Mission 34

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Keiner sprach mehr ein Wort. Es herrschte Totenstille. Lediglich das fließen des Wassers in dem Fluss neben uns war zu hören, sowie einige Grillen und vereinzelte Vögel, welche den letzten Gesang des Abends einleiteten.

"Kann ich seinen Worten trauen? Oder ist dies nur eine seiner weiteren Maschen um mich wieder an den Punkt zu bekommen wo ich mich bereits in seinem Leben befunden hatte? Jedoch... warum sollte er nach all seinen Worten noch immer lügen? Sein Gesicht spricht eine andere Sprache als das was ich darin sehe. Er sieht so ehrlich aus, so getroffen und hoffnungsvoll. Wie ein geschlagener Hund, welcher zurück zu seinem Besitzer will, weil er ihn mehr als alles andere auf dieser Welt liebt."

Überfordert biss ich mir abermals auf die Unterlippe, als meine Arme sich lockerten und ich sie neben mir fallen ließ.

"Ich... bin mir nicht sicher was du von mir hören willst, Loid. So leid es mir auch tut, aber all das ist mir zu plötzlich und zu surreal. Ich würde dir gerne sagen das ich dir Verzeihe, aber ich glaube dafür ist es noch zu früh und ich habe den Kopf nicht dafür, auch wenn deine Worte ehrlich sein sollten.", antwortete ich plump aber ehrlich und Loid nickte zufrieden.

"Das verstehe ich. Solange ich weiss das du mir Verzeihen kannst und keinen Groll mehr gegen mich hegst, ist meine Welt in Ordnung. Aber du solltest dir alles noch einmal gründlich überlegen. Nicht für mich, sondern für Anya.", sagte Loid als er sich seinen Hut aufsetzte und sich umdrehte um diesen Ort zu verlassen.

Doch für mich war noch eine Frage in dem ganzen Chaos an Ehrlichkeiten und Lügen offen.

Ich schluckte schwer, öffnete jedoch meinen Mund.

"Anya ist nicht deine Tochter, oder? Zumindest nicht deine leibliche."

Loid blieb stehen, dennoch dauerte es bis er meine Frage beantwortete.

"Nein, sie ist nicht meine Tochter. Ich habe sie Adoptiert aus Gründen meiner Mission.", antwortete er ehrlich und ich nickte.

"Verstehe. Vielen Dank für deine Ehrlichkeit."

Ich sah wie Loid im Dunkeln nickte, ehe er seine Bewegung fortsetzte und mich alleine unter der Brücke zurückließ.

"Ich wusste es..."

So unecht wie die Person Loid Forger war, so unecht war auch seine Familie.

"Er wartet auf eine Antwort von mir, nicht?", murmelte ich als ich die Stelle anstarrte an welcher Loid noch vor einigen Sekunden gestanden hatte.

"Wenn ich ihm verzeihe kann ich in mein altes Leben zurück, welches zwar heil, aber voller Lügen war. Wenn ich ihm nicht verzeihe bleiben meine Lebensumstände genau wie sie jetzt sind. Aber Loid wäre dann auch nur ein Mittel zum Zweck... aber vielleicht ist das ein guter Tausch."

Überlegend schälte ich mich zurück unter die Decke und auf den kalten Steinboden, welcher ungemütlicher nicht hätte sein können.

"Ich muss mich schnell entscheiden und ihm Morgen direkt eine Antwort liefern, noch eine Nacht überlebe ich auf diesem Boden garantiert nicht!"

-

Nervös wippte ich auf Zehenspitzen auf und ab.
Meine Gedanken kreisten und ich überlegte ob das was ich hier tat wirklich das richtige war.

Ich hatte es erfolgreich geschafft mit dem Zug zu fahren ohne erwischt zu werden. Für ein Ticket hatte ich schlichtweg kein Geld mehr übrig und betteln war keine meiner Stärken. Ich hatte es riskiert und tatsächlich Glück im Unglück gehabt.

Dennoch befand sich das nächste Glück oder Unglück direkt vor meiner Nase. Die Wohnungstür zu Loids Wohnung. Ich stand direkt vor ihr, betrachtete gar seit Minuten angespannt die Tür, als würde sie sich jede Sekunde öffnen, was sie nicht tat.

Ich hörte niemanden auf der anderen Seite der Tür. Weder Anyas helle Stimme, noch einen verzweifelten Loid.

"Vielleicht ist ja auch niemand Zuhause.", schulterzuckend aber auch ein wenig erleichtert drehte ich mich um.

"Es giht garantiert noch eine andere Gelegenheit mit Loid zu rede–"

"Schön dich zu sehen, (Y/N)."

Ich zuckte zusammen. Unglück! Es war definitv Unglück! Ich wollte diese Situation zwar geklärt haben, aber irgendetwas hatte sich in meinem Magen gedreht und ich war so nervös wie noch nie zuvor in meinem Leben.

"Oh, Loid, welch ein Zufall, ich wollte gerade bei dir klopfen.", sagte ich mit einem aufgezwungenen Lächeln als ich mich zu ihm drehte.

Auch er lächelte, da er ganz genau wusste das ich auch Panik lügte.

"Wenn du schon mal hier bist kannst du auch reinkommen und einen Tee mit mir trinken, nicht?", sagte Loid als er die Tür aufhielt und darauf wartete das ich eintrat.

"Das klingt mach einer guten Idee.", ich nickte und spührte wie langsam die Nervösität in mir nachließ.

Langsam betrat ich die mir vertraute Wohnungn die ich seit Wochen nicht mehr betreten hatte.

Alles sah noch genau so aus wie an dem Tag als ich sie verlassen hatte, darauf geschworen sie nie wieder in meinem Leben zu betreten.

Jeder Gegenstand stand noch an seinem gewohnten Platz.

"Ich mache uns dann Mal schnell was, setz dich doch.", sagte Loid als er die Wohnungetür hinter mir schloss und in die offene Küche eilte.

Es war ungewohnt wieder der Gast zu sein. Es fühlte sich so an als würde sich der erste Tag wiederholen, an welchem ich Loid richtig gekennengelernt hatte.

Ich ließ mich langsam auf meinen gewohnten Platz des Sofas fallen und wartete geduldig auf Loid, welcher nicht lange auf sich warten ließ.

Er verließ die Küche mit jeweils einer Tasse in der Hand, wovon er eine vor mir vorsichtig abstellte.

"Danke."

Auch Loid hatte seine Tasse vor seinem gewohnten Platz - den Sessel - abgestellt, ehe er auch Platz nahm.

Ich hatte mit einem Schweigen gerechnet, doch Loid wusste genau was er wollte.

"Wie willst du nun vorgehen?", fragte er als seine Augen sich auf mich fixierten.

Schulterzuckend seufzte ich, ehe ich die Tasse in meine Hände nahm und vorsichtig an dem darin befindlichen Tee nippte.

"Ich weiss es selbst noch nicht. Alles fühlt sich richtig und falsch an. Gut und schlecht.", antwortete ich nachdenklich. "Vielleicht lasse ich einfach alles so wie es jetzt ist."

Loid seufzte.

"Dann mache ich es dir leicht.", sagte Loid als er sich mir nun komplett zuwendete und überfragt blickte ich zu ihm auf.

"Über die letzten Wochen, nein, gar Monate habe ich gespührt wie sich meine Sicht auf dich als Person komplett gewandelt hat. Ich habe oftmals Herzrasen bekommen und gar ganze Nächte lang nur an dich gedacht.", began Loid und ruckartig schnellte mein Kopf in die Höhe um ihn ansehen zu können.

"Was sich aus einer Mission heraus entwickelt hat war nicht Teil meines Plans gewesen, aber ich kann nichts dagegen unternehmen. Ich bin kein Mann der großen Worte, aber... Was ich sagen will, (Y/N), ist–"

Meine Ohren schalteten auf Durchzug und ich weitete geschockt meine Augen.

"Er wird doch wohl nicht–!"

Zweiseitige Klinge (Loid Forger x Reader) [SPY X FAMILY]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt