld. Blake ist ein psychopathischer Sadist. Und ich bin ihm ausgeliefert. Mein Blick wandert zu meinen Augen und im Spiegel fange ich meinen Blick ein. Ich muss hier weg, ich muss ihm irgendwie entkommen. Ich weiß, das es schwer wird, denn die Anderen werden mir nicht helfen. Ich bin auf mich allein gestellt.
Aber zuerst brauche ich Antworten. Ich will endlich wissen, was hier los ist. Ich will wissen, was er verheimlicht. Und ich will wissen, was ich vergessen habe. Warum auch immer, aber mein Gefühl sagt mir, dass ich nur hier die Antworten auf meine Fragen finde werde. Da ich Zeit brauchen werde, um einen Fluchtplan zu entwickeln, kann es nicht schaden, wenn ich mich vorerst weiterhin füge. Der Schein muss eh gewahrt bleiben, denn sonst sind meine Chancen gleich null. Ich atme einmal tief durch.
Ich werde meine Rolle spielen. Sobald ich habe, was ich brauche, werde ich verschwinden. Ich pfeife auf die Konsequenzen, egal wie schlimm es wird, mein Leben kann nicht schlimmer werden. Ich muss mir das nicht einmal einreden, denn ich weiß, das es stimmt. Ich betrachte mich noch etwas im Spiegel. Meine grünen Augen sehen mir stechend entgegen, während meine roten Locken mein Gesicht umrahmen.
Ich seufze erneut bevor ich das Bad verlasse und fast einen Herzinfarkt bekomme, als ich einen Umriss auf dem Bett sitzen sehe. Ein leiser Schrei entkommt meinen Lippen, bevor ich ein leises, mir nur all zu bekanntes Lachen höre. "Meister!" fluche ich leise und halte mir die Hand über mein rasendes Herz. Blake erhebt sich vom Bett und ich sehe seinen Umriss auf mich zukommen. "Hab ich dich erschreckt Kitten?" Ich höre förmlich das Grinsen aus seiner Stimme, ohne sein Gesicht zusehen. Ich atme einmal tief durch. "Ja", ist meine knappe Antwort und wieder höre sein leises, amüsiertes Lachen. "Wo warst du mit deinen Gedanken?" Fragt er mich, nachdem er sich wieder ein bisschen beruhigt hat.
"Ich habe über die Situation im Garten nachgedacht. Es wirkt immer noch so, so" ich stocke und suche nach dem richtigen Wort. "So?" Fragt er etwas ungeduldig. "So unreal? Ich finde kein besseres Wort dafür." Ich zucke mit den Schultern, in dem Wissen, das er es wahrscheinlich nicht sehen kann. Es herrscht Stille zwischen uns. "Ja, das verstehe ich. Du suchst nach dem Auslöser oder?" Fragt er nach einer Weile. "Ja." ich sehe an ihm vorbei aus dem Fenster. Langsam gehe ich auf dieses zu und schaue hinaus.
Ja, ich habe ihn angelogen. Doch was mich gerade viel mehr beschäftigt, das es mir nichts ausgemacht hat und diese Lüge, ohne Probleme, über meine Lippen geglitten ist. Und wieder einmal frage ich mich, was zur Hölle ist nur los mit mir?
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Kitten
Random"Der erste Peitschenhieb landet auf meinem Rücken, doch ich gebe nicht einen Ton von mir. Das tue ich nie." Sie wird entführt, gefoltert und eingesperrt. Doch gebrochen hat man sie bisher nicht. Sie wird nur von einem Willen getrieben: überleben - u...